Eine Infoveranstaltung im Nürnberger Rathaus am kommenden Dienstag (3. März) soll dem geplanten Verein "Fair Toys Organisation" (FTO) den notwendigen Schub zur Gründung verleihen. Die FTO soll die Produktionsbedingungen von Spielzeug in Fernost transparent machen und für eine sozial- und umweltverträgliche Fertigung von Puppen, Spielfiguren oder Kunststoffbausteine sorgen. Arbeitsrechtsverletzungen und menschenunwürdige Produktionsbedingungen sind in Fernost teils an der Tagesordnung", beklagt Maik Pflaum. In seinem Nürnberger Büro der Christlichen Initiative Romero (CIR) ist auch das Nürnberger Bündnis Fair Toys (NBFT) angesiedelt.
Hintergrund ist der Toys Report 2019 zu den Arbeitsbedingungen in der chinesischen Spielzeugindustrie. Er wird von CIR und der Non-Profit-Organisation China Labor Watch (CLW) vorgelegt. Dafür arbeiten CLW-Mitglieder verdeckt in einer Spielzeugfabrik, in denen unter anderem Produkte für die Branchenriesen Disney, Hasbro, Lego oder Mattel gefertigt werden. Sie interviewen Mitarbeiter und dokumentieren ihre Beobachtungen. Auch 2019 wurden wieder gravierende Arbeitsrechtsverletzungen festgestellt. Dazu zählen in Spitzenzeiten 126 Überstunden im Monat, bis zu zehn Arbeiter in einem Schlafsaal, Badezimmer ohne warmes Wasser oder unbezahlter Urlaub.
"Fair Toys Organisation": Bis Mitte des Jahres soll der Verein gegründet werden
Seit 2018 bereitet Pflaum die Vereinsgründung vor. Zuletzt warb er mit dem Nürnberger Bündnis Fair Toys auf der Spielwarenmesse für menschengerechtere Arbeitsbedingungen in der Fertigung. Mit der anstehenden "Informationsveranstaltung zur Gründung der Fair Toys Organisation", zu der Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) gemeinsam mit dem Bayerischen Wirtschaftsministerium und NBFT einladen, sieht Pflaum nun die Vorbereitung "auf der Zielgeraden". Sollten sich rund zehn Spielzeughersteller und Händler zum Mitmachen bekennen, könnte der Verein bis Jahresmitte gegründet sein.
Die FTO soll eine glaubwürdige Kontrollinstanz für die Branche werden. Nach dem Vorbild aus der Textilbranche, der Fear Wear Foundation, sollen zivilgesellschaftliche Akteure gemeinsam mit Unternehmen mehr Arbeitsschutz und existenzsichernde Löhne in China durchsetzen. Die Multi-Stakeholder-Initiative aus Spielzeughersteller, Handel und zivilgesellschaftlichen Initiativen wollen zukünftig mit einem eigenen Label den Verbrauchern signalisieren, das ein Spielzeug mit fairen Produktionsbedingungen am anderen Ende der Welt produziert wurde.
Auf der zivilgesellschaftlichen Seite finden sich zwölf Akteure. Dazu zählen neben Christlichen Initiative Romero unter anderem die DGB Jugend Mittelfranken, die Evangelische Jugend Bayern, die Fairtrade Stadt Fürth, die Katholische Arbeitnehmerbewegung Eichstätt sowie das Menschenrechtsbüro Stadt Nürnberg.
Deutscher Verband der Spielwarenindustrie ist mit dabei
Pflaum ist optimistisch, dass eine ausreichende Zahl aus der Wirtschaft zusammenkommt. Immerhin ist beispielsweise der Deutsche Verband der Spielwarenindustrie (DVSI) seit Beginn der Vorgespräche im Jahr 2018 dabei. Der DVSI vertritt rund 230 Branchenunternehmen in Deutschland. Vier von Ihnen, darunter der Plüschhersteller Heunec aus der Nähe von Coburg, haben ihre Mitarbeit bereits verbindlich zugesagt.
Für Heunec-Geschäftsführerin Barbara Fehn-Dransfeld ist die Mitarbeit naheliegend. "Als kleiner Hersteller mit acht bis zehn Herstellungsstätten in China ist unsere Lieferkette überschaubar", sagt die Familienunternehmerin in vierter Generation. Menschenrechte und ordentliche Produktionsbedingungen seien schon lange ein Thema für den Plüschanbieter. Alle Standorte würden persönlich in Augenschein genommen und bei Bedarf beispielsweise Schulungen vereinbart. "Das ist in unseren Produktpreisen mit drin", sagt sie mit Blick auf die Verbraucher.
Aktuell haben sich rund 20 Spielzeugfirmen beim Nürnberger Menschenrechtsbüro angemeldet. "Das ist ein guter, erster Schritt", sagt Helga Riedl vom Menschenrechtsbüro. Die Stadt selbst ist von Beginn an beim NBFT dabei, "als Stadt des Friedens und der Menschenrechte stehen wir in der Pflicht." Immerhin ist die nordbayerische Metropole eine Fair-Trade-Stadt, hat sich zur Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele verpflichtet und ist auch selbst über Einrichtungen wie Kitas ein großer Spielwarenkäufer.