Benachteiligte Menschen fühlen sich laut einer aktuellen Studie durch die Corona-Pandemie stärker psychisch belastet als andere Bevölkerungsgruppen in Deutschland. "Menschen, die sich kulturell, politisch und ökonomisch an den Rand gedrängt fühlen, geben an, stärker durch die Krise eingeschränkt zu werden, weniger glücklich zu sein", sagte der Münsteraner Psychologe Mitja Back zu ersten Ergebnissen eines internationalen Forschungsprojektes. Diese Menschen empfänden die Pandemie deprimierender als andere. Religiosität scheine dagegen den Umgang mit der Krise zu erleichtern.

Politische Orientierung macht auch Unterschied

Für die Studie "Coping with Corona" (CoCo) arbeiten die Universitäten Münster, Osnabrück und München zusammen. Über vier Wochen interviewten sechs Psychologen der drei Hochschulen täglich Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten online, wie sie mit der Pandemie umgehen. Befragt wurden sie zu ihren persönlichen Einstellungen, Alltagserfahrungen seit Beginn der Pandemie sowie Wohlbefinden und Emotionen. Über 1.200 Menschen in Deutschland nehmen den Angaben zufolge bislang daran teil. Das Projekt ist eingebettet in eine internationale Studie in mehr als 25 Ländern.

Einen wesentlichen Unterschied hinsichtlich der psychischen Belastung durch Corona mache auch die politische Orientierung, erklärte Back: "Politisch linksorientierte Menschen scheinen sorgenvoller und ängstlicher zu sein und wünschen sich ein stärkeres Durchgreifen der Politik." Dagegen schätzten eher Rechtsorientierte das Risiko des Coronavirus deutlich geringer ein. Back:

"Sie sind unzufriedener mit der Demokratie im Land, sind gegen Einschränkungen und halten sich weniger an Schutzempfehlungen."

Religiösere Menschen leiden weniger

Die Studie lässt den Angaben zufolge auch Rückschlüsse auf den Einfluss von Religiosität auf das Pandemie-Erleben zu. "Religiösere Menschen fühlen sich laut Befragung verbundener zu ihrem sozialen Umfeld und empfinden die Pandemie als weniger deprimierend", erklärte der Psychologe. Auf der anderen Seite zeigten sich bei ihnen auch Tendenzen zu einem geringeren Vertrauen in die Wissenschaft und einem stärkeren Hang zu Verschwörungstheorien.

In den weiteren Forschungen sollen nun Aspekte individueller Religiosität wie Glaubenspraktiken und dogmatische religiöse Vorstellungen getrennt analysiert und ausdifferenziert werden, erklärte Back.