Wu Xiaoxin ist seit mittlerweile zweieinhalb Jahren in Deutschland. Die 25-Jährige hat zuvor in China Germanistik studiert. "Deswegen wollte ich auch nach Deutschland, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern", sagt sie fröhlich im Interview in der christlichen Kneipe "Täubla" in Naila.

CVJM statt Konfuzius Institut

Eigentlich wollte sie am Konfuzius Institut in Erlangen ein Praktikum absolvieren, aber dann kam das Angebot vom CVJM und führte bis zu ihrem jetzigen Einsatzort im Rahmen ihrer Ausbildung zur Erzieherin und Jugendreferentin nach Naila. Für Xiaoxin ist es immer noch "ein Wunder Gottes", dass alles so geklappt hat. Der Weg zum christlichen Glauben war für sie nicht einfach. Ihre Familie ist nicht christlich geprägt, und in ihrer "kleinen" Heimatstadt, wie sie die Sieben-Millionen-Stadt Zhanjiang bezeichnet, gibt es nur eine kleine christliche Gemeinde.

"Meine Schule hat sich ganz in der Nähe dieser Kirche befunden. Aber ich wusste nicht was es dort mit diesen ›Christen‹ auf sich hatte."

Auch von den Lehrern wurden die Schüler häufiger ermahnt, nicht zu dieser "Sekte" zu gehen. Christen haben es in China generell schwieriger im Privat- und Berufsleben. Dem überkonfessionellen christlichen Hilfswerk Open Doors zufolge werden Christen - und auch Anhänger anderer Religionen - vom kommunistischen Staatsapparat Chinas bedrängt. Religionen würden von der Kommunistischen Partei "als Bedrohung angesehen". Die Partei verfolge eine Politik der "Sinisierung" der Kirchen, schreibt Open Doors auf seiner Internetseite. Das bedeutet eine immer stärkere Kontrolle durch die Partei verbunden mit einer Angleichung an deren "Werte und Ziele". Drohungen, tätliche Angriffe oder Anzeigen gegen religiöse Menschen sind keine Seltenheit.

Mit 19 Jahren ging es dann zum Studieren nach Guangzhou, eine 18-Millionen-Metropole. Dort kam sie auch zum ersten Mal mit dem CVJM, oder wie er international heißt: YMCA, in Kontakt. Aus Neugier schaute sie dort vorbei, und gerade zu der Zeit waren auch zwei Deutsche vor Ort, die dort ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) abgeleistet haben. Xiaoxin konnte mit ihnen Deutsch üben, "und dazwischen haben sie mir ganz viel über das Christentum und über ihren Glauben erzählt". Aber sie hat sich nicht gleich vom Christentum überzeugen lassen:

"Ich habe zwei Jahre gebraucht, um an Gott zu glauben."

Eine "Wegweiserin" zum Glauben war eine junge Deutsche, die auch ein FSJ in Guangzhou absolvierte. Mit ihr besuchte Xiaoxin regelmäßig Veranstaltungen und Gottesdienste im CVJM.

"Ich war sehr neugierig und auch sehr offen. Sie hat mir ganz viele Fragen beantwortet. Ihre Aussage 'Gott liebt dich', die konnte ich einfach nicht glauben – er kennt mich doch gar nicht!"

Glaube an Gott manifestierte sich bei Xiaoxin 

Trotzdem manifestierte sich immer mehr der Glaube zu Gott bei Xiaoxin, auch wenn es anfangs sicherlich misstrauische Blicke auch von ihren Freunden gab. Durch ihre Mitarbeit im YMCA lernte sie viele Menschen kennen. Als eine Delegation des CVJM Nürnberg nach Guangzhou kam, war Xiaoxin für die Gruppe verantwortlich und zeigte ihnen ihre Heimat. Als die Frage aufkam, ob sie sich denn vorstellen könne, in Deutschland ein FSJ zu absolvieren, konnte sie es anfangs gar nicht glauben.

"Sie haben mich beobachtet, aber ich hatte gar keine Ahnung. Ich dachte, sie sind einfach ältere Schüler, aber keine Funktionäre."

Für Xiaoxin war nach Rücksprache mit ihrer Mutter sofort klar, das Angebot anzunehmen. "Ich konnte mit diesem einmaligen Angebot meinen Glauben vertiefen und mein Deutsch verbessern."

Kurze Zeit später ging es dann für die junge Chinesin nach Nürnberg. Eine Zeit, die Xiaoxin sehr prägen sollte. Ein fremdes Land, eine neue Kultur, aber die 25-Jährige begeisterte die Menschen mit ihrer offenen Art. Nach ihrem FSJ war ihr sofort klar, dass sie noch weitermachen möchte in Deutschland. Ein Studium sollte es sein. "Ich war sehr hochnäsig und wollte einfach an die Uni." Aber es war nicht die richtige Entscheidung, was ihr bereits nach ein Woche klar wurde.

Gott ließ sie ihre Entscheidung selbst treffen

Der neue Weg über eine Kolleg Ausbildung beim CVJM entpuppte sich als die richtige Entscheidung für Xiaoxin. Eine Ausbildung zur Erzieherin und Jugendreferentin war die endgültige Wahl. "Gott hat mich auch diese Entscheidung selbst treffen lassen", sagt die junge Frau. Die Ausbildung sieht sie als ihre Berufung an. Momentan ist sie in Naila, um im Rahmen ihrer Ausbildung ein Praktikum zu absolvieren. Sie fühlt sich sehr wohl – in Naila, in Bayern, in Deutschland. Auch wenn es natürlich kulturelle Unterschiede gibt. Xiaoxin beschreibt die Chinesen eher als zurückhaltend.

"In Deutschland werden die Gefühle viel mehr nach außen transportiert."

Noch eineinhalb Jahre hat sie vor sich. Danach würde sie gerne wieder zurück nach China, um dort Kinderbücher zu übersetzen oder sogar selbst welche zu schreiben, über ihre Liebe zu Gott. "Mit dieser Arbeit könnte ich eine Art kulturelle Brücke zwischen China und Deutschland bauen." In Ihrer Kindheit hat es an Jugendliteratur gemangelt. Alles war fokussiert auf Leistung und Noten. Lehrbücher gab es zuhauf, aber an jugendgerechter Literatur wurde gespart. Das würde sie gerne ändern.

Zurück nach China?

Ob sie jedoch ganz nach China zurückgeht, weiß sie noch nicht, denn sie hat beim CVJM ihre Liebe gefunden. Einen Deutschen, der sich aber durchaus vorstellen könnte, mit nach China zu gehen. Doch Planungen sind keine festgemeißelten Lebenswege. Xiaoxin umschreibt es mit einem alten chinesischen Sprichwort:

"Die Welt verändert sich schneller als die Planung."