Es ist mehr als 20 Jahre her, dass die Eltern der Kindergartengruppe in Winkelhaid bei Nürnberg eine Theateraufführung für ihre Kinder auf die Beine stellten. Doch dabei blieb es nicht. Gemeinsam mit einer Erzieherin des integrativen Hauses für Kinder gründeten sie die Theatergruppe "Chamäleon". Seit 15 Jahren kümmert sich Theaterchefin Claudia Borchert um Regie, Bühnenbild und Kostümentwürfe. Inzwischen stehen auch einige der Kindergartenkinder aus der Gründungszeit selbst mit auf der Bühne.

Das Theater hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert, sagt Borchert: "Die Stücke sind immer anspruchsvoller und länger geworden." Die Zielgruppe habe sich erweitert - sie reicht heute von fünf bis zwölf Jahren. Und auch die Zusammensetzung der Theatergruppe hat sich gewandelt. "Anfangs haben nur die Eltern der Kindergartenkinder mitgespielt", sagt Borchert. Von den Gründungseltern sind nach wie vor noch einige dabei. Aber heute sei die Gruppe vielfältiger - auch "Externe" ohne Kindergartenbezug seien dabei.

Selbstbewusstsein durch Kindertheater

Eines der "Gründungs-Kindergartenkinder" ist Eva Köhler. Die heute 25-Jährige aus Winkelhaid arbeitet inzwischen selbst als Erzieherin. Sie verbindet mit dem Kindertheater viele positive Erinnerungen. "Durchs Theaterspielen bin ich auf jeden Fall selbstbewusster geworden", sagt Köhler. Durchs Theaterspielen und das Lob dabei habe sie ihre Schüchternheit abgelegt:

"Auf der Bühne konnte ich in eine andere Rolle schlüpfen und auch mal schreien oder schimpfen. Das hat sich positiv auf mein ganzes restliches Leben ausgewirkt."

Bereits als Kind hat sie immer ihrer Mutter beim Theaterspielen zugesehen. "Das hat mich in gewisser Weise geprägt, da ich dadurch immer in eine andere Welt eingetaucht bin", erinnert sich Köhler. "Außerdem fand' ich es immer sehr cool, dass meine Mutter so tolle Rollen gespielt hat." Das habe sie mit 16 Jahren dazu inspiriert, selbst mit dem Theaterspielen anzufangen. "Ich habe bereits bei ein paar Stücken mitgespielt", sagt sie. Zuvor habe sie schon immer bei den Vorbereitungen mitgeholfen. Vor einigen Jahren musste sie wegen Ausbildung und Arbeit eine Theaterpause einlegen. Doch jetzt will sie wieder einsteigen.

"Ich habe wieder Lust, Kinderherzen zu begeistern und möchte deswegen im neuen Stück des Chamäleons wieder mitspielen."

Köhler sieht das Theater als Bereicherung für Kinder. Sie würden auf ganz verschiedenen Ebenen gefördert. Egal, ob im Publikum oder auf der Bühne: Theaterspielen fördere Fantasie, Sprache und Kreativität, es vermittle Hilfsbereitschaft und Empathie und stärke das Selbstbewusstsein.

Kindern Kunst näherbringen

Gerd Taube, Leiter des deutschen Kinder- und Jugendtheaterzentrums (KJTZ) in Frankfurt am Main, sieht das ähnlich. Es gehe darum, den Kindern "eine erste ästhetische Erfahrung" zu ermöglichen sowie ihnen "Kunst näherzubringen". Dabei gehe es nicht in erster Linie um pädagogische Zwecke. "Der Lerneffekt kann zwar angeregt, aber nicht hergestellt werden", betont er. Kinder- und Jugendtheater wollten nicht pädagogisch sein, sondern zum Selbstdenken und Hinterfragen anregen, was wiederum die Persönlichkeitsbildung voranbringe.

Auch für Borchert muss es "nicht immer eine Moral" geben: "Am wichtigsten ist eine schöne Geschichte, die den Kindern Freude bereitet." Auf psychologischer Ebene erfüllen Theaterstücke laut Taube aber durchaus eine Funktion. Zum Beispiel, wenn Kinderfiguren in prekären Situationen leben, die Elternrolle übernehmen müssen, als stark präsentiert werden, "sozusagen wie eine Art Überlebensstrategie", erläutert der Experte. Besonders Kinder, die sich in ähnlichen Situationen befänden, könnten sich damit sehr gut identifizieren.

Beim "Chamäleon" haben sie das nächste Stück bereits in Planung. "Aktuell haben wir eine kleine Pause eingelegt", sagt Borchert. Im Frühjahr starten dann die Proben für das Stück "Achtung, Räuber!" von Carolin Jelden - bereits zum zweiten Mal. Denn den ersten Anlauf musste das Theater krankheitsbedingt abbrechen.

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