Du hast mich geträumt gott

wie ich den aufrechten gang übe

und niederknien lerne

schöner als ich jetzt bin

glücklicher als ich mich traue

freier als bei uns erlaubt

Wie hat Gott Dich geträumt? Aufrecht und frei, so sehr, dass Du knien kannst. So glücklich, dass der Angst die Luft ausgeht, weil Gott Dein Herz frei gemacht hat.
Gott, wie träumst Du uns?
Wie träumst Du die Kinder, die nirgends so wirklich reinpassen? Wie träumst Du die Erwachsenen, denen es genauso geht?
Wie träumst Du den Mann mit den grauen Haaren, den braunen Schuhen und dem eisernen Wunsch, die Kontrolle nicht abzugeben.
Wie träumst Du die, die nichts glauben können, was in der Zeitung steht? Gott, wie träumst Du das Gegenteil von Aufgeben, den Widerspruch gegen Gewalt, wie träumst Du gegen den Strom, für das Leben und endlich loslassen können?

Wie hat Gott Dich geträumt?

Ich stell' mir vor, wie Sie und ich jetzt an unsere Träume denken. An die kleinsten und die größten. Und ich denke an diesen schmalen Grat zwischen "Lebe Deinen Traum" und dem Wissen, dass uns das Größte im Leben geschenkt und verwehrt werden kann. Liebe und Zärtlichkeit. Kinder. Freundschaft. Sicherheit.

Irgendwie kein Wunder, dass wir uns beim Rest die größte Mühe geben, es allein zu schaffen. Aus unserer Kraft heraus. Liegestütze, Intervallfasten, um 5 Uhr aufstehen. Damit vor 9 schonmal was geschafft ist. Vielleicht aber auch, um sich ein bisschen Freiheit zu erkämpfen, bevor e-mails, Frühstücksdosen und Alltagstakt mich wiederhaben.

Irgendwie kein Wunder, dass wir beim Rest, bei dem, was MACHBAR scheint, das Beste geben. Unser Bestes. Affirmationen und Manifestationen sind im Selbst-Coaching ungebrochen die beliebtesten Methoden: Das sind Sätze wie "Ich bin stark", "Ich bin liebenswert" oder Manifestationen, wo man sich genau vorstellt, wie das Gute aussehen kann. "Was wäre, wenn alles gut gehen würde?"

Es kann wirklich helfen, die inneren Bahnen im Gehirn auf diese Weise zu trainieren. Indem man sich nicht nur das Schlimmste ausmalt, sondern auch das Beste. Es hilft durch den Alltag. Es hilft beim Aufstehen, beim Machen.

Aber ich frag' mich, ob es auch beim Auferstehen hilft. Ob es hilft, wenn die Angst so groß wie ein Felsblock mich einschließt. Ob es hilft, wenn eben nichts helfen kann. Weil dazu alles ganz anders sein müsste.

Ich hab neulich geträumt

Von einem Land, in dem für immer Frühling ist.

Hier gibt es Kaviar und Hummer im Überfluss.

Keiner hier, der hungert, und niemandem ist kalt.

Vanilleeis zum Nachtisch, alle sterben alt.

So klingt eine Utopie im Frühjahr 2024 mitten in den Protesten gegen Rechtsradikalismus in Deutschland, ein Internet-Video geht durch die Decke.. Soffie und ihr Lied "Für immer Frühling" Und sie singt: Du nennst es Utopie, ich nenn es Heimat.

Ein trotziges Lied, das keine Angst hat, als naiv ausgelacht zu werden:

In dem Land, in dem die Sommer kühler sind

Hab ich keine Angst zu sagen, was ich fühl (was ich fühl)

Das Herz wohnt auf der Zunge, die Sonne auf der Haut

Keiner ist im Soll, sag mir einfach, was du brauchst

Sag mir einfach, was Du brauchst. Vielleicht ist das der Satz für diesen Ostersonntag. Sag mir, was Du brauchst. Sag mir Deinen Traum.

Sag mir Hanna, was Du brauchst. Vielleicht sagt das Gott zu Hanna, noch vor Ihrem Lied im Alten Testament, das heute unser Predigttext ist. Sag mir Hanna, was Du brauchst:

Und sie sagt es. Laut, betet es trotzig und gegen jede Vernunft. Sie betet für ein Kind, endlich ein Kind.
Und Gott sagt sie, wenn Du es mir gibst, dann geb ich es auch Dir. Ich geb es Dir zurück. Schenk es mir nur jetzt, bitte.
Und sie bekommt das Kind. Und sie gibt es her, sobald es drei Jahre ist ungefähr. Sobald es nicht mehr an ihrer Brust trinkt.
Und mir zerreißt es das Herz, wenn ich das lese. Und wie sie ihn dann lobt, ihren Gott:

6Der Herr tötet und macht lebendig, führt ins Totenreich und wieder herauf.

7Der Herr macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht.

8Er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der Asche.

Wie sie ihn lobt und besingt. Diesen Gott, der ihr ihren Traum erfüllt und ihr gleichzeitig den größten Schmerz zumutet.
Mir zerreißt es das Herz, wenn so die Auferstehung sein soll. Und gleichzeitig bin ich dankbar für diese bittere Ehrlichkeit. Für den Mut, zu sagen, was ist.
Sie sagt, was sie braucht.
Sie sagt auch, was sie ertragen kann. Und was nicht.

Auferstehung ist mehr als der Sonnenaufgang nach der dunkelsten Nacht.
Es ist mehr als träumen und wünschen. Es ist geträumt werden. Es ist gesehen werden mit unserem größten Schmerz und unserer tiefsten Nacht.

denn der Herr ist ein Gott, der es merkt,

und von ihm werden Taten gewogen.

4Der Bogen der Starken ist zerbrochen, und die Schwachen sind umgürtet mit Stärke.

Gott hat uns geträumt. Unseren aufrechten Gang. Unser Niederknien.

In dem Land, in dem die Sommer kühler sind

Hab ich keine Angst zu sagen, was ich fühl

Das Herz wohnt auf der Zunge, die Sonne auf der Haut

Keiner ist im Soll, sag mir einfach, was du brauchst

Heute ist Ostern. Heute buchstabieren wir Auferstehung. Aus A wie Anfangen. Aus U wie unter allen Umstände. Aus F wie Frühling. Aus E wie ewig ist Gott. Aus R wie Revolution. Aus S wie Sonne auf der Haut. Aus T wie Tun, Aus E wie Endlichkeit. Aus H wie  - wie soll es anders sein- Hoffnung. Aus U wie Und statt oder. Aus N wie nie wieder. Aus G wie Gott.

Gott hat Dich geträumt. Deinen Frühling, der für alle anderen eine Utopie sein mag. Für Dich wird er Dein Zuhause sein. Für Dich wird Deine Auferstehung Dein Zuhause sein. Gott hat Dich geträumt. Halleluja.

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