Der zweifache Mord in Aschaffenburg hat viele Menschen tief erschüttert. Solche Gewalttaten, die aus dem Nichts über unschuldige Menschen hereinbrechen, hinterlassen nicht nur physische Zerstörung, sondern auch tiefe seelische Wunden – bei den Betroffenen, ihren Angehörigen und in der Gesellschaft als Ganzem. Gerade in solchen Momenten erwarten wir von Journalist*innen eine sensible Berichterstattung, die die Tragödie ernst nimmt, die Opfer in den Mittelpunkt stellt und gleichzeitig die Hintergründe nüchtern beleuchtet.

Barbara Ecke, eine erfahrene Journalistin des Bayerischen Rundfunks, sah sich nach ihrer Berichterstattung über den Anschlag in Aschaffenburg heftiger Kritik ausgesetzt. Eine unglücklich gewählte Formulierung stieß bei vielen Menschen auf Unverständnis und löste einen Sturm der Entrüstung aus.

Sinngemäß sagte sie, der Mordfall habe "eine gewisse Dramatik" und sei "interessant", "spannend" und "eher ungewöhnlich". Solche Worte wirkten auf viele Zuschauer*innen wie eine Verharmlosung oder gar Faszination des Grauens. Statt das unfassbare Leid der Opfer und ihrer Angehörigen in den Mittelpunkt zu rücken, schien die Aussage der Schwere der Tat nicht gerecht zu werden.

Kritik an der Wortwahl absolut berechtigt

Es wäre absolut berechtigt gewesen, die Wortwahl von Barbara Ecke zu kritisieren und über mehr Sensibilität in der Berichterstattung zu diskutieren. Doch statt einer sachlichen Auseinandersetzung folgte ein digitaler Shitstorm, der alle Grenzen des Anstands überschritt.

In den sozialen Medien wurde nicht nur ihre fachliche Kompetenz angezweifelt, sondern auch ihre Persönlichkeit und ihr Charakter beleidigt. Kommentare wie "Geisteskrank, wie diese Frau über so etwas spricht" oder "Ein asoziales Produkt, das wir mit unseren Gebühren finanzieren" waren keine Seltenheit. Manche forderten sogar, sie solle ihren Beruf aufgeben oder "nie wieder ein Mikrofon in die Hand nehmen". Einige warfen ihr gar eine "kriminelle Verharmlosung" der Tat vor.

Solche Reaktionen sind völlig unverhältnismäßig. Sie ignorieren, dass Barbara Ecke live berichtete – unter großem Druck, der die Wahrscheinlichkeit von Fehlern erhöht. Ein Fehler wird hier nicht als menschlich, sondern als unverzeihlich angesehen. Doch wer von uns ist fehlerfrei? Natürlich erwartet man von Journalist*innen Professionalität und Sensibilität, doch live vor Ort zu berichten, ist eine besondere Herausforderung. Anders als bei aufgezeichneten Beiträgen gibt es keine zweite Chance, um eine unglückliche Formulierung zu korrigieren.

Welle des Hasses ist Ausdruck problematischer Dynamik

Die folgende Welle des Hasses gegen Barbara Ecke ist Ausdruck einer problematischen Dynamik der sozialen Medien. Sie verstärkt Entgleisungen und schafft ein Klima der Angst: Schon kleinste Fehler können zu einer Hetzjagd führen, die die berufliche Existenz und das persönliche Umfeld zerstören kann. Dabei sind Fehler menschlich – der Umgang damit zeigt, wie wir als Gesellschaft mit Menschlichkeit und Mitgefühl umgehen.

Anstatt Journalist*innen wie Barbara Ecke zu verteufeln, sollten wir uns auf die eigentlichen Fragen konzentrieren:

  • Wie können Medien sensibler über Tragödien berichten?
  • Wie gelingt es, die Opfer in den Mittelpunkt zu stellen, ohne ins Sensationelle abzugleiten?
  • Und war es wirklich nötig, live vor Ort zu berichten?

Barbara Eckes Wortwahl war unpassend, keine Frage. Doch sie war garantiert nicht absichtlich verletzend. Es ist unsere Aufgabe, Kritik sachlich und fair zu äußern – ohne in Hass und Empörung abzugleiten.