"Ich will immer noch die Welt verbessern", sagt Adelheid von Guttenberg. Die 86-Jährige findet: "Der ungerecht verteilte Reichtum ist für mich das größte Problem." Die Sozialpädagogin war vor 40 Jahren Gemeindereferentin im Örtchen Stein bei Nürnberg, engagiert sich vielfach. Inspiriert vom Weltgebetstag der Frauen im Jahr 1969 initiiert sie in Stein die evangelische Frauenarbeit mit.

"Da bestand die große Hoffnung, dass sich etwas verändern kann", erinnert sie sich. Gleichzeitig seien die Armut im Globalen Süden und die ungerechten Handelsbeziehungen in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. Von Guttenberg marschiert bei den sogenannten "Hungermärschen" mit und beklagt die

"Wirkungslosigkeit vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank im Kampf gegen Hunger".

Günstige Kredite für Menschen im Globalen Süden

1982 ist dann das Jahr, in dem in Bayern eine Graswurzelidee konkret wird. Ein Förderkreis mit Sitz in Nürnberg will, dass Menschen im Globalen Süden günstige Kredite abseits des vorhandenen Geldverleihsystems bekommen. Auf diese Weise sollen sie finanzielle Hilfe zur Selbsthilfe bekommen. So können lokal neue Arbeitsplätze in ländlichen Gebieten entstehen. Außerdem lasse sich so die Rolle der Frauen vielfältig stärken, sind die Initiatoren überzeugt.

"Na klar, ich mach mit", ist für Adelheid von Guttenberg selbstverständlich und sie tritt mit der evangelischen Frauengruppe ein, "um ein Zeichen dafür zu geben, mit Geld verantwortungsvoll umzugehen". Es sei der Gesellschaft nicht bewusst gewesen, was mit angelegtem Vermögen passiert, erzählt sie. Schon in den 1970-er Jahren sei es ihr ein Dorn im Auge gewesen, dass über Banken Rüstungsprojekte mitfinanziert werden.

Nachhaltige Möglichkeit für private und institutionelle Anleger

Auf einer Tagung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) war die Idee einer nachhaltigen Anlagemöglichkeit entstanden. Private und institutionelle Anleger wie eben die Kirchen sollten mit ihrem Geld ihren Beitrag für eine gerechtere Welt leisten. In der Kirche wurde damals allerdings nur an Spendengelder gedacht. Das eigentliche Vermögen bis hin zu den Pensionsgeldern habe die Kirche ausgeklammert, erinnert sich von Guttenberg. Der vorherrschende Ton sei gewesen: "Den armen Afrikanern so viel Geld geben, das kann gar nicht gut gehen."

1975 wird der Vorläufer der heutigen Oikocredit Genossenschaft mit Sitz in den Niederlanden, die Ecumenical Development Cooperative Society, kurz EDCS, aus der Taufe gehoben. Damit gilt Oikocredit heute als Wegbereiter für nachhaltige Geldanlage und Entwicklungsfinanzierung. Sieben Jahre später startet der bayerische Förderkreis in Nürnberg, der heutige Oikocredit Förderkreis Bayern.

Von Guttenberg ist Vorsitzende des Oikocredit Förderkreis Bayern

Als sie für drei Jahre in Tansania arbeitet, begleitet von Guttenberg Frauen zum Markt, die mit Mais, Zucker oder Öl handeln. Dort lernt sie Guttenberg eine ganz andere Kultur im Umgang mit Geld kennen.

"Die Frauen haben das Geld untereinander und ohne Schuldtitel weitergereicht", stellte sie erstaunt fest. Danach sei das Geld wieder in einem gemeinsamen Topf der tansanischen Frauen gelandet.

Frauen gehen umsichtiger mit Geld um

Dass Frauen anscheinend umsichtiger mit Geld umgehen, sieht sie auch beim Besuch einer von Oikocredit finanzierten Kooperative mit rund 600 Kleinbauern in Ecuador. Zu dem Zeitpunkt ist von Guttenberg bereits erste Vorsitzende des bayerischen Förderkreises. Die Regeln bei der Kreditvergabe in dem südamerikanischen Land sehen vor, dass die Genossenschaft vor Ort nur Geld an Frauen vergibt. Den Hintergrund nennt sie schmunzelnd: "Männer kaufen sich mit dem Geld einfach ihr Moped."

Bis heute hat von Guttenberg einen kleineren fünfstelligen Betrag bei Oikocredit investiert. Am Anfang gab es unterdurchschnittliche zwei Prozent für die Einlagen. Dass die Zinsen etwa in den ersten beiden Coronajahren ganz ausgefallen sind, stört sie nicht.

"Die Existenzsicherung für die einzelnen Menschen im Globalen Süden ist das Allerwichtigste",

pflichtet sie - nach wie vor überzeugt - dem Ansatz von Oikocredit bei. Er sei angesichts des "grässlichen Krieges" Russlands in der Ukraine und der daraus resultierenden Weizennot sogar besonders wichtig.