Mir wurde schon in jungen Jahren beigebracht, dass man andere Menschen nicht fragt, ob sie fasten und von sich aus auch niemanden erzählt, dass man fastet. Denn auch so steht es in der Bibel: "Du aber, wenn du fastest, salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht, damit die Leute nicht merken, dass du fastest, sondern nur dein Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir Vergelten." (Mt 6,19-24)
Trotz allem finde ich, dass es wichtig ist seine Erfahrungen zu teilen und anderen Menschen das Fasten näherzubringen.
Unbewusster Verzicht
Ich habe mit dem Fasten mit etwa 13 Jahren begonnen. Ohne genau zu wissen, wofür wir es tun, haben meine Schwester und ich 40 Tage vor Ostern auf Süßigkeiten verzichtet. Das fiel mir als ich jünger war natürlich ziemlich schwer – ab und an ist mir auch mal ein Versehen unterlaufen und ich habe das ein oder andere Stück Schokolade gegessen.
In der Osternacht bin ich dann mit meiner Familie früh morgens in die Kirche gegangen und anschließend durften meine Geschwister und ich Süßigkeiten in unserem Garten suchen. Nach diesen, für mich damals sehr anstrengenden, 40 Tagen, hatte ich eine riesige Kiste mit Süßigkeiten, welche wahrscheinlich für das ganze restliche Jahr gereicht hätte, wenn ich nicht erstmal meinen 40 Tage Entzug hätte stillen müssen.
Bewusstes Fasten für den Glauben
Je älter ich wurde, desto intensiver habe ich mich mit dem Thema Fasten auseinandergesetzt. Ich habe viel über die Hintergründe des christlichen Fastens recherchiert und mir überlegt, worauf ich sonst noch in diesen 40 Tagen verzichten könnte.
Mit der Zeit hat sich auch meine Beziehung zu Gott verändert. Ich bin jeden Sonntag in die Kirche gegangen, habe mehr gebetet und mich mehr mit der Religion befasst. Die Fastenzeit vor Ostern fällt mir seitdem viel leichter, weil ich weiß, wofür und warum ich es tue.
So habe ich dann immer mehr verzichtet und beispielsweise auch an meinen Gewohnheiten und Verhaltensweisen gearbeitet. Die Regulierung meiner täglichen Handyzeit und das Einstellen meines Shopping-Konsums waren einer dieser Änderungen.
Seele und Körper reinigen
Mittlerweile verzichte ich jedes Jahr zur Fastenzeit auf Fleisch und auf Süßigkeiten. Ich nehme die Fastenzeit viel bewusster wahr und stelle nicht nur meinen Konsum ein, sondern versuche in dieser Zeit auch bedachter auf mein Leben zu blicken. Muss ich mir heute wirklich diese teuren Schuhe kaufen? War diese impulsive Reaktion gerade richtig?
Ich merke, wie das Fasten sich nicht nur positiv auf meinen Körper auswirkt, sondern auch auf meine Seele. Es tut gut, das Leben bedachter zu leben und sich mehr Zeit für sich und den Glauben zu nehmen.
Meine Taten und Worte überdenken, mehr beten, mehr in der Bibel lesen, mehr zu Gott finden. Das Fasten ist für mich nicht mehr nur eine Zeit des Verzichts, sondern auch eine Zeit der Reflektion.
Ein Tipp von mir:
Wem das 40-Tage-Fasten zu viel für den Einstieg ist, kann mit ein Mal pro Woche beginnen. Eine gute Möglichkeit ist es, am Freitag auf Fleisch zu verzichten. Früher und auch heute noch ist es nämlich üblich, dass Katholiken jeden Freitag auf Fleisch verzichten, um den Tod Jesu Christi am Kreuz am Karfreitag zu ehren.
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