Unter dem Titel "Pfarrer to go" sendet Johannes Schultheiß aus der evangelischen Kirchengemeinde Bad Tölz seine geistlichen Impulse in die Welt. Er will der Pfarrer zum Mitnehmen sein und die Menschen mit seinen Predigten überall erreichen - im Auto, beim Sport oder beim Putzen.

Herr Schultheiß, statt "Coffee to go" machen Sie den Menschen den "Pfarrer to go". Was steckt hinter der Idee?

Johannes Schultheiß: Während des ersten Corona-Lockdowns war meine Arbeit als Gemeindepfarrer in gewohnter Form plötzlich nicht mehr möglich. So kam die Idee auf, ein Video zu machen und darin einen kurzen Impuls mit meinem Hobby Artistik zu verbinden. Ich wollte keinen Gottesdienst streamen, sondern versuchen, dem Video-Format gerecht zu werden. Ich veröffentlichte zahlreiche Videos. Und als der normale Alltag wieder begann, war zwar weniger Zeit für aufwendige Video-Projekte, aber ganz ohne digitale Verkündigungswege wollte ich auch nicht mehr arbeiten. So entstand der Podcast "Pfarrer to go", der im Dezember 2020 mit 24 Beiträgen startete. Damals interviewte ich unter anderem Jesus, den Teufel - und natürlich Gott.

Muss Kirche solche neuen Wege gehen, um weiter eine Rolle zu spielen?

Schultheiß: Klar muss sich die Kirche - wie alle gesellschaftlichen Institutionen - weiterentwickeln, um Menschen zu erreichen. Mit dem Podcast kann ich meine Predigthörer verdoppeln. Ob viele Hörerinnen und Hörer aus meiner Kirchengemeinde kommen, verrät mir die Podcast-Diagnose leider nicht, ich vermute aber schon. Manche Menschen nehmen sich am Sonntag keine Zeit für den Gottesdienst, sind aber dennoch interessiert an dem, was ihr persönlicher Pfarrer vor Ort zu sagen hat.

Würden Sie auch andere Pfarrer ermutigen wollen, sich in den Neuen Medien auszuprobieren?

Schultheiß: Da ich selbst gerne Podcasts höre, war für mich dieses Medium naheliegend. Es ist unglaublich einfach, heutzutage ein Video oder einen Podcast zu produzieren. Ein Smartphone reicht theoretisch völlig aus. Alles weitere kann man sich mit Tutorial-Videos aneignen. Das Aufnehmen und die technische Verarbeitung dauern pro zehnminütigem Podcast etwa 30 Minuten. Mein Ziel ist, mindestens alle zwei Wochen einen Podcast zu veröffentlichen. Zum Teil produziere ich spezielle Folgen, in der Regel veröffentliche ich aber Predigten. Übrigens haben sich auch meine Kirchenpredigten durch die Arbeit mit dem neuen Medium weiterentwickelt.

Allerdings sollte sich jeder, der sich im Internet versuchen möchte, bewusst sein, dass in jeder Minute Millionen von digitalen Beiträgen weltweit veröffentlicht werden. Wer da wahrgenommen werden möchte, muss genauso dafür werben wie für eine analoge Veranstaltung.