Es geht um die "ungewöhnlichen Einblicke in Verstecktes und Verborgenes" der Weltkulturerbestadt Regensburg, denen der Kulturverein Donumenta mit Unterstützung der Stadt zu neuem Leben verhilft. Initiiert durch das EU-Projekt "Kulturplattform Donauraum – Kreative Orte des 21. Jahrhunderts" hatte Regensburg 2017 das "Danube Art Lab" ins Leben gerufen. Unter dem Motto "Hidden Places, Hidden Spaces" wandte sich das Artist-in-Residence-Programm an interdisziplinär arbeitende und im öffentlichen Raum versierte Künstler. Durch die Präsenz der Arbeiten werden diese Orte "genau betrachtet, erweitert, verstärkt und verändert", sagte Donumenta-Chefin Regina Hellwig-Schmid.

Unter anderem wurde der Anatomieturm der Königlichen Villa in Regensburg purpurrot verkleidet, ein Werk der bulgarischen Künstlerin Borjana Ventzislavova. Es zeige, dass der Turm mit Leben und Tod verbunden war, erklärte die Künstlerin. Zum einen seien dort Leichen zu wissenschaftlichen Zwecken seziert worden, zum anderen sei der Turm im Krieg ein Lager für Schießpulver gewesen.

Performances im öffentlichen Raum

Zum Auftakt der Ausstellung fanden bereits zwei Performances statt. Unter dem Titel "The Inhabitans of Colosseum" erinnerte der ukrainische Künstler Nikita Kadan an das Außenlager Flossenbürg im Stadtteil Stadtamhof. Bürger der Stadt wurden Teil der Performance, "wenn sie in Holzschuhen laufen, wie sie die Inhaftierten trugen", erklärte der Biennale-Künstler (2015) Kadan.

Die in New York lebende Künstlerin aus Bosnien-Herzegowina Selma Selman stellt die nie verwendeten Betten eines Regensburger Bunkers unter dem Thon-Dittmer-Palais aus. Sie hätten sie an das Schutzbedürfnis ihrer eigenen Familie während des Jugoslawienkriegs erinnert, erklärte sie. Zu sehen ist die Installation unter dem Titel "We, who are dreaming of" in der Maximilianstraße.

Erhebung im Pflaster

Ganz anders geht Dumitru Oboroc aus Rumänien mit der Hülle der Beschaulichkeit um. Der Performer und Bildhauer war von der Dichte der historischen Themen fasziniert. Seine Intervention "Nipple of the City" auf dem Zieroldsplatz ist eine Erhebung im Pflaster. Will sagen: Die Menschen können noch so viel historische und archäologische Forschung betreiben was in früheren Epochen tatsächlich gefühlt wurde, werde immer verschlossen bleiben.

Die deutsche Vertreterin im "Danube Art Lab", Notburga Karl, setzt mitten in das Kepler-Monument in der Fürst-Anselm-Allee eine goldfarbene Ellipse, weil laut erstem Keplerschem Gesetz sich die Planeten nicht in konzentrischen Kreisen um die Sonne, sondern in Ellipsen bewegen.

Verknüpfung westlich christliche mit orthodoxen Kirchen

Milijana Istijanovic aus Montenegro hat sich mit dem Peterskirchlein nördlich des Bahnhofs beschäftigt, das von der bulgarisch-orthodoxen Kirche für Messen genutzt wird. Die Künstlerin verblendet die Fenster in byzantinischem Blau und verküpft so die orthodoxen und die westlichen christlichen Kirchen.

Alexander Raevschi aus der Republik Moldau bezieht sich in seinen Arbeiten auf das kulturelle Erbe und seine Wirkung auf die Menschen. In Regensburg arbeitete er an der Nordostecke der römischen Legionslagermauer: Verspiegelte Quader eröffnen die Chance, Geschichte und Gegenwart in Form des neuen Museums der bayerischen Geschichte miteinander zu verbinden.

Klosterleben mit aktuellen Fragen

Die Ungarin Klara Orosz hat sich mit dem Schwarzen Turm an der Nordseite der Steinernen Brücke befasst. Er wurde zerstört und existiert heute nicht mehr. In einer Ausstellung in der Galerie "Leerer Beutel" wird er als Modell gezeigt. Erst 2019 ist geplant, die Übersetzung des Turms in zeitgenössische Ästhetik am ursprünglichen Standort zu zeigen.

Die Tschechin Alena Foustkova und die Serbin Bojana Knezevic verknüpfen einstiges klösterliches Leben mit aktuellen Fragen: "The Cell of Silence" ist eine Versuchsanordnung im urbanen Leben des 21. Jahrhunderts. Am Kornmarkt zwischen Alter Kapelle und Karmelitenkloster stellt die Tschechin einen durchsichtigen Kubus in den Abmessungen einer Klosterzelle auf. Knezevic führte Gespräche mit Klosterfrauen, in einer Multimedia-Installation im "Leeren Beutel" können sie angehört werden.

Judenverfolgung im 16. Jahrhundert

Die Österreicherin Catrin Bolt thematisiert die Judenverfolgung im 16. Jahrhundert. Unter einer in den Boden eingelassenen Glasplatte ist ein Fernsehbildschirm montiert. Sein Flackern vermittelt den Eindruck, als würde dort noch jemand leben.

Die Ergebnisse des "Danube Art Lab" sind bis zum 14. Oktober im Stadtraum zu sehen, die Ausstellung in der Städtischen Galerie im Leeren Beutel ist noch bis zum 18. November zu betrachten.