September 2022: SPD, Grüne und FDP vereinbaren angesichts der gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise das dritte Entlastungspaket. Sie kündigen eine Strompreisbremse an, die Gasumlage und auch Einmalzahlungen. Die Auszahlung von 300 Euro "Energiepauschale" an Erwerbstätige, noch aus dem zweiten Entlastungspaket von Anfang April, läuft gerade an.

Nun einigt sich die Ampel auch auf Hilfen für Rentner*innen (ebenfalls 300 Euro), die zum 1. Dezember 2022 ausbezahlt werden sollen. Studierende und Fachschüler*innen würden ebenfalls eine Pauschale erhalten, heißt es – in Höhe von 200 Euro. Wann genau, bleibt zunächst unklar. 

Einmalzahlung an Studierende: Antrag ausfüllen in fünf Minuten?

Im November bringt das Bundeskabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg. Das Bundesbildungsministerium arbeitet noch an der Online-Plattform für die Auszahlung. Das Antragsformular auszufüllen werde schätzungsweise, so heißt es wörtlich, "nur fünf Minuten" dauern.

Erst Mitte Februar dieses Jahres dann kündigt Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger an:

"Wir kommen der Auszahlung näher."

Zugleich verweist sie auf die Verantwortung der 16 Bundesländer und bezeichnet die Prozesse als politisch und technisch komplex. Bis heute warteten rund 3,5 Millionen Berechtigte auf die Finanzspritze.

Antragstellung ist kompliziert

Am Mittwoch, den 15. März, dann öffnete sich endlich das Online-Portal – "ein Angebot von Bund und Ländern", heißt es auf der Internetseite mit dem Namen "Einmalzahlung200.de", darunter prangen die Wappen der 16 Bundesländer.

Doch die Antragstellung ist alles andere als intuitiv: Von meiner Hochschule erhalte ich eine E-Mail mit einer Schritt-für-Schritt-Anleitung und einen individuellen Zugangscode plus PIN. Zusätzlich muss ich mir eine sogenannte Bund-ID einrichten. Dazu soll ich meine Identität mithilfe der digitalen Ausweisfunktion des Personalausweises in Verbindung mit einer Smartphone-App oder über das Zertifikat von der Steuer-Onlineplattform "ELSTER" nachweisen.

Alternativ kann ich mich, diese Funktion war wohl nach der öffentlichen Kritik am komplizierten Verfahren immerhin noch vor dem Launch der Plattform ergänzt worden – auch nur mit meiner Mailadresse und meinen persönlichen Daten registrieren. 

Es folgt: Ernüchterung

Nach Einrichtung der Bund-ID die Ernüchterung: Aktuell beträgt die Wartezeit im digitalen Warteraum 44 Minuten. Offenbar ist die Plattform überlastet. Abwarten also. Nach Ablauf des Countdowns heißt es in einer Fehlermeldung:

"Sie haben zum Ausfüllen des Antrages zu viel Zeit benötigt. Bitte versuchen Sie es noch einmal."

Auch beim zweiten Versuch kommt es zu technischen Problemen bei der Antragstellung. Ich kann den Zugangscode der Hochschule nicht in das dafür vorgesehene Feld eingeben. Gerade als ich dem E-Mail-Support eine Nachricht in das Chatfenster geschrieben habe, bricht auch diese Seite zusammen. 

Einmalzahlung Studierende: Systemfehler
Ba-dum-tss.

Andere Studierende mit ähnlichen Erfahrungen

Meine Kommiliton*innen machen ähnliche Erfahrungen. Vielleicht klappt es in den nächsten Tagen, wenn der erste Andrang vorbei ist, besser. 

Die 200 Euro sind dringend nötig: Fast alle meiner Mitstudierenden halten sich mit Nebenjobs über Wasser. Nur einige wenige erhalten BAföG-Leistungen, obwohl das Geld knapp ist. Und auch die BAföG-Auszahlungsbeträge reichen häufig kaum aus, die hohen Mieten und gestiegenen Lebensmittelkosten zu decken.

Studierendenwerke kritisieren das seit Jahren, fordern deutlichere Erhöhungen der Sätze und neue Regeln für eine Förderung unabhängig vom Einkommen der Eltern. Laut Statistischen Bundesamt waren 2021 37,9 Prozent der Studierenden armutsgefährdet. Mehr als jeder Dritte hatte also weniger als 1.251 Euro netto im Monat zur Verfügung.

Unter denen, die allein oder in Wohngemeinschaften mit anderen Studierenden leben, waren es sogar fast drei Viertel – im Durchschnitt mussten sie etwa die Hälfte ihres verfügbaren Einkommens allein für die Wohnkosten aufbringen. 

Bis heute kaum Entlastung zu spüren

 Das dritte Entlastungspaket hatte ein Volumen von rund 65 Milliarden Euro. Rund 700 Millionen Euro, etwa ein Prozent, kostet die Finanzspritze für Studierende.

Zum Vergleich: Allein die Kosten für die umstrittene Spritpreisbremse betrugen nach Angaben des Bundesfinanzministeriums mehr als viermal so viel. 

"Das dritte Entlastungspaket ist eine wichtige Antwort auf die Krise", sagte Robert Habeck im September letzten Jahres.

"Grundlage ist ein entscheidendes Prinzip: Wer weniger verdient, wird absolut mehr entlastet." Meine Kommiliton*innen und ich spüren bis heute wenig davon. 

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