Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat nach Bekanntgabe seines Urteils Anfang Juni dieses Jahres zu Klagen und Beschwerden gegen den umstrittenen "Kreuzerlass" der Staatsregierung nun die Begründungen vorgelegt. Die Klagen des Bundes für Geistesfreiheit Bayern und München zur Aufhebung des Erlasses und auf Entfernung der Kreuze (Az: 5 N 20.1331 und Az: 5 B 22.674) seien zwar "zulässig, aber unbegründet", teilte der BayVGH am Dienstag mit.

Konkret führte der BayVGH aus, dass durch den Erlass und "das Anbringen von Kreuzen das objektiv-rechtliche Neutralitätsgebot des Staates nicht gewahrt" werde, da das Kreuz "als Symbol christlich-religiöser Überzeugung" und nicht nur als Ausdruck der christlich geprägten abendländischen Kultur anzusehen sei. Diese Tatsache begründe jedoch noch keine einklagbaren subjektiven Rechte.

Einen Abwehranspruch könnten die Kläger nur dann geltend machen, wenn ihre Grundrechte verletzt wären.

Den obersten bayerischen Verwaltungsrichtern zufolge liege durch den Kreuzerlass aber keine Verletzung der Kläger in ihrem Grundrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit oder in ihrem Recht auf Gleichbehandlung vor. Anders als etwa bei Kreuzen in Klassenzimmern seien die Kreuze nach dem Kreuzerlass "im Eingangsbereich der Dienstgebäude, also in einem Durchgangsbereich angebracht" worden. Behördenbesucher seien also nur flüchtig mit solchen Kreuzen konfrontiert.

Der Bund für Geistesfreiheit Bayern und München zeigte sich überrascht - zwar weniger über den Inhalt der Klagebegründung, als über die Tatsache, "dass die Presse vor den Klägern Bescheid weiß", sagte Michael Wladarsch vom Bund für Geistesfreiheit Bayern. Assunta Tammelleo vom Münchner Bund für Geistesfreiheit sagte, alle Kläger seien weiterhin überzeugt:

"Wer ein Kreuz im Eingangsbereich aufhängt, will, dass man es wahrnehmen muss - ob flüchtig oder nicht ist dann erst einmal egal."

Tammelleo sagte, man habe das Verfahren vor dem BayVGH als fair empfunden - gleichwohl habe man schon vor dem Urteil am 1. Juni erwartet, keinen Erfolg zu haben. "Aber nicht, weil wir nicht im Recht sind, sondern weil auch die höchsten bayerischen Richter bei diesem Thema nicht entscheiden wollen." Bei der Angelegenheit handle es sich um einen "ideellen Rechtsstreit", den man wohlüberlegt begonnen habe: "Und einen solchen Rechtsstreit geht man aus Überzeugung bis zum Schluss."

Neben dem Bund für Geistesfreiheit hatten auch 25 Einzelpersonen gegen den Kreuzerlass geklagt. Deren Klagen seien aber "mangels Klagebefugnis bereits unzulässig", erläuterte der BayVGH. Gegen die Urteile vom 1. Juni können der Bund für Geistesfreiheit Bayern und München Revision, die 25 Einzelpersonen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht einlegen. Gegen das Unzulässigkeits-Urteil gegen die 25 Einzelpersonen gibt es keine Rechtsmittel.

Die Kläger hatten sich gegen den 2018 in Kraft getretenen Paragrafen 28 der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern gewandt. Darin heißt es, dass im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns "gut sichtbar ein Kreuz anzubringen ist".