Als "WenDo" wird Selbstverteidigung und Selbstbehauptung für Frauen, Mädchen und TINA (Trans-, Inter-, Nichtbinäre-, Agender-Personen) bezeichnet. In Nürnberg bietet der gemeinnützige Verein Aura Kurse an. Am 18. September ruft er ab 14.15 Uhr zu einer Kundgebung vor dem Nürnberger Rathaus auf. Birgit Metz arbeitet seit mehr als 30 Jahren als Kursleiterin für den Verein und erklärt im Gespräch, warum das Angebot eine ausreichende Finanzierung braucht.

"Hier geht es darum, dass die Frau lernt, ihre Gefühle ernst zu nehmen"

Frau Metz, was lernen Frauen und Mädchen in Ihren Kursen?

Birgit Metz: Unser Vereinszweck ist die Prävention, also Gewalt zu verhindern. Dafür ist es notwendig, dass Frauen, Mädchen und TINA-Personen ihre eigenen Grenzen spüren lernen, die ernst nehmen und frühzeitig auf Situationen reagieren. Ein Beispiel wäre, dass eine Frau das Gefühl hat, sie wird verfolgt. Ein Mann hat sie vielleicht schon im Supermarkt beobachtet, sie verlässt den Supermarkt und hat ein schlechtes Gefühl. Kurz bevor sie zu Hause ankommt, wird sie von dem Mann belästigt oder attackiert. Hier geht es darum, dass die Frau lernt, ihre Gefühle ernst zu nehmen, und Handlungsmöglichkeiten an die Hand bekommt. Das geht von Körpersprache, Stimme, sich Hilfe holen bis hin zu Notwehr. Es ist also ein ganzheitliches Konzept, kein reiner Selbstverteidigungskurs. Wir sind in Nordbayern die einzige Einrichtung, die solche Kurse anbietet. Ansonsten gibt es noch freie Trainerinnen.

Frauen Selbstbehauptung und Selbstverteidigung beizubringen, kann nur ein Baustein im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt sein. Was ist noch nötig?

Wir arbeiten mit Mädchen und Frauen, aber wer arbeitet mit den Jungs und den Männern an ihrem Rollenbild? Natürlich gibt es auch Jungs und Männer, die Opfer sind. Was alle gemeinsam haben, ist, dass wir Betroffene der patriarchalen Strukturen sind, die einfach sehr enge Rollenbilder vorgeben. Die Tendenz in unserer Gesellschaft ist, dass das verstärkt wird. Was es braucht, sind strukturelle Veränderungen. Für mich gehört der respektvolle Umgang miteinander auch in die Schule. Hinsehen, Haltung zeigen – das müssen wir noch viel mehr.

"Es ist ein Grundrecht, dass wir vor Gewalt geschützt werden"

Ihr Angebot wird vor allem von der Stadt finanziert, Sie müssen aber auch einen Teil selbst erwirtschaften. Am 18. September wollen Sie vor dem Nürnberger Rathaus für mehr Unterstützung werben. Warum an diesem Tag?

Dann soll im Nürnberger Stadtrat der kommunale Aktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention beschlossen werden. Das ist ein Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt. In dem Aktionsplan ist aber nicht vorgesehen, dass unser Verein endlich eine gute Basisfinanzierung bekommt. Wir müssen immer wieder Anfragen von sozialen Einrichtungen oder Firmen absagen, weil wir zu wenig Leute haben. Dazu steht bei uns ein Generationenwechsel an, wir müssen neue Kursleiterinnen ausbilden. Wenn es darum geht, tatsächlich eine Vergewaltigung zu verhindern, dann ist das kein "Nice to have". Es ist ein Grundrecht, dass wir vor Gewalt geschützt werden und es nicht ausschließlich dann Unterstützung gibt, wenn wir bereits Opfer geworden sind.

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