Nürnberg (epd). Am kommenden Montag und am Mittwoch sollen Flüchtlinge aus Bayern nach Rumänien abgeschoben werden. Das hat der Vorsitzende des Kirchenasylvereins Matteo, Stephan Reichel, erfahren und am Freitag in Nürnberg dem epd mitgeteilt. Weil Flüchtlinge in Rumänien aber gefährdet seien, Gewalt zu erleben, hat Matteo Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aufgefordert, keine Asylsuchenden mehr nach Rumänien abzuschieben. Auch Abschiebungen nach Bulgarien und Kroatien sollten ausgesetzt werden, heißt es in einem Schreiben des Vereins an die Ministerin, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt.

Der Verein hat in einem Dossier Berichte aus dem Jahr 2021 von betroffenen Flüchtlingen gesammelt - die meisten aus Syrien, dem Irak, Afghanistan und dem Iran -, die bestätigen, dass gegen sie in Rumänien systematische Gewalt ausgeübt wird. Bei der Festnahme würden die Flüchtlinge immer geschlagen und getreten, heißt es darin. Eine syrische Frau berichtet, das sie ein Polizeibeamter im Lager bei Timisoara zu vergewaltigen versucht habe.

Es gebe Gefängnisse in der Region, in denen die Geflüchteten weiter misshandelt würden, hungern müssten oder in überfüllten verschmutzten Zellen ohne medizinische Versorgung leben würden. Die rumänische Polizei unterstütze illegale "Pushbacks" aus Ungarn und nach Serbien. Auch hier werde mit schwerer Gewalt vorgegangen. "Mir ist kein einziger Fall eines Flüchtlings bekannt, der aus Rumänien kam, der so etwas nicht erlebt hat", so Reichel.

Auch der Kirchenasylberater der evangelischen Landeskirche in Bayern, Thomas Schmitt, verurteilt die Rückführungen scharf. Um Menschen vor solchen unmenschlichen Behandlungen in Rumänien zu schützen, seien mindestens neun der derzeit existierenden 26 Kirchenasyle in bayerischen evangelischen Gemeinden entstanden, so Schmitt am Freitag. Reichel spricht sogar von zwei Drittel der Fälle.

Schmitt kritisierte, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die traumatischen Erfahrungen von Geflüchteten auf ihrer Flucht als "nicht entscheidungserheblich" einstuften. "Wenn sie auf der Flucht vergewaltigt oder geschlagen wurden, interessiert das nicht." Vielmehr würden die misshandelten Flüchtlinge noch aufgefordert, sich wegen der Taten gegen sie an die rumänische Polizei zu wenden. Aber unter deren Beamten seien oft die Täter zu finden.

Es kommt laut Schmitt "so oft wie Weihnachten vor", dass die deutschen Behörden den sogenannten Selbsteintritt für einen Flüchtlingsfall erklärten und damit die Betroffenen nicht in das EU-Ankunftsland zurückschicken. Unter 30 bis 40 von den Kirchenasylgemeinden eingereichten Dossiers werde nur ein einziges anerkannt. Dahinter stehe der politischer Wille, Deutschland für Flüchtlinge abzuschotten, so Schmitt. Man erhalte die Fiktion aufrecht, dass das europäische Dublin-System noch funktioniere. "Aber das ist nur noch ein Zombie."

Der Verein Matteo bereitet nach Reichels Angaben eine Sammelstrafanzeige gegen schon bekannte und noch unbekannte rumänische Täterinnen und Täter bei der Generalstaatsanwaltschaft in Rumänien vor.

Auf Anfragen des epd zu dem Thema haben die Pressestellen des Bundesinnenministeriums und des BAMF am Freitag bislang nicht reagiert.