Ohne Ukraine-Krieg und Energiemangellage wären die deutschen Atomkraftwerke bereits zum Jahreswechsel vom Netz gegangen - nun soll es diesen Samstag (15. April) soweit sein. Doch nur wenige Tage vor dem Abschalttermin schenken sich Befürworter und Gegner der Kernkraft in harten medialen Debatten nichts.

Umweltschützer wollen mit den "Märchen über die Atomenergie" aufräumen, der bayerische FDP-Chef Martin Hagen kritisierte die Grünen und nannte die geplante Abschaltung von Isar-2 einen Fehler.

Bund Naturschutz: Bayern verbreitet Falschinformationen über Atomkraft

Der Bund Naturschutz (BN) in Bayern und Greenpeace warfen der bayerischen Staatsregierung vor, "bewusst Falschinformationen über Atomkraft" zu verbreiten. Die drei aktiven Atomkraftwerke seien mit einem Anteil von unter fünf Prozent an der Stromerzeugung zur Sicherung der Stromversorgung in Deutschland nicht nötig, sagte die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin: Zudem sei Atomstrom nur deshalb billig, weil externe Kosten wie Neubau und Endlagerung herausgerechnet würden.

BN-Vorsitzender Richard Mergner appellierte "an die Parteivorsitzenden von CSU, Freien Wählern und FDP in Bayern", das Aus des Atomzeitalters zu akzeptieren. Atomenergie sei "hochgefährlich" und viel zu teuer.

Der Greenpeace-Atomkraftexperte Heinz Smital sagte, Atomkraftwerke seien nicht für die Klimakrise gerüstet, weil sie enorme Mengen an Kühlwasser benötigten.

Auch Kemfert sagte, die Situation in Frankreich vergangenen Sommer, als zahlreiche AKWs vom Netz gehen mussten, habe gezeigt, dass Atomkraft nicht zuverlässig sei.

FDP spricht von "sauberer Kernkraft"

Der bayerische FDP-Vorsitzende und Fraktionschef Martin Hagen sagte, mit der Abschaltung von Isar-2, Neckarwestheim-2 und Emsland verspielten die Grünen "ihre Glaubwürdigkeit als Klimaschutzpartei". Zwar gehöre die Zukunft den Erneuerbaren, aber aktuell sei man noch "auf konventionelle Kraftwerke" angewiesen. Angesichts des Klimwandels sei es falsch, wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wegen einer "irrationalen Blockadehaltung" auf "schmutzige Kohle" statt auf "saubere Kernkraft" zu setzen.

An diesem Donnerstag (13. April) kam eine Delegation der Staatsregierung an den Isar-2-Standort Essenbach bei Landshut. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) informierte sich mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) über die aktuelle Lage am Kernkraftwerk.

Renate Hanglberger, dritte Bürgermeisterin in Essenbach, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), sie sei froh über den finalen Atomausstieg.

"Für mich war immer klar: Streckbetrieb wegen der Energiemangellage ja, neue Brennelemente nein",

sagte die ÖDP-Marktgemeinderätin und auch Bio-Landwirtin. Sie kenne zahlreiche Mitarbeitende des AKWs. "Die haben immer alle einen guten Job gemacht und waren verantwortungsbewusst", erläuterte sie. Dennoch sei die Atomkraft eine Hochrisikotechnologie und die Endlagerung ungeklärt.

Die drei letzten deutschen AKWs sollten laut Atomgesetz eigentlich bereits Ende 2022 abgeschaltet werden. Unter dem Druck der Opposition und einer möglichen Energiekrise hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) jedoch den Weiterbetrieb bis zum 15. April angeordnet.

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