Bei meinem Konfikurs lief alles nicht so, wie ich gedacht hatte. Ich hatte gedacht, endlich würde ich all das umsetzen, was ich schon immer mal machen wollte. Kreative Methoden, Ausflüge mit tieferem Sinn, Spiritualität in den Mittelpunkt stellen, spontan auf Wünsche reagieren können. Ja, spontan war er. Eigentlich immer.

Aber eben nicht spontan ein bisschen anders als geplant, sondern spontan geplant. Von morgens auf nachmittags oder auch mal von jetzt auf gleich.

Ich war in den letzten beiden Jahren "Springerin", das heißt, ich war eine Pfarrerin, die immer wieder in unterschiedlichen Gemeinden Gottesdienste hielt, Taufen und Beerdigungen feierte und eben zur Stelle war, wenn der/die eigentlichen Kolleg*innen verhindert waren. Und das letzte halbe Jahr davon war ich sogar ganz in einer Gemeinde tätig, um dort wirklich alles zu machen, was anfiel, bis die Lücke zwischen dem alten und dem neuen Pfarrer geschlossen werden konnte. Und dazu gehörte eben auch der Konfikurs.

Ich hätte ihn nicht machen müssen, das hab ich mir im Nachhinein oft gedacht. Jeder hätte Verständnis dafür gehabt, wenn ich mir das mit meiner Teilzeitstelle und den 40 km Fahrtweg gespart hätte. Aber das wollte ich nicht.

Ich hatte das Gefühl, es nicht abreißen lassen zu dürfen - diese kurze Phase, wo eine Kirchengemeinde ganz dezidiert und deutlich ihre Türen für Jugendliche zwischen 12 und 14 Jahren öffnet.

Und nicht nur öffnet, sondern auch offen hält.

Konfi-Unterricht als Zeit wofür?

Einen Ort zur Verfügung stellt, wo nicht Schulleistung, sportliche Begabung oder das Geld der Eltern zählen, sondern… ja, was stattdessen eigentlich? Der Glaube, für den Kinder und Jugendliche keine Worte beigebracht bekommen außer "der liebe Gott", Segen und Regenbogentuch?

Die eigene Identität, die genau in diesem Zeitraum so brüchig ist und mit so vielen Verletzungen und Zumutungen zurechtkommen muss? Und natürlich bleiben Beliebtheit, Kleidung, Handys, sozialer Status innerhalb des Stuhlkreises im Gemeindehaus genauso von Bedeutung wie an der Bushaltestelle.

Was denken wir uns als Kirche eigentlich dabei, wenn wir uns einbilden, alles anders machen zu können?

Anders als Schule, anders als Sportverein, anders als zu Hause. Und warum eigentlich - ist da überall alles schlecht. Nein, natürlich nicht. Und gleichzeitig hoffen viele Pfarrer*innen (auch ich!), dass es nur ein paar positive, entspannte Erfahrungen bei den Konfis braucht, damit sie erkennen, dass das mit Gott und Kirche doch eigentlich eine ganz gute Sache ist.

Dass es hilft, sich daran zu erinnern, dass Gott mit Gnade und Liebe auf uns und unser Leben schaut. Dass es das Herz leichter macht, wenn man sich abends die Schwere im Gebet von der Seele spricht.

Hohe Ansprüche an die Konfis

Aber gleichzeitig sind da noch die tausend anderen Ansprüche, die Kirchengemeinden an den sogenannten Konfirmationsunterricht stellen: Das Glaubensbekenntnis auswendig kennen, aber bitte auch hinterfragen.

Dafür legt man dann Zettel mit den einzelnen Versen auf dem Boden aus, die richtig sortiert werden müssen. Zusätzlich kann man dann auch noch ein eigenes Glaubensbekenntnis schreiben, mit Liebe, Freundschaft, Verzeihen und Frieden auf Erden. Psalm 23 sollen sie auch können, der wird dann oft in Bodenbildern mit Tüchern und Steinen ausgelegt.

Die Konfis sollen außerdem regelmäßig in den Gottesdienst am Sonntagmorgen gehen, der ja wohl gar nicht so uninteressant ist, wie es immer heißt und es werden ja auch mal moderne Lieder gesungen!

An all dem ist nichts verkehrt und gleichzeitig so vieles.

Es ist nichts verkehrt daran, das Glaubensbekenntnis auswendig zu lernen und vorher noch umzuschreiben. Auch an Bibel-Fußball und gebastelten Jenseits-Kisten ist nichts verkehrt - solange sie eben als das genommen werden, was sie nunmal sind: Eine punktuelle Beschäftigung mit den Inhalten, Formen und Traditionen des christlichen Glaubens.

Prägende Erfahrungen

Und nicht das Sprungbrett, um endlich ein echtes Kirchenmitglied oder noch besser eine echte Glaubende zu werden. Egal, was im Konfikurs passiert, es passiert erstmal dort: Vertrauen fassen, wenn man erzählt, wovor man Angst hat. Das erste Mal hören, dass es einen Unterschied gibt zwischen Schuld und Schuldgefühlen. Auf einen Zettel den innigsten Wunsch schreiben und irgendwie sogar glauben, dass er bei Gott am Kreuz gut aufgehoben ist.

All das passiert im Konfiunterricht, überall, in Gemeinden auf und ab. Und zwar auch dann, wenn man nicht alles richtig gut plant, die besten Methoden, die coolsten Locations für die Konfifreizeit aussucht und überhaupt alles richtig macht. Es passiert, auch wenn man vieles falsch macht.

So wie ich in meinem Kurs im letzten Jahr. Wo sie bis zum Ende den Psalm 23 nicht gelesen haben (einer hat trotzdem Vers 1 als Konfispruch ausgesucht), wo wir das Glaubensbekenntnis nicht gemeinsam besprochen haben und wir nicht mal auf eine Freizeit gefahren sind. Stattdessen haben wir Plätzchen gebacken, einen Raum gestrichen, Croissants vor dem Altar gegessen und mit einem Notfallseelsorger gesprochen.

Das war großartig und das hier ist trotzdem kein Artikel à la "Schaut, wie unkonventionell mein Konfikurs war und gerade deswegen so gut".

Sondern ein Text, der Menschen entlasten will, die so richtig unzufrieden sind mit dem Konfi-Unterricht ihrer Gemeinde. Als Pfarrerin, als Teamer, als Kirchenvorsteher: Es kann gut sein.

Macht eure Türen auf und lasst sie offen stehen. Macht Bodenbilder oder lasst es sein, singt Choräle am Sonntag oder lasst es sein.

Nehmt euer Herz mit und die Jugendlichen ernst. Und euch selber. Eure Zweifel und eure Angst. Eure Liebe zu Gott, an dem ihr vielleicht hängt, ohne genau zu wissen, warum.

Und am Ende stehen vor euch fünf oder 25 Jugendliche, spüren eine Hand auf ihrem Kopf und hören die Zusage, dass sie Schutz und Schirm vor allem Argen tragen und Kraft und Hilfe zu allem Guten. Sie werden es hören. Und das reicht.

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