Der Weg zum Hausschaf führt im 21. Jahrhundert über die Landschaftspflege. Als natürliche Rasenmäher weiden Schafe unter Solarparks, fressen Brombeerhecken kurz und klein. "Auslöser für meine Schafe war der verwilderte Garten", berichtet der Pfarrer Günter Daum aus dem oberfränkischen Weidenberg.

Was mit vier gemieteten Schafen anfing, ist mit den Jahren zu einer zwölfköpfigen Herde angewachsen. Die Skudden, die als kleinste deutsche Schafrasse gelten, erhielten Namen. Schlachten kam für die Pfarrersfamilie nicht in Frage. Jedes Tier ist ein Individuum. "In der Herde achten sie aufeinander", sagt der evangelische Theologe. Die Herde sei eine "geordnete Welt".

Eine innige Beziehung

Ein Lamm hat der Gemeindepfarrer mit der Flasche aufgezogen. Der Bibeltext aus Psalm 23 "Der Herr ist mein Hirte…" - der Klassiker unter den zahlreichen Erwähnungen des Schaf-Mensch-Bezugs in der Bibel - sei für ihn durch die Schafe zu einer konkreten Erfahrung geworden, sagte Daum.

Als Schafhalter weiß Pfarrer Daum, dass die Tiere "auch für den Hirten da sind". So beleben die Zwergschafe aus Markt Weidenberg (Landkreis Bayreuth) schon mal Andachten für Kindergärten und Grundschüler. Ihm selbst gibt die Nähe zu den Tieren nach einem Einsatz als Notfallseelsorger neue Energie. "Mir würde etwas fehlen, wären da nicht die Schafe", ist sich Daum bewusst.

Das idyllische Bild einer Schafherde allerdings täuscht. Das Leben als Schäfer, als Wanderschäfer zumal, ist rau. Der Beruf steht gewissermaßen auf der "roten Liste" aussterbender Berufe. Rückläufig sind auch die Schafbestände.

Abnahme für die Wolle sinken

Im Sturzflug befinden sich die Preise für Wolle. Jahrelang war China ein wichtiger Abnehmer für deutsche Erzeuger, schreiben Nina Sieverding und Anne Huntemann in ihrem kürzlich im Landwirtschaftsverlag Münster erschienen Buch "Schaf & Mensch". Seit die Volksrepublik 2018 weniger Wolle importierte, sei der Kilopreis für Wolle in Deutschland auf 30 Cent gesunken. Ein Schäfer könne davon gerade mal den Schafscherer bezahlen, so die Autorinnen.

Das mischwollige Vlies der Skudden mit seinen langen und kurzen Fasern hat eine feste Struktur. Für Strickware findet die Wollart aber wenig Anklang. Zum Wegwerfen aber war Pfarrer Günter Daum die Wolle zu schade. Die Lösung war die Verarbeitung der Rohwolle zu Schafwollpellets. Der natürliche Dünger komme vor allem bei Ökogärtnern gut an, weiß Markus Hofmann aus Wemding am Nördlinger Ries (Landkreis Donau-Ries). Der Unternehmer verarbeitet Rohwolle zu Schafwollpellets.

Weitere Eigenschaften der Wolle

Im Boden zersetzt sich die Schafwolle und gibt Stickstoff und Nährstoffe frei. Zudem gilt Schafwolle als großer Feuchtigkeitsspeicher. Das erleichtere die Gartenpflege, sagt Hofmann, der selbst 90 Schafe zur Pflege der Flächen um seine Solarmodule hält.

Das neue Geschäft mit Schafwollpellets ist für Hofmann und andere Schafhalter ein zweites Standbein geworden. In der Rhön, weiß er, hätten einige Schäfer inzwischen bereits eine eigene Marke entwickelt und zuletzt "sieben Tonnen Schafwolle im Jahr" vermarktet. Das Schaf als Milch-, Fleisch- und Wolllieferant hat somit nach wie vor seinen Platz als Nutztier und - nicht zu vergessen - Weggefährte des Menschen.