Das Kinder- und Familienzentrum Löhe (KiFaZ) in Gunzenhausen darf sich Finalist für den Deutschen Kita-Preis nennen. Was aber zeichnet eine gute Kita aus und warum hat das Team vom KiFaZ sich gegenüber einer gewaltigen Zahl von Mitbewerbern durchsetzen können? "Ein für alle Mal vorbei ist das geprägte Bild vom Kindergarten mit vielen spielenden Kindern am Tisch oder im Garten und den 'Tanten', die aufpassen, dass nichts passiert", schreibt die studierte Bildungsmanagerin und Sozialwissenschaftlerin Diana Leickert in dem Exposé der Bewerbung. Sie ist der treibende Motor der Bewerbung.

Auf 34 eng beschriebenen Seiten wird dargelegt, welcher Geist im KiFaZ herrscht, für was die insgesamt 40 Pädagoginnen dort brennen, wer zu ihnen kommt und wie sie die 141 Kinder in neun Gruppen fördern und begleiten. Das fängt schon mit der Bezeichnung an. "Evangelisch" und "Inklusiv" sind die Worte, die unserem Kinder- und Familienzentrum namentlich vorangestellt sind, sagt die 49-jährige Leiterin. "Sie stehen für unsere Haltung und unsere pädagogischen Prinzipien."

Den evangelischen Kindergarten gibt es schon über 60 Jahre 

Kein Elitedenken, sondern die Vielfalt und Einzigartigkeit der Kinder stünden im Mittelpunkt. Angesichts eines Schmelztiegels aus 20 verschiedenen Nationalitäten, aus dem die Kinder und ihre Familien stammen, den Kulturen und Religionen (christlich, muslimisch, orthodox und hinduistisch) mit ihren jeweiligen Norm- Werte- und Rollenverständnissen "eine riesige Herausforderung", erkennt Leickert. Ihr und ihrem gesamten Team gehe es darum, jedes Kind individuell wahrzunehmen und in der Entwicklung zu begleiten. "Wir wollen mit dem Kind in einem Dialog treten", heißt es weiter und wird auch gleich erläutert: Das Kind soll für sich erkennen, was bedeutsam ist und was ihm hilft, etwas zu versuchen oder erneut auszuprobieren. Im KiFaZ werde nicht zwischen Behinderung und Nichtbehinderung differenziert.

Einen evangelischen Kindergarten in der Ostvorstadt von Gunzenhausen gibt es seit 1954. Mit Planungsbeginn des am Ende sechs Millionen Euro teuren Um- und Neubaus 2014 war es den Verantwortlichen wichtig, "eine inklusive Grundhaltung gemeinsam zu denken". Das KiFaZ, so Leickert, ist wie ein Dorf konzipiert, in dem sich drei altersgemischte Gruppen im Krippenbereich (zehn Monate bis drei Jahre) und sechs altersgemischte Gruppen von zweieinhalb bis zur Einschulung immer wieder begegnen.

Corona beschäftigt die Kinder 

Die 36-jährige Maria Hölzl ist die Mutter von Ben (4), der seit drei Jahren im KiFaZ ist. Das ganze Haus, der offene Umgang, all das und noch viel mehr gefalle ihr "wahnsinnig gut", sagt sie, "wir als Familie fühlen uns im KiFaZ pudelwohl". Besonders beeindruckt ist sie von den Lesenachmittagen und einem Familienwandertag an einem Samstag. "Wir alle hier sind stolz, beim Kita-Preis dabei zu sein." Auch Trägervertreter Dekan Klaus Mendel weiß, was er an dem KiFaZ und seiner Leiterin hat: "Der Erfolg der Nominierung ist untrennbar mit Diana Leickert verbunden", erklärt er anerkennend.

Durch die Pandemie kam aber alles ins Rutschen und Schwanken. Dadurch erlebten besonders die Kinder massive Einschränkungen. Corona hinterlasse noch immer Spuren, sagt Leickert. Die Pandemie bedeutete soziale Trennungen und Rückzüge auf die Kernfamilie. Auch das kommt vor: Die KiFaZ-Kinder äußern ihre Ängste und fragen konkret, woher das Virus komme und was sie tun können, um nicht krank zu werden. Das fand seinen Niederschlag in den Bewerbungsunterlagen.

Im Mai wird der Sieger gekührt

Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung und die Internationale Akademie wollte es genau wissen und listete vier Kriterien auf, zu denen Fragen ausführlich beantwortet werden sollten: Da ging es um Kindorientierung, Sozialraumorientierung, Partizipation und Kita als lernende Organisation. Knapp 20 Unterfragen führten in die tiefsten Tiefen der Kindheits- und Sozialpädagogik.

Bis Ende Januar soll noch ein digitaler Ordner mit rund 150 Seiten abgegeben werden. Darin enthalten sind eine Erhebung und Dokumentation von Kinderperspektiven. "Das ist zeitlich sehr anspruchsvoll", sagt Diana Leickert, die sich zusammen mit ihrer Stellvertreterin Carolin Dauner diese Arbeiten teilt. Normalerweise würden jetzt Fachexpertengespräche hier im Haus anstehen, sagt sie, doch auch das verhindert Corona. Dafür werden sie digital besucht. Dabei führen die Experten Interviews und Workshops mit der Kita-Leitung, dem Trägervertreter, den Pädagoginnen sowie Eltern durch. Die Ergebnisse des digitalen Besuchs fließen in umfangreiche Berichte zu allen Finalisten ein. Eine 18-köpfige Fachjury wählt die Preisträger anschließend aus. Sie werden im Mai in Berlin gekürt.

Der Kita-Preis ist mit einem Sechs-stelligen Preisgeld dotiert 

Dass sich das KiFaZ überhaupt zu den zehn besten Kitas in Deutschland zählen darf, ist umso bemerkenswerter, wenn man die Zahlen auf sich wirken lässt: In Deutschland gibt es nach den Worten von Victoria Siegel vom Deutschen-Kitapreis knapp 60.000 Kindertagesstätten (Stand: 2021), davon allein nach Auskunft des Bayerischen Sozial- und Familienministerium 10.200 im Freistaat. 1.200 Kitas haben sich aus allen Bundesländern beworben und zehn haben es in die Finalrunde geschafft, aus Bayern nur Gunzenhausen. Der Kitapreis ist insgesamt mit insgesamt 130.000 Euro dotiert.