München, Berlin (epd). Trotz bundesweiter Alarmrufe wegen der Unterbringung von Flüchtlingen lassen Länder und Kommunen Unterkünfte des Bundes teilweise ungenutzt. Das geht aus einer Übersicht des Bundesinnenministeriums hervor, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Die Bundesländer würden die mietfrei überlassenen Bundesliegenschaften sehr unterschiedlich nutzen. Bayern lasse knapp ein Drittel (32 Prozent) von rund 11.000 vom Bund überlassenen Plätzen ungenutzt. Während Thüringen aktuell 96 Prozent der Plätze belege, beanspruche Sachsen-Anhalt gar kein Angebot des Bundes.

Die Zahlen seien im August des vergangenen Jahres bei den Regierungen abgefragt worden, erklärte der bayerische Innenminister am Dienstag bei einer Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung. Die Kritik, der Freistaat nutze die Plätze nicht aus, basiere daher auf einer "groben Verfälschung". Wie ein Sprecher des Ministeriums dem epd auf Nachfrage sagte, seien momentan 85 Prozent der Plätze in den Bundesliegenschaften belegt, die für Ankerzentren genutzt würden, 94 Prozent in bundeseigenen Unterkünften, in denen die Flüchtlinge in Bayern im Anschluss einziehen könnten.

Wenn in einer Unterkunft ein Sechs-Bett-Zimmer mit einer vierköpfigen Familie belegt sei, erklärte der Sprecher, seien das nur 66 Prozent Belegung. Außerdem wolle der Freistaat in einem Ankerzentrum nicht mit mehr als 1.500 Personen planen. In Bamberg lebten im Ankerzentrum zwar derzeit 2.300 Menschen. Der Bund gehe aber von einer möglichen Belegung mit 3.400 Asylsuchenden aus.

In staatlich geführten Unterkünften für Flüchtlinge seien derzeit in Bayern 170.000 Menschen untergebracht. Die Zahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und die Asylbewerber aus anderen Ländern zusammen hätten zu der bisher höchsten Belegung im Freistaat geführt. Herrmann forderte von der Bundesregierung auch mehr finanzielle Mittel. "Denn es geht nicht nur um ein Dach über dem Kopf, sondern um Kita-Plätze, Schulen und Integration in den Arbeitsmarkt." Die Integration in den Arbeitsmarkt bezeichnete Herrmann als besonders wichtig. Es erhöhe auch die "emotionale Akzeptanz in der Bevölkerung", wenn die Migranten selbst für ihr Einkommen sorgen könnten.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte kürzlich bekannt gegeben, dass sie in Kürze zu einem erneuten Treffen mit Ländern und Kommunen einladen will, um über die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zu beraten. Die hatten zuvor weitere Unterstützung des Bundes, auch durch das Überlassen von weiteren Immobilien, gefordert. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kritisierte, dass Faeser einlade und nicht Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). "Wer hier nicht entscheidet und vertagt, stärkt die politischen Ränder", warnte er.

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