Bei den Schuldnerberatungen hat die Zahl der Klienten mit Niedrigeinkommen "explosionsartig" zugenommen. Gerade bei dieser Gruppe würden sich gestiegene Preise für Butter oder Gemüse, höhere Mieten und hohe Benzin- und Energiekosten besonders auswirken, sagte der Leiter der Nürnberger Schuldnerberatungsstelle ISKA (Institut für soziale und kulturelle Arbeit gGmbH), Michael Weinhold, dem Sonntagsblatt.

Schmales Budget führt ins Dilemma

Ratsuchende mit schmalem Haushaltsbudget würden sich oft in einer Dilemma-Situation befinden, beschreibt Weinhold deren Lage. Der Spielraum, irgendwo einzusparen, sei gering bei Menschen, die schon gar nicht mehr in den Urlaub fahren oder sich überhaupt kein neues Auto leisten könnten, das weniger Sprit brauche. Der Preis für Dieselkraftstoff beispielsweise sei aber im vergangenen Jahr um 52 Prozent gestiegen.

Der Experte, der auch stellvertretender Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberater-Verbände in Deutschland (AG SBV) ist, sagte, "wenn es Spitz auf Knopf aufgeht, schauen wir ganz genau, wo wir noch einen Posten finden können, bei dem der Betroffene günstiger wegkommt". Er verweist auf geänderte verbraucherfreundlichere Gesetze bei mehrjährigen Verträgen für das Mobiltelefon oder das Fitnessstudio, die heutzutage nicht mehr automatisch mehrere Jahre verlängert werden dürften.

Hohe Mieten sind gefährlich

Auch hohe Mieten treiben eine Überschuldungsgefahr an. Aber eine billigere Wohnung zu finden sei schwer, räumte Weinhold ein. Im Durchschnitt würden überschuldete Haushalte in Deutschland 38 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufwenden, erklärt er. In der Gesamtbevölkerung macht dieser Ausgabeposten durchschnittlich 22 Prozent aus, geht aus statistischen Zahlen hervor.

Die Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik ist nicht angestiegen, aber Arbeitslosigkeit ist weiter der zentrale Hauptauslöser für eine Überschuldung, erklärte Weinhold. Bei 43 Prozent aller Fälle, die in der Schuldnerberatung ankommen, sei dies der Grund. In der Corona-Zeit habe sich bei manchen die Lage zugespitzt.

Auch die Zahl der Solo-Selbständigen, die Schulden nicht mehr zurückzahlen könnten, nehme zu. Bis die Betroffenen aber bei einer Schuldnerberatung landen, vergehe oft einige Zeit, erklärte Weinhold:

"Es ist immer eine länger Kaskade, bis ein Kredit nicht mehr bezahlt werden kann".

Die gestiegenen Lebensmittelpreise seien in den Beratungen heute noch kein zentrales Thema.