Wenn am 22. September der diesjährige Internationale Nürnberger Menschenrechtspreis an den Chilenen Rodrigo Mundaca verliehen wird, ist man im Menschenrechtsbüro der Stadt Nürnberg besonders zufrieden. Denn die Bedeutung des Grundrecht-Themas "Zugang zu Wasser" habe in den vergangenen Monaten einen großen Schub in der Öffentlichkeit bekommen, stellt die Leiterin des Menschenrechtsbüros der Stadt Nürnberg, Martina Mittenhuber, fest. Das sei bei der Juryentscheidung im letzten Oktober nicht abzusehen gewesen: "Wir sind 1.000-prozentig zufrieden."
Nürnberger Menschenrechtspreis geht an Chilenen Rodrigo Mundaca
Der Agraringenieur Mundaca arbeitet für die Organisation Movimiento de Defensa por el protección del Medio Ambiente (MODATIMA), zu deutsch: Bewegung zur Verteidigung des Zugangs zu Wasser, der Erde und des Umweltschutzes. Seit Jahren kämpft er für freien Zugang zu Wasser in der Region Petorca, nördlich von Santiago de Chile.
Der Konflikt in Chile resultiert aus der Privatisierung des Wassers, 90 Prozent der Wasserrechte liegen nicht mehr in öffentlicher Hand. Daher können Agrarunternehmen das Wasser aus den Flüssen vor allem auf Avocado-Plantagen und in private Brunnen leiten. Das führt zu erheblichen Rivalitäten mit lokalen Kleinbauern und der ländlichen Bevölkerung. Im globalen Süden sind Konflikte um ausreichend und sauberes Wasser nahezu alltäglich.
Warum Wasser auch in Deutschland ein wichtiges Thema ist
Aber auch in Deutschland ist die Diskussion um Wasserknappheit angekommen. Das sei zwar auf den ersten Blick nicht so ersichtlich, stellt Mittenhuber fest, denn nach wir vor verbrauche jeder Bürger im Schnitt rund 125 Liter Wasser am Tag. Davon entfällt mehr als ein Drittel auf Baden, Duschen und Körperpflege, mehr als ein Viertel auf die Toilettenspülung, auf Essen und Trinken nur rund 5 Liter.
Damit ist der direkte Bezug zum alltäglichen Konsum in Nürnberg und Deutschland hergestellt. Als Verbraucher solle man über den Tellerrand hinausblicken und sein Einkaufsverhalten kritisch hinterfragen, fordert die Leiterin des Menschenrechtsbüros. Rückenwind sieht sie auch durch die Schülerbewegung "Fridays for Future". Eine Aufklärung und Sensibilisierung auf breiter Front könne dafür sorgen, den "virtuellen Wasserverbrauch" zu verstehen. Avocados seien nur ein Beispiel, auch der Wasserverbrauch auf den Plantagen für Kaffeebohnen oder Baumwolle sei immens.
Tatsächlich habe aber der "Kampf ums Wasser auch lokal" begonnen. Nach niederschlagsarmen Jahren wird beispielsweise im Landkreis Deggendorf an der Osterhofener Platte um die zusätzliche Nutzung des Grundwassers gestritten, weil der landwirtschaftliche Bedarf für die Bewässerung steigt. Auch das Anliegen eines Treuchtlinger Mineralwasser-Unternehmers, künftig mehr Tiefengrundwasser abzufüllen, wurde wegen zu erwartender negativer Auswirkungen abgeschmettert. In einem aktuellen Verfahren geht außerdem die EU-Kommission gegen Deutschland vor, weil die Bundesregierung die Verunreinigung des Grund- und Oberflächenwassers mit Nitrat nicht ausreichend bekämpft.
Menschenrechtspreis soll Mundaca schützen
In erster Linie dient der Menschenrechtspreis dem Anliegen des Aktivisten Mundaca, der zahlreichen Repressionen ausgesetzt ist. Er stand mehr als zwei Dutzend Mal vor Gericht und leidet unter permanenten Einschüchterungsversuchen, Bedrohungen und Verfolgungen.
Die öffentliche Beachtung, die mit dem Menschenrechtspreis erzeugt wird, soll ihn ein Stück weit schützen. Der Preis wird durch die Vereinten Nationen unterstützt - die UNESCO und namhafte Nichtregierungsorganisationen haben wesentlich dazu beigetragen, dass Verteidiger der Menschenrechte mehr und mehr gestärkt werden.
Veranstaltungen zum Thema Wasser in Nürnberg
Für Mittenhuber ist es auch ein Anliegen, die "Botschaft in die Stadtgesellschaft zu tragen". Die Menschenrechtspreis-Verleihung wird von einem ganzen Bündel Veranstaltungen begleitet. Dazu zählt beispielsweise am Freitag (20. September) vor der Preisverleihung die Fachkonferenz "Wasser - ein Menschenrecht!" im Caritas-Pirckheimer-Haus, bei der die Rolle von Wasser im alltäglichen Leben aufgegriffen wird.
Zuvor sind insbesondere Schüler aufgerufen, auf einer Jugendkonferenz über "Klima, Nachhaltigkeit und fairer Handel" zu diskutieren. Am Sonntag nach der Preisverleihung treffen sich die Nürnberger von 13 bis 16 Uhr zur Friedenstafel, einem gemeinsamen Mahl in der Nürnberger Altstadt. Sie wollen damit ein Zeichen für Frieden, Toleranz und die Achtung der Menschenrechte setzen.