Vor wenigen Tagen noch saßen Nina Eisenblätter, Maja Nessel und Zoé Grüner festlich gekleidet und mächtig aufgeregt in der Kirchenbank. Hinter ihnen hatten ihre Familien Platz genommen, die zum Teil mehrere hundert Kilometer weit nach Helmstedt angereist waren - ihretwegen.

"Für mich war das schon neu, so im Mittelpunkt zu stehen", erinnert sich die 14-jährige Maja und zeigt dabei auf ihrem Smartphone ein Bild von sich im blauen Kleid mit Schleifenband und in High Heels.

Die drei Mädchen zählen zu den mehr als 150.000 Jugendlichen, die sich bundesweit jedes Jahr für die Konfirmation in der evangelischen Kirche entscheiden.

Die meisten Konfirmanden als Kinder getauft

Getauft wurden die meisten ihrer Mitkonfirmanden häufig schon als kleine Kinder. Maja und Zoé haben sich, wie jährlich etwa 10.000 weitere Jugendliche in Deutschland, dazu erst während der Konfirmandenzeit entschlossen. Sie können sich daher ganz bewusst an den Tag im vergangenen Sommer erinnern, als sie bei einer Freizeit in Südtirol an einem Bach an der Seite von jeweils zwei Tauffreunden getauft wurden.

"Wir haben die Entscheidung selbst getroffen und das ist schon etwas anderes", erklärt Zoé mit einem gewissen Stolz.

Das Tauffoto zeigt die Jugendliche, wie sie mit bunter Sonnenbrille, im T-Shirt und mit Rock in der Sonne steht und in die Kamera lächelt - um den Hals trägt sie einen Schal, den sie mit ihrem Taufspruch beschrieben hat: "Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben." Der Bibelvers wurde auch zu ihrem Konfirmationsspruch.

Kindstaufe oder nicht: Theologe sieht deutliche Unterschiede 

Dem Theologen Wolfgang Ilg zufolge gibt es zwischen denen, die als Säuglinge oder Kinder getauft wurden und denen, die sich im Jugendalter dazu entschlössen "deutliche Unterschiede". Bei den bereits Getauften spielten die Erwartungen der Familie und auch Geschenke eine größere Rolle bei der Entscheidung zur Konfirmation.

Die nicht Getauften hingegen hätten einen stärkeren Wunsch, Fragen zum Glauben zu klären, sagte der Professor von der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg bei Stuttgart, der seit rund 15 Jahren zu Jugendarbeit und Gemeindepädogik forscht.

Während die Mädchen durch die noch immer mit Blumen geschmückte St.-Stephanikirche laufen, erzählen Zoé und Maja, dass ihre Familien nicht unbedingt religiös seien. Als sie von der Gemeinde eine Einladung zu einem Informationsabend erhielten, stand allerdings schnell der Entschluss zur Taufe und zur Konfirmation. "Ich dachte, das ist ein guter Weg, um zu zeigen, dass ich Christin bin und an Gott glaube", sagt Maja etwas unsicher.

Und Zoé ergänzt mit einem Lächeln: "Mein Vater hat nicht geglaubt, dass ich das durchziehe und jetzt bin ich hier - konfirmiert."

Für Nina, die schon als Kind getauft wurde, war die Entscheidung etwas anders. Sie war schon im evangelischen Kindergarten und es war klar, dass sie auch konfirmiert wird, eigentlich sogar im Jahr zuvor. Während der Corona-Zeit sei allerdings viel Konfirmandenunterricht ausgefallen: "Wir kannten nicht mehr die Namen von den einzelnen Kindern aus der Gruppe, wussten nicht, wie die unter der Maske aussehen, das war schon irgendwie traurig." Sie habe sich dann für eine "Extrarunde" entschieden, erzählt die 14-Jährige schmunzelnd.

Erleben in der Gemeinschaft wichtig

Wie wichtig für die Jugendlichen das Erleben der Gemeinschaft ist, weiß auch Wissenschaftler Ilg. Viele seien während der Corona-Pandemie dankbar für die kreativen Angebote der Gemeinden gewesen, um etwa im Freien Begegnungen zu ermöglichen.

"Camps und Freizeiten waren mancherorts nicht möglich, und darunter hat die Konfi-Zeit sehr gelitten."

Die Konfirmandinnen aus Helmstedt haben im vergangenen Jahr unvergessliche Erlebnisse gesammelt, sagen sie. Vor allem auf der dreiwöchigen Freizeit, wo sie zu Freundinnen wurden, im Regen tanzten, miteinander lachten und zum Abschluss auch viel weinten.

Besonders gerührt habe sie auch der Moment, als ihre Eltern im Konfirmationsgottesdienst plötzlich aufstanden, nach vorn gingen und völlig überraschend, für sie das Lied des Popmusikers Andreas Bourani anstimmten: "Ein Hoch auf uns", umgedichtet auf: "Ein Hoch auf Euch".

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