Sternschnuppen sind Wunschsterne

Es war ein wunderschöner, warmer Sommerabend. So langsam kam die Nacht. Und Flurina, vier Jahre, mein Enkelkind, war immer noch wach. Das hatte seinen besonderen Grund. Denn für diese Nacht waren Sternschnuppen angekündigt, kleine Sterne mit Schweif, die am dunklen Himmel aufgehen, ihre kurze Bahn ziehen und dann wieder im Dunkel verschwinden. Flurina war schon gespannt solche Sterne zu sehen. Und wir hatten ihr erzählt, dass dies besondere Sterne sind. Und weil es besondere Sterne sind, hat man vor langer Zeit geglaubt, dass diese Sterne auch Glück bringen: deswegen haben Menschen sich etwas gewünscht, wenn sie eine Sternschnuppe sahen.

Ein Wunschstern, meinte Flurina. Ich habe einen Wunsch. Dann schauten wir in den Himmel, gespannt, wo eine Sternschnuppe aufleuchten könnte. Und tatsächlich: da glühten die Sternschnuppen auf, hier eine, dort eine. Flurina entdeckte einen Wunschstern nach dem anderen. Dann wurde es ruhiger am Himmel. Nur die großen Sterne und der Mond waren noch zu sehen. Flurina ging ins Bett. Hast Du Dir auch wirklich etwas gewünscht?, fragte ich. Ja, klar, sagte die Kleine. Aber das sag ich Dir nicht. Dann schlief sie mit dem Abendlied müde und zufrieden ein.

Diese Sommernacht ist mir wieder eingefallen, als ich die Geschichte der Weisen aus dem Morgenland für diese Andacht genauer gelesen habe. Es ist eine der aufregendsten Sternschnuppengeschichte der Welt. Hören wir, wie sie beginnt.

"Da Jesus geboren war zu Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, ihn anzubeten."

Diese Sternschnuppengeschichte, sie beginnt weit draußen, weit weg von Europa, auch weit weg von Jerusalem, noch weiter im Osten, so etwa im heutigen Iran oder Irak. Und sie beginnt weit weg von dieser Welt, von dieser Erdkugel, oben im Himmel. Dort erscheint ein Stern, ein besonders heller Stern. Und den entdecken und beobachten die Weisen – gemeint sind nach heutigem Verständnis Wissenschaftler. Sie beobachten die Konstellationen der Sterne am Himmel, um zu verstehen, was auf der Erde vor sich geht. Sie tun damit das, was zum Beispiel auch Seefahrer weit bis in die Neuzeit hinein getan haben: auch sie beobachten die Sterne, um ihre Schiffsroute durch die weiten Meere zu finden. Die Konstellation der Sterne gibt Orientierung im Dunkel und für die eigenen Wege.

Den eigenen Weg finden – da genügt es eben nicht, nur bis zu den eigenen Fußspitzen zu schauen, der Blick muss weiter gehen. Er muss in die Weite gehen, über den eigenen Tellerrand hinaus in die weite Welt, in die Weite des Universums. Weitsicht kann man das nennen und die braucht man fürs eigene Leben. Und plötzlich geschieht etwas Außergewöhnliches: Beim Blick ins Universum sehen die Wissenschaftler einen Stern aufgehen, der heller leuchtet als andere, der auf einer unbekannten Bahn fliegt, der nicht ins System passt und der vielleicht sogar das System sprengt. Und am Ende – was die Götter verhindern mögen – trifft dieser Stern auf die alte Welt und vernichtet sie. Auch darüber wissen die Gelehrten Bescheid, davon steht viel in ihren Büchern. Und jetzt wird es spannend: was machen die Wissenschaftler nun? Nein, sie schreiben kein gelehrtes Buch über den Aufgang des Stern und den Untergang der Welt: sie machen sich auf: Lasst uns dem Stern folgen, um zu sehen, wohin er uns führt. Sie schauen über den Tellerrand ihres eigenen Wissens hinaus ins Unerforschte und vielleicht sogar ins Unerforschliche.

Wunschsterne begleiten uns

Und sie schauen nicht nur über den Tellerrand, sie gehen selber bis an die Ränder, die Grenzen des Bekannten, um mehr zu erfahren. Ja, es gibt mehr, unendlich viel mehr und noch ganz Anderes als wir uns vorstellen können. Und das ist gut, besser als wir es gedacht haben: der Stern, der da aufleuchtet, ist ein Zeichen, ein Türöffner für eine neue, eine bessere Welt. Die Weisen sehen im neuen Stern den Anfang einer neuen Zeit, erkennen im Aufgang des Sterns die Geburt einer neuen Ära – in dies in der Gestalt eines neuen Herrschers. Woher haben sie nur diese Gewissheit, habe ich mich gefragt? Vielleichte haben sie nicht nur mit ihren Augen, sondern mit ihrer Seele den Stern gesehen. Und dort, in der Seele steckt hinter der Angst die Sehnsucht und diese Sehnsucht hat der Stern am Himmel hervorgelockt. Er öffnet Herzen und neue Wege. Sie lassen alles stehen und liegen und machen sich auf einen langen Weg, den sie nicht kennen, zu einem Ziel, das ihnen unbekannt ist. Der einzige Begleiter im Ungewissen, das ist der Stern am Himmel und der Stern im eigenen Herzen.

Ich sehe sie, wie sie sich aufmachen: die Weisen aus dem Morgenland auf ihrem Weg der Suche nach Wissen, das trägt. Ich sehe dahinter die kleine Flurina auf ihrem Lebensweg, mit ihrem Wunsch, den nur sie kennt und der sie begleiten wird. Und ich sehe dahinter uns: wir auf unserem Weg, ohne das Ziel zu kennen. Wir haben – manchmal gut versteckt – Wunschsterne, die uns begleiten. Und ehrlich gesagt: ich glaube nicht, dass wir sehr viel mehr haben als diese Sterne, um durchs Leben zu kommen. Kennen Sie eigentlich Ihre eigenen Wunschsterne, die kleinen und die großen? Falls nicht: dann schauen Sie einmal in den Himmel und lassen ihre Gedanken freien Lauf und hören Sie in sich hinein. Achten Sie auf diese Wunschsterne, die dann aufgehen. Dazu ermuntert schon der Schreiber des zweiten Petrusbriefes in Worten, die selber glitzern wie Sterne am Himmel: Achtet auf das Licht, das an einem dunklen Ort leuchtet, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen.

Stern ist für die drei Weisen einziges Navi

Sie machen sich also auf, die Weisen aus dem Morgenland. Es wird ein weiter Weg, von dem sie noch keine Ahnung haben. Von Bagdad aus bis nach Jerusalem werden es über 1.000 Kilometer sein, unzählige Tage und Nächte durch unwegsame Gegenden, der Stern als einziges Navi. Und dieser Stern führt sie nach Israel und sie kommen nach Jerusalem und dort ins Zentrum der Macht, zum Palast des Königs. Natürlich: wohin auch sonst? Wo auch sonst soll ein neuer König geboren werden als in den Palästen der alten Macht? Doch es kommt anders, ganz anders:

"Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte. Und sie sagten ihm: In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten Micha: "Und du, Bethlehem im Lande Juda, bist mitnichten die kleinste unter den Fürsten Judas; denn aus dir wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll." Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, und schickte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr's findet, so sagt mir's wieder, dass auch ich komme und es anbete."

Ein Stern geht auf – und in grellem Licht wird sichtbar, was das Zentrum der Macht wirklich ist: eine Hauptstadt des Schreckens. König Herodes erschrickt, weil er um seinen Thron fürchtet. Seine Angst ist begründet, denn sein Thron ist nicht gebaut auf Vertrauen seines Volkes, auf verlässliche Gesetze, sondern auf blanker Macht, die auch vor Mord und Totschlag nicht zurückschreckt. Als sein Vater vergiftet wurde, ließ er den Mörder seines Vaters umbringen. Er ernannte seinen Schwager Aristobulos zum Hohepriester – und ließ den jungen Mann dann im Schwimmbad von seinen Dienern in einer gespielten Kampfszene ertränken. Er ließ seine Frau Mariamne hinrichten und seine Söhne mit Mariamne erdrosseln. Kurz vor seinem Tod ließ Herodes die angesehensten jüdischen Männer im Hippodrom von Jericho einschließen. Sein Plan war, sie bei seinem Tod ermorden zu lassen, damit die Juden bei seinem Begräbnis weinen würden. Die Angst der Mächtigen, die Macht zu verlieren, macht ihn zum Mörder und Jerusalem zur Hauptstadt des Schreckens. Aber das wird nichts nützen: Am Ende wird das Volk Israel vertrieben, der Tempel zerstört.

Aber Jerusalem blieb nicht die einzige Hauptstadt des Schreckens. Knapp 2000 Jahre später wird Nazideutschland zum Schreckensland und Berlin zur Hauptstadt des Schreckens. Aus Herodes wurde Hitler. Aus dem Stern, der zum Heil führt, wurde der Judenstern, der in die Konzentrationslager führte. Im Holocaust kamen dann 6 Millionen europäische Juden um und viele, viele andere, die nicht in das System der Rasse passten. Diesen Opfern ist Deutschland verpflichtet und bleibt verantwortlich, dass alle, die in Deutschland leben und Schutz suchen, hier auch Schutz finden. jüdischen Mitbürgerinnen, die Migrantinnen, die hier Schutz suchen, auch für ihre Familien, die nachziehen wollen.

Kein Volk, keine Nation ist gefeit davor, zu einem Schreckensland zu werden. Das kann schnell, das kann schleichend geschehen. Immer dort, wo Minderheiten ausgegrenzt werden, wo Menschenrechte und Bürgerrechte außer Kraft gesetzt werden, da schwindet das Vertrauen, da beginnt der Schrecken. Es ist noch nicht lange her, es war 2002, da sprach der damalige amerikanische Präsident George W. Bush von der Achse des Bösen – er meinte damit Länder von Nordkorea über den Iran bis in den Irak. Was er damals nicht sah oder sehen wollte: wer vom Bösen redet, kann vom Bösen angefressen werden und kann mit dem Finger am roten Knopf der Atombomben zum Bösen werden. Schrecken und Wahnsinn sind noch nicht zu Ende. Und die Liste der Hauptstadt des Schreckens und der Machtirren ist noch offen.

Sterne geben Hoffnung

Ja, das kennen wir, werden Sie sagen. Doch was dagegen tun? Was dagegen sagen, gerade in einer Morgenfeier, einer Andacht zum Christlichen? Herodes selber bringt die Religion ins Spiel. Er selber befragt die Hohenpriester und Schriftgelehrten, die Weisen der Religion, sucht Informationen, Hilfe und Unterstützung. Und die Religionsgelehrten wissen es: der Stern weist über Jerusalem hinaus nach Bethlehem, da wurzelt die alte Sehnsucht, das wahre Israel, die Zukunft Gottes. Die Antwort ist richtig und falsch zugleich. Richtig ist sie, weil es so geschrieben steht und weil dort die Zukunft Gottes beginnt. Und irgendwie auch falsch. Denn sie geben Auskunft, wohlwissend, dass diese Auskunft tödlich sein könnte für die Kinder Israels. Damit werden sie zu willfährigen Hohenpriestern der Macht. Warum sind sie nicht aufgebrochen und dem Stern gefolgt? Warum haben sie nicht in Tempeln und auf den Straßen gepredigt, verkündigt: die Zeit des Heils ist gekommen! Warum haben sie nichts gesagt, nichts getan gegen den Schrecken des Todes?

An dieser Stelle fühle ich mich als Theologe, als Religionsgelehrter selber betroffen und getroffen. Was mache ich, was sage ich heute Ihnen? Gelingt es, mehr zu sagen als nur Richtigkeiten zu wiederholen, die in der Bibel stehen? Gelingt es, Mut zu machen, um dem Stern der Erlösung zu folgen? Mut zu machen auch zum Widerstand gegen eine Un-Kultur des Schreckens, die langsam um sich greift? Wir brauchen Religionen, wenn sie uns auf Sterne hinweisen, zu ihnen führen. Dann können wir sie entdecken, die großen Sterne der Hoffnung und auch die ganz kleinen Sterne. Sie leuchten für die ermordeten Kindern von Bethlehem und Auschwitz, von Hiroshima und Nagasaki, und von Chan Schaichun in Syrien, wo Giftgas sie umbrachte. Sie sind verschwunden im Schrecken, aber sie leuchten als Sterne am Nachthimmel Gottes, und weisen uns den Weg.

Jerusalem, heißt ein Lied, das Dalia Lavi singt. Es erzählt von einem Ort, an dem die Mütter der Söhne niemals aufhören zu weinen und das Straßenpflaster nass ist vom Blut der Jahrhunderte. Es ist aber auch ein Ort, wo an den Ästen des Olivenbaums grüne Blätter glänzen und man das Hohelied der Liebe hören kann.

"Als die Weisen nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war. Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut und gingen in das Haus und sahen das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. Und da ihnen im Traum befohlen wurde, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem andern Weg wieder in ihr Land."

So einfach liest es sich, diesen Weg zu gehen und anzukommen. So kurz ist die letzte Etappe, der Weg von Jerusalem nach Bethlehem, nicht einmal 10 Kilometer. So schwierig wird es damals gewesen sein: das Erschrecken hat sich schnell ausgebreitet, überall rumort das Gerücht, dass ein Umsturz bevorstehen könnte, dass Kinder getötet werden. Soldaten auf den Straßen werden sichtbar, Weg- und Grenzkontrollen werden eröffnet. Die Weisen aus dem Morgenland gehen einen schweren Weg – und noch heute hätten sie ihre Schwierigkeiten auf diesem Weg.

Stern über Bethlehem

Am Checkpoint Bethlehem werden sie gestoppt. Palästinenser auf dem Weg zur Arbeit in Jerusalem stehen dicht gedrängt in Gängen und warten auf Durchlass. Die Kontrollen sind hart, überhart, die Angst vor Terroristen ist groß, übergroß. Auch die Weisen aus dem Morgenland werden kontrolliert, sie sind verdächtig, Araber mit wirren Ideen und verdächtigen Gepäck. Dann dürfen sie durch. Sie kommen nach Bethlehem, aber nicht hinein. Um die Stadt eine große Betonmauer mit neuen Kontrollen. Auf der Mauer Grafittis wie "Jesus weint" oder "Hier die Bombe zünden" – sie kommen sich fehl am Platz vor mit ihren Geschenken. Sie zweifeln, ob sie nicht einem Irrstern gefolgt sind. Sie bleiben vor den Mauern Bethlehems, finden eine andere Stadt vor der Stadt, Aida, das Flüchtlingslager für vertriebene Palästinenser. Arbeitslosigkeit und Hoffnungslosigkeit wohnen hier. Genau dort bleibt der Stern stehen, über einem Haus, wo Kurzem eine Frau ihr Kind geboren hat. Und hier sehen sie neues Leben hineingeboren in die alte Welt, sehen die Zukunft Gottes und weil es die Zukunft ist, geben sie, was sie als Geschenke für den König mitgebracht und gedacht hatten: Gold, Weihrauch und Myrrhe – ob das passt, wissen sie selber nicht.

Nein, nichts passt in dieser Geschichte zusammen: Die Weisen aus dem Morgenland nicht in eine Flüchtlingsunterkunft bei Bethlehem, die Geschenke nicht zu einem Neugeborenen, die Geburt eines Kindes nicht zu den bluten Kämpfen zwischen Nationen und Religionen, der Stern nicht in die Dunkelheit, die sich ausbreitet, nicht nur in der Nacht. Und doch kommt in dieser Sternengeschichte alles zusammen und sie weist damit über sich hinaus, über unsere Grenzen. Die Geburt des Kindes weist in die Zukunft, der Stern weist in den Himmel und dieser Himmel öffnet sich und überrascht uns. Haben wir wirklich geglaubt, dass wir schon alles wissen über die Welt und den lieben Gott? Haben wir wirklich geglaubt, dass wir alles im Griff hätten und es schon irgendwie regeln können? Haben wir wirklich geglaubt, dass ein fremdes Schicksal uns im Griff hat und wir nicht mehr herauskönnen, weil alles immer so ist und bleibt in alle Ewigkeiten? Nein, es kommt anders und es wird gut. Das ahnen die Weisen. Das hoffen Menschen seit es Menschen gibt. Das steckt in uns, als glitzernde Sehnsucht. Und die lässt mich auch dies sehen: das Licht, wie es aufgeht in dieser Welt, jeden Tag neu und das Gute, das manchmal näher liegt, als wir glauben.

Dem können wir vertrauen, dem Morgenstern, der aufgeht in unseren Herzen. Und dieser Morgenstern bewahrt – zumindest die Weisen aus dem Morgenland. Sie träumen, dass sie nicht nach Jerusalem zurückgehen sollen, nicht in das Zentrum des Todes. Sie sollen nach Hause gehen. Wer den Morgenstern in sich hat, der ist achtsam auch auf seine Träume. Und wird bewahrt. Und findet seinen Weg nach Hause.

Weißt Du, wie viel Sternlein stehen?

Flurina hatte ihre Sternschnuppen gesehen und ihren Sternenwunsch in den Himmel geschickt. Und dann ist sie ins Bett gegangen. Wir haben noch ein Lied gesungen, das Sie vermutlich kennen.

"Weißt du, wie viel Sternlein stehen
An dem blauen Himmelszelt
Weißt du, wieviel Wolken gehen
Weit hin über alle Welt
Gott der Herr hat sie gezählet
Dass ihm auch nicht eines fehlet
An der ganzen großen Zahl"

Es ist wohl eines der schönsten Sternenlieder, die es gibt. Es wagt den Blick in den Himmel, ins Universum, in die Weite und die Zukunft, die niemand wissen, niemand planen kann. Da könnte es einem schwindlig werden, oder angst und bange. Was bin ich schon in diesem großen Universum, ich mit meinen paar Lebenstagen, ich unter Millionen von Menschen. Eigentlich ein Nichts. Fassen können wir es nicht, das Leben. Wir können es nicht, aber Gott schon, singt uns das Lied. Gott fasst alle Sterne, den Himmel, die Weite der Welt, das Bekannte und alles Unbekannte – er fasst es aber nicht einfach zusammen, bündelt alles in Akten und steckts in einen Sack. Nein: er fasst alles, indem er jedes einzelne ansieht und genau nachzählt, damit ihm auch keines fehlt, damit nichts verloren geht. Das heißt doch auch: dass Gott auch mit mir rechnet, dass ich ihm fehlen würde, wenn ich verloren ginge. Und mit dieser Gewissheit endet auch das Lied: Gott kennt auch dich und hat dich lieb, kennt auch dich und hat dich lieb.

Gott liebt die die Sterne und seine Menschen. Er hat sie nicht nur geschaffen, irgendwann, sondern lässt sich auf sie ein, dass ihm auch nicht eines fehlet. Und vielleicht sind es ja gar nicht wir, die Sternen folgen, die uns zu Gott führen – vielleicht sind wir selber die Wunsch- und Hoffnungssterne des guten Gottes. Und vielleicht ist er es, der uns Erdensterne beobachtet, uns folgt mit seinen Wünschen, uns begleitet, damit wir nicht verloren gehen. Und wenn wir am Himmel verschwinden eines Tages, dann können wir sicher sein, dass wir dort gut aufgehoben sind, am Himmel, im Himmel.