Bei den am Sonntag zu Ende gegangenen Europawahlen hatten Rechtsaußen-Parteien deutliche Zugewinne erzielt. In Deutschland kam die AfD auf 15,9 Prozent und wurde hinter der CDU zweitstärkste Partei. Aus den Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften kommen dazu verschiedene Reaktionen. 

Leiterin des Brüsseler EKD-Büros: Immerhin pro-europäische Mehrheit

Die Leiterin des Brüsseler EKD-Büros, Katrin Hatzinger, erklärt gegenüber Sonntagsblatt, der große Rechtsruck im Europaparlament sei ausgeblieben.

"Aber es ist vielfach die Stunde der Nationalisten."

Nicht nur das deutsche Ergebnis sei dabei aber "rein innenpolitisch" motiviert, glaubt Hatzinger. "Der Europawahlkampf hat mit seinen Themen nicht verfangen." Das Wahlverhalten der Erstwähler*innen, die vielfach AfD gewählt haben, alarmiere. Große Verlierer seien die Grünen und die SPD.  EU-weit indes seien es die Grünen und die Liberalen.

Immerhin gebe es aber eine pro-europäische Mehrheit, hebt Hatzinger hervor.  Ob die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Mehrheit der Mitte hinter sich vereinen könne, bleibe allerdings abzuwarten.

"Jetzt müssen erstmal viele Gespräche geführt werden."

Zudem sei noch unklar, ob die AfD wieder Anschluss finde und wie sich die rechts außen Fraktionen sortierten.

EKD stellt Initiative #VerständigungsOrte vor

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs stellte am Montag nach der Wahl die neue Initiative #VerständigungsOrte vor. Diese startet die EKD gemeinsam mit der Diakonie und der evangelischen Zukunftswerkstatt midi.

"Das Ergebnis der Europawahl zeigt erneut, wie groß die Polarisierungen in unserer Gesellschaft inzwischen geworden sind. Bloße Appelle reichen nicht - wir müssen miteinander reden", erklärt die Hamburger Bischöfin dazu.

Die Initiative #VerständigungsOrte soll Menschen mit unterschiedlichen Meinungen zusammenbringen. Auf einer Webseite zur Kampagne laden die Initiator*innen Kirchengemeinden, diakonische Einrichtungen und andere kirchliche Institutionen ein, ihre Türe zu öffnen und Orte der Verständigung anzubieten.

Besorgnis über AfD-Abschneiden bei Katholiken und Knobloch

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch zeigt sich über den hohen Stimmenzuwachs für die AfD bei der Europawahl am Sonntag enttäuscht. "Ich hatte vor diesem Urnengang die Hoffnung gehabt, dass die AfD nach allem, was allein in den vergangenen Monaten vorgefallen ist, in der Wählergunst verlieren könnte", sagt Knobloch laut einer Mitteilung.

Stattdessen müsse man erneut erkennen, dass "ein erschreckend großer Teil der Menschen mit Fakten und Argumenten im demokratischen Diskurs nicht mehr zu erreichen ist".

Knoblauch weist jedoch darauf hin, dass die breite Mehrheit unverändert die Demokratie gestützt und gegen die AfD gestimmt habe.

"Unsere Gesellschaft hat sich in den letzten Monaten gegen Extremismus in Bewegung gesetzt, und das macht mir Mut."

Das allein werde jedoch nicht reichen, "damit jüdische Menschen und andere Minderheiten ihr Vertrauen in die Stabilität dieser Demokratie auf Dauer nicht verlieren. Diese Gefahr ist sehr real, und zwar in ganz Europa".

Die politische Mehrheit in der Mitte müsse deshalb gestärkt und stärker in die Pflicht genommen werden, forderte Knobloch. 

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, äußert sich besorgt über das Erstarken der Rechtsaußen-Parteien in ganz Europa: 

"Dass die AfD in Deutschland als zweitstärkste Kraft aus den Europawahlen hervorgegangen ist, im Osten der Republik sogar als stärkste, ist ein Krisenzeichen für die liberale Demokratie."

(mit Material von epd)

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