Contra: Zumutungen auszuhalten gehört zum Urlaub

Ich erinnere mich noch, wie ich vor ein paar Jahren zum ersten Mal von Erwachsenenhotels erfuhr. Ich saß in einem dieser Shuttlebusse, die Tourist*innen vom Flughafen in die diversen Hotels bringen. An einer Haltestelle sah ich ein Schild mit der Aufschrift "Adults only". Mein erster Gedanke war: "Im Ernst?" 

Tatsächlich ist das auch heute noch mein Gedanke, wenn es um Hotels für Erwachsene geht. Ich will nicht so tun, als wäre ich der kinderfreundlichste Mensch der Welt. Ich habe selbst (noch) keine und ja, natürlich hat mich die Anwesenheit von Kindern in verschiedenen Zusammenhängen auch schon genervt. Ewig schreiende Kinder im Zug, quengelnde Kinder im Restaurant, ständig lärmende Kinder im Park. 

Das alles kann anstrengend sein. Meistens suche ich an diesen Orten Ruhe oder will mich aufs Essen konzentrieren. Auch im Urlaub, im Hotel, suche ich natürlich Ruhe und Entspannung. Und jetzt kommt das Aber: Bin ich wirklich so nervös, dass ich es nicht aushalte, wenn ein paar Kinder lachend in den Pool springen und sich nass spritzen?

Ja, auch in Hotels gab es schon Situationen, in denen mir Kinder auf die Nerven gegangen sind. Aber ich bin noch nie auf die Idee gekommen, dass es eine Lösung sein könnte, sie einfach zu verbannen. Ist es nicht eine vermessene Erwartungshaltung, wenn wir meinen, jede auch nur leichte Zumutung müsse von vornherein kategorisch ausgeschlossen und verhindert werden? 

Bedeutet wirkliche Erholung nicht, dass ich auch vorübergehende Unannehmlichkeiten ertragen kann, gerade weil ich so entspannt bin? Eine Vorstellung von Urlaub, die alles Unliebsame, Unbequeme einfach ausklammert, löst bei mir großes Unbehagen aus. Das Leben ist in vielerlei Hinsicht unvollkommen. Das auszuhalten, gerade im Urlaub, ist auf Dauer viel entspannender als der Versuch, alles vermeintlich Störende durch Verbote, Mauern und Kontrolle fernzuhalten.

Und überhaupt: Kinderlärm steht nun wahrlich nicht besonders weit oben auf meiner Liste von Dingen, die das Leben unangenehm machen. 

Pro: Traumurlaub für alle

In den letzten Jahren haben sich vor allem auf Urlaubsinseln wie Kos und Kreta zunehmend Erwachsenenhotels etabliert, die ausschließlich für Gäste ab 16 Jahren ohne Kinder zugänglich sind. Diese Entwicklung kann als kinderfeindlich angesehen werden. Letztlich bietet diese Art von Hotels aber sowohl Erwachsenen als auch Kindern die Möglichkeit, ihren eigenen Bedürfnissen nachzugehen.

Rein wirtschaftlich betrachtet sind Erwachsenenhotels eine Frage von Angebot und Nachfrage. Offensichtlich ist die Nachfrage enorm, so beliebt sind diese Hotels im Moment, also werden immer mehr angeboten und gut angenommen. Ich habe den Eindruck, dass die Spezifizierung in diesen Bereichen generell sehr gefragt ist. Es gibt Familien- bzw. Kinderhotels, Seniorenresidenzen, Jugendhäuser, Sporthotels, Wellnessresorts, Campingparks, Partyhotels, Feriendörfer und vieles mehr.

Offenbar sind Menschen im Urlaub gerne unter sich. Und "unter sich" heißt in diesem Fall unter Gleichgesinnten, die auf ähnliche Weise Urlaub machen wollen. Das ist einfach ideal, denn dann stört man sich nicht gegenseitig und das jeweilige Hotel kann sich viel besser auf seine Gäste und deren Bedürfnisse einstellen. Und dann gibt es natürlich noch eine Reihe von Unterkünften, die einfach für alle offen sind, beziehungsweise für niemanden speziell gedacht sind, wo alle Arten von Urlaubern zusammenkommen.

Ich bin dafür, dass jede*r die Art von Urlaub wählen kann, die er*sie möchte. Es gibt Menschen, die suchen im Urlaub Action und Spaß, andere suchen Ruhe und Erholung. Diese Menschen zusammen in ein Hotel zu stecken, ergibt einfach keinen Sinn, weil sie einander einschränken. Kinder suchen bekanntlich relativ selten Ruhe, sondern toben gerne, spielen im Wasser. Das ist auch völlig in Ordnung. Gerade im Urlaub, wenn alles aufregend und neu ist, sollen Kinder laut und aufgeregt sein dürfen. Aber warum sollen Erwachsene, die nicht mit Kindern reisen, an dieser Aufregung teilhaben, wenn sie es nicht wollen?

Es klingt vielleicht etwas seltsam, aber ich finde es nicht schlimm, wenn man ab und zu ein bisschen egoistisch ist. Damit meine ich nicht, dass man die Ellenbogen ausfährt und ohne Rücksicht auf andere macht, was man will. Sondern dass man, wenn man sich schon eine Auszeit von der Arbeit und dem Alltag nimmt und dafür meist auch noch ein Heidengeld ausgibt, seinen Urlaub ruhig so gestalten kann, wie man es eben möchte.

Ich weiß jedenfalls eines: Ich werde dieses Jahr meinen Urlaub in einem Erwachsenenhotel auf einer griechischen Insel genießen und nächstes Jahr wieder mit mehreren Familien in den Abenteuer-Spaß-Urlaub fahren und lautstark mit den Kindern herumalbern. Und ich werde beide Male kein schlechtes Gewissen haben.

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