Daniela Schreck feiert von Berufs wegen. Mit ihrer Agentur "Tollkids" organisiert die Münchnerin Kindergeburtstage. Piraten, Zauberer, Themen-Partys - geht nicht, gibt’s nicht. Alles eine Frage des Preises.
"Durchschnittlich bezahlen Eltern, für die wir Kindergeburtstage organisieren, rund 1.700 Euro",
sagt die Unternehmerin. Nach oben gebe es freilich keine Grenzen. Sie habe auch schon Feiern vorbereitet, die einen mittleren fünfstelligen Betrag gekostet und einer Hochzeit in kaum etwas nachgestanden hätten.
Viele Eltern schätzen Komplettpaket zum Kindergeburtstag
Was sind das für Eltern, die sich an "Tollkids" wenden? "Ärzte, Unternehmer, Schauspieler", sagt Schreck. Menschen, die wirtschaftlich gut aufgestellt, aber beruflich sehr eingespannt seien. Die selbst nicht die Zeit hätten, einen Kindergeburtstag vorzubereiten, sich den Service ihrer Agentur aber leisten könnten. "Wir liefern ihnen ein Komplettpaket nach Maß und sie brauchen sich um nichts zu kümmern." Viele Eltern schätzten das.
"Tollkids" ist nur eine von unzähligen Event-Agenturen, die neben Freizeitparks, Kletterhallen und Bauernhöfen den Kindergeburtstag als Geschäftsmodell entdeckt haben. Topfschlagen, Stille Post und Blinde Kuh, dazu ein Kuchen und abends Pommes mit Würstchen - was lange Zeit der klassische Kindergeburtstag war, genügt den Ansprüchen heute vielfach nicht mehr. Die Geburtstagsfeier soll beeindrucken. Die eingeladenen Kinder - und deren Eltern.
"Natürlich geht es bei den Feiern auch um Status und Prestige", sagt Daniela Schreck.
Rüdiger Wild sieht diese Entwicklung skeptisch. "Wertschätzung drückt sich nicht über den Preis aus", sagt der Pädagogikprofessor, der an der "Mobile University" im baden-württembergischen Riedlingen unterrichtet. Er rät Eltern zu mehr Gelassenheit. Natürlich sollten Kindergeburtstage einen gewissen Erlebnischarakter haben. Aber vieles könnten Eltern auch selbst machen. "Die gute alte Schnitzeljagd oder eine Themenfeier, bei der man miteinander bastelt, begeistern Kinder auch heute noch", so der zweifache Vater.
Gemeinsames Erleben wichtiger als Materielles
Wenn Eltern sich selbst um die Geburtstage ihrer Kinder kümmerten, schone das nicht nur den Geldbeutel, sondern stärke auch die Bindung innerhalb der Familie. Studien hätten ergeben, dass gemeinsames Erleben dafür ungleich wichtiger sei als materielle Dinge:
"Warum also nicht mal gemeinsame Zeit schenken, etwa ein Vater-Sohn-Wochenende, statt eines neuen iPhones?"
Viele Kinder seien materiell ohnehin übersättigt, beobachtet er. Daher rät Wild auch bei der Auswahl der Geschenke zu Augenmaß: "Wer zum Kindergeburtstag eingeladen ist, sollte für das Geschenk nicht mehr als zehn bis 20 Euro ausgeben - je nach Alter", sagt der Pädagoge.
Das entspricht in etwa dem, was Lisa Fischer Tag für Tag erlebt. "Bei uns investieren die kleinen Geburtstagsgäste durchschnittlich zwischen acht und 15 Euro für ein Geschenk", sagte die stellvertretende Geschäftsführerin der Spielwarenhandlung "1000schön" in Stuttgart. Für das eigene Kind gäben Eltern rund 100 Euro aus. Der Trend gehe zu nachhaltigem und pädagogisch wertvollem Spielzeug, etwa zum Knobeln oder Basteln. "Die meisten Eltern, die bei uns einkaufen, sind ziemlich normal", sagt Fischer.
Dem Erfolg von Agenturen wie "Tollkids" tut das keinen Abbruch. Die Agentur von Daniela Schreck organisiert pro Monat durchschnittlich fünf Feiern. Musste sie auch schon einmal "Nein" sagen? Daniela Schreck überlegt kurz:
"Einmal wollte eine Familie einen Dschungelgeburtstag, so richtig mit Affen und einem Tiger. Da musste ich passen."
Kommentare
Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.
Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.
Anmelden