Schwangerschaftsratgeber mit selig lächelnden Frauen auf dem Cover, perfekt abgelichtete Kugelbäuche auf Instagram: Schwangerschaft wird gern als "ganz besondere Zeit" inszeniert. Schön soll sie sein. Doch nicht jede Schwangerschaft verläuft problemlos.

Zweite Schwangerschaft: Alles andere als reibungslos

In ihrer ersten Schwangerschaft lief für Jo Lücke (38) noch alles glatt: Weil die freiberufliche Autorin und Rednerin freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, kann sie sechs Wochen vor der Geburt aufhören zu arbeiten und bekommt Mutterschaftsgeld. Ein paar Monate nach der Entbindung kehrt sie wieder ins Erwerbsleben zurück. Doch ihre zweite Schwangerschaft lief für die Berlinerin alles andere als reibungslos. Lücke ist im fünften Monat schwanger, als sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr so weiterarbeiten kann, wie sie es geplant hatte.

In den folgenden Monaten ist sie nur eingeschränkt leistungsfähig und kann relativ wenig Geld verdienen. Die Kosten für Krankenversicherung, Altersvorsorge und Betriebsversicherungen in Höhe von mehreren hundert Euro im Monat laufen aber weiter. Als Selbstständige bekommt sie - im Unterschied zu angestellten Beschäftigten - in den ersten sechs Wochen Krankheit kein Geld. Lücke sagt:

"Ich hätte eine unkomplizierte Unterstützung bekommen müssen."

In Deutschland gibt es Regelungen, die Mütter vor finanziellen und gesundheitlichen Nachteilen vor und nach der Geburt eines Kindes schützen sollen: So gilt in den sechs Wochen vor und in den acht Wochen nach der Entbindung der Mutterschutz: In dieser Zeit darf ihr Arbeitgeber die Frauen nicht beschäftigen. Sie bekommen Mutterschaftsgeld, zusätzlich muss der Arbeitgeber den Betrag bis zur Höhe des Nettolohns aufstocken. Sind eine schwangere Mutter und ihr Kind im Job gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt, kann es auch außerhalb dieser Schutzfristen ein Beschäftigungsverbot geben. Auch dann wird weiter Lohn gezahlt.

Selbstständige Schwangere müssen Betrieb am Laufen halten

Ganz anders ist die Situation für Selbstständige: Die werdende Mutter muss den Betrieb am Laufen halten und manchmal auch dann weiterarbeiten, wenn es ihr nicht gut geht oder wenn ihr Job für sie oder ihr Kind gesundheitliche Risiken birgt. Kann sie nicht oder nur sehr eingeschränkt arbeiten, drohen finanzielle Einbußen. Diese können existenzbedrohend sein, sagt die selbstständige Tischlermeisterin Johanna Röh (34) aus der Nähe von Osnabrück.

Als angestellte Tischlerin hätte sie sofort ein Beschäftigungsverbot bekommen, schreibt die Handwerkerin in Petitionen an die Bundesregierung und den Bundestag. Sie fordert, Instrumente zu schaffen, die schwangerschaftsbedingte Betriebsschließungen verhindern: So sollten in der Mutterschutzphase Selbstständige mehr Geld erhalten. Bisher stehen ihnen nur maximal 13 Euro am Tag zu.

Fällt eine schwangere Unternehmerin mit ihrer Arbeitskraft aus, sollten Betriebshelferinnen nach dem Vorbild der Landwirtschaft unkompliziert und kostenfrei aushelfen können, fordert Röh. Das Krankentagegeld sollte bei Krankschreibung aufgrund von Schwangerschaftsbeschwerden ab dem ersten Krankheitstag gezahlt werden. Mehr als 190.000 Unterzeichnerinnen unterstützen die Petitionen bisher.

Ohne Hilfe nicht zu schaffen

Bis anderthalb Wochen vor der Geburt sei sie mit auf Baustellen gewesen, erzählt Röh. In den ersten Wochen nach der Geburt steht ihre Tischlerei still. Laufende Betriebskosten muss sie trotzdem decken - 1.200 Euro im Monat. "Ich zahle drauf", sagt die Mutter des inzwischen achtwöchigen Babys. Ohne die Hilfe ihres Partners und einer Stiftung würde sie es nicht schaffen.

Bei Selbstständigen fällt die Zeit von Familien- und Unternehmensgründung häufig in dieselbe Lebensphase. "Viele Frauen gründen mit Ende 20, Anfang 30. Die wenigsten haben großes Kapital im Hintergrund, Einnahmen fließen direkt ins Unternehmen", sagt Anke Janetzki, Sprecherin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen.

Gleiche Rechte im Mutterschutz für selbstständige Schwangere vom 06.05.2022

Petition 133680

Mutterschutzgesetz

 

Selbstständige Schwangere müssen den gleichen gesetzlichen Mutterschutz genießen wie Angestellte. Eine Schwangerschaft darf keine Existenzbedrohung darstellen oder zu einer Chancenungleichheit auf dem Arbeitsmarkt führen. Vor allem für Gründerinnen, Chefinnen in investitionsintensiven Branchen und Selbstständige in körperlich arbeitenden Berufszweigen müssen Instrumente geschaffen werden, die schwangerschaftsbedingte Betriebsschließungen verhindern

https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2022/_05/_06/Petition_133680.nc.html