Passau, München (epd). Die Corona-Proteste und Verschwörungstheoretiker haben dem Antisemitismus in Deutschland nach Ansicht der früheren Präsidentin des Zentralrates der Juden, Charlotte Knoblich, Auftrieb gegeben. Auf Corona-Demos beispielsweise würden Namen von Juden genannt, "die an allem schuld sein sollen, von George Soros bis zu den Rothschilds", sagte Knobloch der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag). Man wisse seit langem, "keine Verschwörungstheorie ohne Antisemitismus", sagte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München.

In Corona-Leugner-Kreisen könne man inzwischen "weithin ungestraft judenfeindliche Sprüche öffentlich äußern", bedauerte Knobloch. Bei Protesten würden Judensterne mit einem "Ungeimpft" öffentlich getragen. "Das alles ist nicht harmlos. Es handelt sich um Hetze der übelsten Art", sagte Knobloch weiter. Mit Blick auf den Internationalen Holocaust-Gedenktag an diesem Donnerstag (27. Januar) forderte sie, dass die "Vertreter von Kirchen, von Vereinen und Vereinigungen in der Gesellschaft sehr viel klarer Flagge gegen Antisemitismus und Rassismus zeigen".

Deutschland habe die Erinnerung an die systematische Ausrottung der Juden unter den Nazis "lange Jahre nicht so aufrechterhalten, wie man sich das als Überlebender gewünscht hat", sagte Knobloch. Zwar werde inzwischen viel für eine Erinnerungskultur getan, diese werde von vielen auch gepflegt: "Ich sehe aber auch einen wachsenden Teil der Bevölkerung, der dieses Erinnern ziemlich harsch ablehnt."