In Israel ist Ende Dezember ganz normaler Alltag. Es hat so um die 15 Grad, regnet vielleicht ein bisschen, doch keine Spur vom Winter, wie wir ihn kennen. Melanie Mordhorst-Mayer, lebt seit vielen Jahren in Israel. Sie ist Pfarrerin in der deutschen evangelischen Gemeinde in Jerusalem und erlebt Weihnachten dort ganz anders als in Deutschland. Es gibt keinen Weihnachtsschmuck, keine Weihnachtsmusik und keine Plätzchen oder Lebkuchen. Das Leben geht ganz normal weiter.

"Dass so ein paar Christinnen und Christen Weihnachten feiern, das fällt in der großen Gesellschaft hier gar nicht so auf."

Seit sieben Jahren ist die Pfarrerin zuständig für die deutschen Theologiestudenten, die im Rahmen des Programms "Studium in Israel" an der Hebräischen Universität jüdische Religion studieren. Sie hat hat vor 20 Jahren als Studentin das erste Weihnachten im Heiligen Land erlebt, so wie Nike aus Starnberg und Marius aus Neuendettelsau dieses Jahr.

Weihnachten Jerusalem
Marius, Nike und Melanie Mordhorst-Mayer auf dem Campus der Hebräischen Universität in Jerusalem mit Blick auf die Auguste Viktoria Kirche auf dem Ölberg kurz vor Weihnachten.

Christen mit unterschiedlichen Traditionen

Die beiden werden Weihnachten in Jerusalem verbringen, weit weg von zuhause. Trotz der völlig anderen Atmosphäre hier war Nike war schon früh in Weihnachtsstimmung: 

"Jerusalem hat mich gepackt, weil hier so viele Orte sind, die man mit der biblischen Geschichte verknüpft." 

Und auch den Weihnachtsbazar mit Glühwein und Würstchen in der Gemeinde mitten in der Jerusalemer Altstadt fand sie klasse. Bei Marius schwankt die Stimmung, sie ist mal mehr mal weniger weihnachtlich. Er findet die Zeit sehr spannend, weil eben die Gesellschaft vorwiegend nicht christlich ist. Und doch begegnet er immer wieder Christen, auch mit ganz unterschiedlichen Traditionen, wie die arabischen oder armenischen Gemeinden in der Jerusalemer Altstadt.

An Heiligabend findet immer ein festliches Essen in der Gemeinde satt. Volontäre, Studenten, Deutsche, die hier leben sind eingeladen. Danach gibt es mehrere Gottesdienste – und dann kommt der Höhepunkt des Abends.

An Heiligabend von Jerusalem nach Bethlehem pilgern

Los geht’s in der Altstadt von Jerusalem, 9 Kilometer bis zur Geburtsstadt Jesu. Auf den Spuren von Maria und Joseph wird an drei  Stationen Andacht gefeiert, Weihnachtslieder gesungen und die Weihnachtsgeschichte erzählt. 

"Wenn es regnet, dann wird der Weg schwer und es ist ein Trost, dass man nicht im neunten Monat schwanger ist und nun bald niederkommen soll, sondern nur seinen Rucksack trägt."

So hautnah die ganze Geschichte zu erfahren ist für Melanie jedes Jahr ein unvergessliches Erlebnis. Nach der Ankunft feiern die Christinnen und Christen Gottesdienst in der Geburtskirche. Bethlehem erstrahlt im Glanz von 15 Meter hohen Weihnachtsbäumen und tausenden von Lichtern.

Für die Stadt ist Weihnachten das Fest des Jahres, das lukrativste Fest. Das ganze Jahr bereiten sich die Einheimischen darauf vor mit aus Olivenholz geschnitzten Krippen, reichhaltigem Speisen und Süßigkeiten, allerhand Souvenirs und alle sind ganz aufgeregt.

Die Stimmung in Betlehem an Heiligabend ist einzigartig - feierlich und sehr lebhaft

Von Stille keine Spur. Es ist laut und viel Trubel. Spielmannszüge mit Dudelsack und Trommeln ziehen durch die Stadt und spielen Weihnachtslieder und begleiten den Einzug der geistlichen Würdenträger in die Kirchen. Die Stimmung in Bethlehem ist an diesen Tag ganz besonders, "das muss man erleben, das kann man gar nicht beschreiben", so die Pfarrerin.

Viele christliche Familien und Touristen aus dem ganzen Land feiern mit. Dabei muss jeder durch den Checkpoint der israelischen Grenzposten, denn Betlehem liegt in den palästinensischen Gebieten. Probleme gibt es da nach der Erfahrung von Melanie nie, denn die Soldaten kennen das schon: 

"Die Soldatinnen und Soldaten spüren auch so etwas von der Atmosphäre der Weihnacht."

Unter die 200 Menschen, die mitwandern, mischen sich auch Jüdinnen und Juden. Für Israelis ist der Besuch in Betlehem aus Sicherheitsgründen eigentlich verboten. Für sie ist es die Chance, einmal einen Blick auf die andere Seite der Mauer zu werfen  – und in Frieden mitzufeiern.