Gekühlter Kaffee, eine belegte Brotschnitte und ein süßes Gebäck, genau das Richtige für diesen warmen Juliabend. Die Gäste nutzen die offene Gestaltung aus Holzhockern, Bänken und Tribünentreppchen des Open-Air-Cafés, um auszuruhen und eine kleine Stärkung zu sich zu nehmen.

"Und wo kann ich jetzt bezahlen?" Diese Frage wird den Ehrenamtlichen hinter der Theke oft gestellt, erzählt Helferin Mascha. "Dass all die von Restaurants, Bäckereien und Supermärkten stammenden Speisen und Getränke normalerweise auf dem Müll gelandet wären, können die meisten Besucher gar nicht glauben", sagt sie. Das von der Projektgruppe N.ORT ins Leben gerufene Café nimmt deshalb auch kein Geld an. Lediglich Spenden der Gäste werden akzeptiert.

"Kulturhauptstädtla" rückt Lebensmittelverschwendung in den Blick

An diesem Abend findet im "Kulturhauptstädtla" ein Foodsharing-Dinner statt. Knapp 40 Personen versammeln sich auf dem Richard-Wagner Platz. Die Nürnberger Gruppe Foodsharing hat kistenweise Obst, Gemüse und Nudeln mitgebracht.

Johanna Wiglinghoff vom N.ORT Kollektiv ist neben der Arbeit im "Kulturhauptstädtla" selbst aktives Mitglied der Foodsharing-Gruppe. Durch Foodsharing ist sie vor sechs Jahren überhaupt erst auf das Thema Lebensmittelverschwendung aufmerksam geworden, sagt sie. Die Initiative sammelt überproduzierte oder nicht gewollte Lebensmittel aus Betrieben oder Privathaushalten ein und verteilt sie, damit sie nicht weggeworfen werden. "Man kann dabei von Händlern so viel einsammeln, dass es nicht nur für Freunde und Bekannte reicht. Man könnte damit ein ganzes Restaurant aufmachen", sagt Wiglinghoff. Dass das tatsächlich der Fall ist, beweist das kleine Café neben der Nürnberger Oper.

Lebensmittelverschwendung ist "ökologisches Desaster"

Laut Umweltbundesamt landen fast ein Drittel aller produzierten Lebensmittel auf dem Müll. Das sei nicht nur schade um die zum größten Teil noch guten Lebensmittel, sagt Johanna Wiglinghoff, sondern allein aus ökologischer Sicht "ein Desaster". Die so verschwendeten Ressourcen würden an anderer Stelle fehlen, erklärt sie. Dass selbst in Deutschland, Menschen hungern müssten, ist ihrer Ansicht nach ein Verteilungsproblem.

Von der Dimension der Verschwendung von Lebensmittel erfuhr sie vor knapp sechs Jahren zum ersten Mal. Daraufhin gründete Wiglinghoff zusammen mit Freunden das N.ORT Kollektiv, mit dem sie schon im vergangenen Jahr mit einem mobilen Café-Stand in ganz Nürnberg unterwegs waren. In ihrem Angebot seien ausschließlich "gerettete" Lebensmittel, erklärt das Kollektiv.

"Ziel unseres Cafés ist es, Menschen über die alltägliche Lebensmittelverschwendung aufzuklären und Alternativen aufzuzeigen", sagen die Mitstreiter. Außerdem wolle man mit dem diesjährigen Projekt "Kulturhauptstädtla" einen Raum schaffen, sich gegenseitig kennenzulernen und auszutauschen. Die zentrale Lage auf dem Richard-Wagner-Platz in Nürnberg, direkt neben dem Staatstheater, sei hierfür ideal.

Woher das N.ORT-Kollektiv die Lebensmittel bekommt

Das Café ist dort noch die restlichen Juli-Tage geöffnet. Den ganzen Monat über fanden Konzerte, Workshops und Vorträgen zum Thema "Nachhaltigkeit" statt. Von den Gästen würde das Café überwiegend mit Begeisterung angenommen, erzählt N.ORT-Kollektiv-Mitglied Lena Endres. Besucher des Staatstheaters würden oft verwundert fragen, wieso hier kein Wein angeboten werde, erzählt sie. Nach einer kurzen Erläuterung des Konzepts des Cafés herrsche aber überwiegend Erstaunen über die doch große Auswahl und Menge vor.

Täglich zwei bis drei Mal hole man Gebäck, Getränke und andere Lebensmittel von kooperierenden Betrieben ab, sagt Endres. Dafür fahren die Mitglieder von N.ORT oder freiwillige Helfer mit Lastenrädern zu den Zulieferern. Ehrenamtlich Engagierte bereiten auch die Speisen für die Theke zu. "Oft sind es ehemalige Gäste, die so begeistert von dem Projekt sind, dass sie selbst mithelfen wollten", sagt Endres.

"Verzehr auf eigene Gefahr"

Ein Schild mit der Aufschrift: "Verzehr auf eigene Gefahr" gibt den Besuchern einen Hinweis auf das ungewöhnliche Konzept des Cafés. "Das ist Vorschrift des Gesundheitsamts", wie Endres erklärt. Das Amt kontrolliere, wie bei jedem anderen gastronomischen Betrieb auch, die Einhaltung der hygienischen Vorschriften im "Kulturhauptstädtla".

Der Kontakt zu den Betrieben, die ihre Lebensmittel dem N.ORT Café geben, statt sie wegzuwerfen, ist hauptsächlich auf der BioFach-Messe in Nürnberg entstanden. Dort hätten sie mit knapp 200 Marktständen und Bio-Anbietern gesprochen, von denen sich nun 30 an dem Projekt beteiligen, erzählen die Kollektiv-Mitglieder. Die meisten Unternehmer dort hätten positiv auf die vorgestellte Idee reagiert. "Viele stört es selbst, so viele Lebensmittel regelmäßig wegwerfen zu müssen", sagt Wiglinghoff.