Nach wie vor ist eine deutliche Mehrheit der in Bayern lebenden Menschen Mitglied einer der beiden großen christlichen Kirchen - doch die Zahl schrumpft. Noch rund 6,02 Millionen der im Freistaat lebenden Menschen sind katholisch, etwa 2,20 Millionen sind evangelisch; das sind gut 62,5 Prozent der rund 13,18 Millionen Menschen in Bayern. Die Deutsche Bischofskonferenz hatte am Montag in Bonn überraschend die Mitgliederzahlen der Bistümer und Erzbistümer bekannt gegeben: Mehr als eine halbe Million Menschen traten 2021 aus der katholischen Kirche aus - ein Rekordwert.

Katholische Kirche in Bayern 2021: Mehr als 100.000 Austritte, rund 1.557 neue Mitglieder

Nach der offiziellen Statistik sind in den zwei bayerischen Erzbistümern und den fünf Bistümern im vergangenen Jahr mehr als 100.000 Menschen ausgetreten - demgegenüber standen 299 Eintritte und 1.258 Wiederaufnahmen. Den 71.239 Bestattungen standen 43.972 Taufen gegenüber. Die mit Abstand meisten Austritte gab es in absoluten Zahlen im mitgliederstärksten Erzbistum München und Freising: Dort kehrten rund 35.300 Menschen der katholischen Kirche den Rücken, das ist der höchste Wert seit Einführung der Kirchlichen Statistik. Es bleiben noch 1,56 Millionen Gläubige.

Die Zahlen können aber nicht als Reaktion auf das neue Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising interpretiert werden - der Stichtag Ende 2021 lag zeitlich vor der Vorstellung des Gutachtens durch die Münchner Kanzlei WSW im Januar 2022. Dem Gutachten zufolge gibt es in der Zeit zwischen 1945 und 2019 Hinweise auf mindestens 497 Betroffene sexualisierter Gewalt im Erzbistum.

Unter anderem dem emeritierten Papst Benedikt XVI. wird im Gutachten vorgeworfen, als Münchner Erzbischof nicht konsequent gegen Missbrauchstäter vorgegangen zu sein.

Die Mitgliederzahlen in den einzelnen Erzbistümern und Bistümern entwickelte sich im Jahr 2021 folgendermaßen: Im zweiten bayerischen Erzbistum - in Bamberg - traten vergangenes Jahr 10.261 Menschen aus der katholischen Kirche aus, es hatte am 31. Dezember noch rund 629.000 Mitglieder. In Augsburg sank die Zahl der Katholiken auf 1,22 Millionen, die Zahl der Austritte lag bei 19.884. Im Bistum Regensburg lebten Ende 2021 rund 1,1 Millionen Katholiken (Austritte: 14.013), in Würzburg rund 690.000 (10.567), in Eichstätt etwa 373.000 (5.096) und in Passau 443.059 (5.703)

Der Münchner Generalvikar Christoph Klingan sagte, die hohe Zahl der Kirchenaustritte sei "sehr schmerzhaft" und "nicht zu beschönigen". Er wies aber auch darauf hin, dass im Jahr 2021 zugleich mehr kirchliche Trauungen, Taufen, Erstkommunionen und Firmungen stattgefunden hätten. Bambergs Erzbischof Ludwig Schick sagte, die Zahlen seien "traurig und bitter, aber leider erwartbar gewesen". Viele Katholiken träten aus, um gegen Missstände zu protestieren. Er wolle die Ausgetretenen nicht abschreiben: "Wir möchten Kontakt zu ihnen halten, sie sind uns wichtig. Die Tür bleibt offen."

Die bayerische evangelische Landeskirche hatte ihre Mitgliederzahlen bereits Anfang März dieses Jahres veröffentlicht. Zum Stichtag 31. Dezember 2021 hatte die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern 2,20 Millionen Mitglieder, also rund 34.250 Menschen weniger als noch ein Jahr zuvor. Den mehr als 36.500 Austritten im Jahr 2021 standen 2.330 Eintritte gegenüber.