In knapp zwei Monaten finden in den USA Zwischenwahlen statt. Republikanische Politiker wollen anscheinend mit dem Thema "illegale Einwanderung" punkten. Ihr Vorbild Donald Trump hatte dazu Stimmung gemacht, vor allem mit Blick auf die Mauer an der 3.200 Kilometer langen Grenze zu Mexiko. Nun lassen die republikanischen Gouverneure der Grenzstaaten Texas und Arizona, Greg Abbott und Doug Ducey, Tausende "Illegale" weit weg in demokratisch regierte Gegenden transportieren.

Medienwirksames Polit-Theater

US-Präsident Joe Biden und die Demokraten seien schuld an der "löchrigen Grenze", so die Republikaner. Es sei ein medienwirksames Polit-Theater auf Kosten von Menschen, sagen dagegen deren Kritiker.

Der texanische Gouverneur Abbott hat in vergangenen Monaten mehr als 9.000 Migranten per Bus in die Hauptstadt Washington bringen lassen. Texanische Grenzorte seien überfordert, hieß es zur Begründung. Zwei Busse setzten Mitte September Migranten direkt vor der Residenz von Vizepräsidentin Kamala Harris ab. Migranten und Asylsuchende aus Texas und Arizona wurden auch nach New York City und Chicago gebracht.

Grausames Spiel mit Menschenleben

Aufsehen erregte der republikanische Gouverneur von Florida, Ron DeSantis. Der potenzielle Präsidentschaftskandidat orchestrierte Mitte September den Flug von 50 Migranten von Texas nach Martha's Vineyard im nordöstlichen Staat Massachusetts. Die Insel ist bekannt als Sommerrefugium der Oberen Zehntausend, von Hollywood-Prominenz bis Ex-Präsident Barack Obama. In Staaten mit einer liberalen Haltung zur Einwanderung sei "das Gras grüner" für Migranten, spottete DeSantis unter dem Gelächter seiner Zuhörer.

Laut republikanischer Rhetorik kümmern sich die Demokraten nicht um die US-Bürgerinnen und Bürger in den Grenzregionen. Dort würden Ressourcen strapaziert. Obamas Villa in Martha's Vineyard dagegen sei groß genug, "um mehrere tausende illegale Migranten unterzubringen", twitterte Trumps ehemaliger Einwanderungsberater Stephen Miller. Demokratische Politiker dagegen protestieren gegen das "grausame" Spiel der Republikaner mit Menschenleben.

Menschen belogen

Ein Sheriff in Texas erklärte derweil kürzlich im Sender CNN, er werde ermitteln, ob die Männer, Frauen und Kinder im Flugzeug nach Martha's Vineyard belogen worden seien. Viele seien bei der Ankunft verwirrt gewesen, erklärte der dort zuständige Polizeichef Bruce McNamee im Rundfunksender NPR.

Der aus Venezuela kommende Andres Duarte sagte, er sei ins Flugzeug gestiegen, denn "wenn man kein Geld hat und jemand bietet Hilfe an, bedeutet das viel". Die meisten Fliehenden kommen aus Guatemala, El Salvador und Honduras, viele auf der Suche nach Asyl und Zuflucht vor kriminellen Gangs. "Versagende kommunistische Regimes" in Venezuela, Nicaragua und Kuba seien verantwortlich für "eine neue Welle der Migration", erklärte Chris Magnus, Chef der Grenzschutzbehörde U.S. Customs and Border Protection (CBP).

Biden nicht sehr weit gekommen

Klar ist: Biden ist mit seiner Migrationspolitik nicht sehr weit gekommen. Die Zahl der Menschen, die in den USA Zuflucht und Asyl suchen, nimmt zu. Der Grenzschutz habe im August knapp 204.000 Migranten nach Überqueren der Grenze von Mexiko festgehalten, berichtete die Zeitung "Texas Tribune". Im Haushaltsjahr 2022, das am 30. September endet, rechne man mit 2,3 Millionen Stopps, 600.000 mehr als im Vorjahr. Die Betroffenen werden zurückgeschickt, inhaftiert oder sie dürfen Anträge auf Asyl- oder Aufenthalt stellen.

Die Einwanderungsdebatte tritt in den USA seit vielen Jahren auf der Stelle. Biden hatte nach Amtsantritt eine Reform und ein Konzept für "Mitmenschlichkeit und amerikanische Werte" vorgestellt. Dieses soll vielen der geschätzt zehn Millionen US-Bewohnerinnen und Bewohnern ohne Papiere Wege zur Legalisierung eröffnen und mit Hilfsprogrammen Grundursachen der Migration angehen. Republikanische Politiker forderten dagegen verstärkten Grenzschutz.

Auch Menschenrechtler kritisieren US-Präsidenten

Bidens Asyl- und Migrationspolitik stößt aber nicht nur bei Republikanern, sondern auch bei Menschenrechtlern auf Kritik. Die USA müssten ihre Praxis an der Grenze ändern und ein "humanes und würdevolles Aufnahmesystem" einrichten. Schutz suchende Menschen müssten prompt aufgenommen werden, forderte die NGO "Washington Office on Latin America".

Viele der mit Bussen abtransportierten Menschen werden, wie in Martha's Vineyard, vorübergehend von freiwilligen Helfern und Kirchen versorgt. Die Migranten hoffen auf ein Asylverfahren oder eine Aufenthaltsgenehmigung.