"Das Recht auf ein gewaltfreies Leben ist ein Menschenrecht", hat am Mittwoch Margit Berndl, Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege Bayern, anlässlich des Tags gegen Gewalt an Frauen am 25. November betont. Viele Frauen würden aus Scham schweigen. "Das Dunkelfeld ist immer noch sehr hoch." Berndl mahnte, es müsse eine Kultur des Hinsehens und Ernstnehmens geben. Besonders Ärztinnen und Ärzte müssten stärker sensibilisiert sein.

16.000 Frauen sind nach Informationen der Grünen-Landtagsfraktion in Bayern im vergangenen Jahr Opfer von häuslicher Gewalt geworden. Man berufe sich hier auf offizielle Zahlen der Kriminalstatistik, erklärte die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion, Eva Lettenbauer, am Mittwoch in einer Mitteilung am Vortag des Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen. Die Dunkelziffer werde noch deutlich höher sein. Lettenbauer forderte vom Freistaat größere Anstrengungen und besseren Schutz. Betroffene Frauen und Mädchen müssten schnell und einfach Schutz finden. Es gebe allerdings nur 371 staatlich geförderte Plätze in Frauenhäusern.

Corona hat die Situation vieler Frauen verschlechtert

Mit dem Thema "Gewaltschutz von Frauen und Mädchen" soll sich auf Antrag der Grünen voraussichtlich im Frühjahr 2022 im Bayerischen Landtag eine Anhörung befassen. Man wisse aus Gesprächen mit betroffenen Fachkreisen, dass sich die Lage durch die Pandemie in der Praxis noch einmal verschärft habe, erklärten auch die frauenpolitischen Sprecherinnen der SPD-Landtagsfraktion, Ruth Müller und Simone Strohmayr. Allen betroffenen Frauen und Mädchen müsse passgenau geholfen werden.

Durch die Schließung von Einrichtungen im Lockdown sei das eigene Heim für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder zu einem gefährlichen Gefängnis geworden. Durch Corona habe sich zudem die häusliche Situation vieler Frauen in Bayern massiv verschlechtert. "Daraus müssen wir im Winter 2021 lernen", sagte Ruth Müller. Damit Betroffene die Angebote auch uneingeschränkt wahrnehmen können, müsse der Freistaat "dringend in pandemiefeste Frauenhäuser investieren". Es seien auch mehr Personal und Finanzen für digitale Beratungs- und Betreuungsangebote, Möglichkeiten für kostenlose Corona-Tests und mehr psychologische Kinder-Betreuung nötig.

Nur 30 Prozent der Betroffenen wissen, wo sie Hilfe finden können

Die AWO will einen Rechtsanspruch auf Beratung für Frauen, die Gewalt erleben. Ihre Landesvorsitzenden Nicole Schley und Stefan Wolfshörndl erklärten, nicht nur bei häuslicher Gewalt sondern auch bei Zwangsprostitution, sexuellem Missbrauch, Vergewaltigung oder Zwangsheirat erlebten Frauen Gewalt und benötigten fachliche Unterstützung, um ihr zu entkommen. Die AWO fordert daher eine kostendeckende Finanzierung und einen flächendeckenden Ausbau des Hilfesystems, zu dem unter anderem Frauenhäuser und Notrufe zählten.

Die Öffentlichkeitsarbeit für die Hilfsangebote müsse dringend verbessert werden, erklärte die SPD-Politikerin Strohmayr. Mehrere hundert Frauen in Bayern würden jeden Tag Opfer von häuslicher Gewalt. Doch nur rund 30 Prozent der Frauen wüssten über die Hilfesysteme wie Frauenhäuser, Notrufe oder Fachberatungsstellen Bescheid.

Gewalt wird auch digital ausgeübt 

Auf die Gewalt gegen Frauen im Digitalen, auf sozialen Plattformen, in Chats oder Foren wies die bayerische Sozialministerin Carolina Trautner (CSU) hin. "Digitale Gewalt ist häufig eine Fortsetzung der Gewalt gegen Frauen im realen Leben", sagt sie laut einer Pressemitteilung. Herabsetzungen, Belästigungen und Bedrohungen und Nachstellungen könnten im Internet genauso verletzend sein wie analoge Gewalt. Die Grenzen würden oft fließend verlaufen, weil die Täter und Täterinnen ihre Opfer oft auf verschiedenen Kanälen verfolgten. Trautner erklärte, die Homepage www.bayern-gegen-gewalt.de informiere über praktische Tipps und Tricks und Hilfeangebote auch zum Themenfeld der digitalen Gewalt.

Am Donnerstag (25. November) wird das Bayerische Sozialministerium anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen in Orange angestrahlt. Seit 2008 ist die Aktion "Orange The World" von UN Women Teil der "UNITE to End Violence against Women" Kampagne der Vereinten Nationen. Jahr für Jahr wird weltweit vom 25. November bis zum 10. Dezember mit Aktionen auf das Problem der Gewalt gegen Frauen und seine verheerenden Auswirkungen aufmerksam gemacht, so das Sozialministerium.

 

Hilfe für Frauen, die von Gewalt betroffen sind

Bei diesen Stellen finden Sie im Notfall Hilfe und Beratung:

Hilfetelefon

Ein Frauenhaus finden 

Hilfe und Beratung für Frauen, die von Gewalt betroffen sind