Vom Ja der Religionsexperten

Ein Busfahrer und ein Pfarrer sterben am selben Tag und stehen vor dem Himmelstor. Der Busfahrer wird sofort in die Freuden des Himmels hinein gelassen. Der Pfarrer muss draussen warten. Warten. Warten. Langsam wird er zintig. Er läutet nochmal kräftig, bis sich eine Stimme an der Sprechanlage meldet. "Was ist denn da los?", schimpft der Pfarrer. "Ich habe so viel in Gottes Weinberg gearbeitet und gepredigt und nun muss ich hier so lang warten. Den Busfahrer hab ich nie in der Kirche gesehen. Und der kommt sofort rein." Schließlich kommt die Antwort: "Wenn du gearbeitet, gepredigt hast, haben alle geschlafen; wenn der Busfahrer aber gefahren ist, haben alle gebetet."

Ich mag diesen Witz über meine Berufsgruppe. Pfarrer, Kirche und Religion geben immer guten Stoff zum Lachen. Die besten Witze sind die, bei denen man auch über sich selbst lacht: weil man sieht: Da ist was schräg. Humor ist eine schöne Weise, um die Schrägheiten und Kanten des Lebens anzuschauen.

Witze leben vor allem von Klischees. Zum Beispiel eben: Pfarrer sind fromm und kommen sofort als erste in den Himmel. Und der Witz bricht das scheinbar selbstverständliche Klischee auf. Und das lässt lachen - und nachdenken. Und damit ähneln Witze den Gleichnissen, wie sie Jesus erzählt. Gleichnisse - kurze Erzählungen, die zum Nachdenken bringen und auch schmunzeln lassen.

Jesus sprach: Was meint ihr aber? Es hatte ein Mann zwei Söhne und ging zu dem ersten und sprach: Mein Sohn, geh hin und arbeite heute im Weinberg.
Er antwortete aber und sprach: Ich will nicht. Danach aber reute es ihn, und er ging hin.
Und der Vater ging zum andern Sohn und sagte dasselbe. Der aber antwortete und sprach: Ja, Herr!, und ging nicht hin.
Wer von den beiden hat des Vaters Willen getan? Sie sprachen: Der erste.
(Mt 21, 28-31)

Beim ersten Hören denke ich mir: ziemlich mager und humorarm, diese Geschichte.

Aber: Bei Gleichnissen ist es ähnlich wie bei Witzen: Man muss die Bilder und Klischees kennen, um die Pointe zu verstehen und auch schmunzeln zu können.

"In den Weinberg gehen" ist ein Bild für die Sache mit Gott. Wer in den Weinberg geht, dem und der liegt Gott am Herzen.
Jesus erzählt dieses Gleichnis den Hohepriestern, Schriftgelehrten und Ältesten. Er erzählt es den Frommen. Leuten, die man nicht fragen muss, ob ihnen Religion am Herzen liegt. Ob sie "in den Weinberg gehen". Natürlich liegt ihnen das am Herzen. Selbstverständlich. Jesu Zuhörer sind Fromme, Religionsexperten, Leute, die Ja zu Gott sagen, Ja tun, und dieses Ja auch öffentlich repräsentieren.

Wie zum Beispiel: Eine Pfarrerin, sehr engagiert in ihrer Gemeinde, seit etlichen Jahren schon. Sie feiert wunderschöne Familiengottesdienste, Krippenspiele und findet berührende Worte bei Trauungen, Geburtstagsbesuchen und bei Beerdigungen. Und: Dieser langjährige Kirchenvorsteher, jeden Sonntag im Gottesdienst, beim Gemeindefest kümmert er sich um den Grill und dass genug Würstel und Bier da sind. Natürlich auch die Mesnerin, die jeden Sonntag den Altar schmückt, mit Rosen, Tannen, Sommerblumen aus dem Garten, je nach Jahreszeit. Die regelmäßige Gottesdienstgemeinde, die jeden Sonntag zusammenkommt; Kerngemeinde nennen das manche. Oder die, die sonntags regelmäßig die Morgenfeier hören oder den Fernsehgottesdienst mitfeiern. Und nicht zu vergessen: diese Bischöfin und jener Kardinal, die öfter im Fernsehen sind. Leute, die das Ja zur Religion leben, in Wort und Tat verkörpern.

Leute, denen der Glaube am Herzen liegt. Solchen Leuten erzählt Jesus dieses Gleichnis. Und dann wirkt seine indirekte Frage ganz schön frech: Wie ist denn das bei dir persönlich? Bist du eigentlich schon in den Weinberg gegangen? Liegt dir deine Religion, dein Glaube, liegt dir die Sache mit Gott am Herzen?

Vom Nein zum Weinberg Kirche

Das Gleichnis zeigt auf niemanden mit dem Finger. Es erzählt einfach nüchtern, dass ein Sohn brav Ja sagt und nicht in den Weinberg des Vaters geht. Und dass ein anderer Sohn, weniger brav, Nein sagt. Nein, Vater, ich mache das nicht. Ich gehe nicht in den Weinberg. Nein, ich hab mit Religion, mit Gott nichts am Hut. Und mit der Kirche auch nicht.

Ein Nein-Sager. Wenn der Weinberg "Kirche" heißt, sagen heute zunehmend mehr Leute Nein. Und manchmal auch mit guten Gründen. Nein, zur Kirche gehöre ich nicht. Nicht mehr. Ich bin ausgetreten. Die Missbrauchsskandale, auch in der evangelischen Kirche. Die Kirchensteuer, das viele Geld, das einem einfach so abgezogen wird; immer wieder Nachrichten von Finanzskandalen in der Kirche; "Immer wollen sie Geld und können gar nicht richtig damit umgehen". Und dazu noch die mal lauteren, mal leiseren Versuche von Kirchenleuten, frommen Bloggern und Facebookschreiberlingen, anderen vorzuschreiben, wie man aus angeblich christlicher Sicht das Privatleben zu gestalten hat, was im Schlafzimmer erlaubt ist und was nicht, welche Beziehungsformen schöpfungsgemäß sind – sorry, ich finde auch, das ist Kindergarten und übergriffig, ein letzter Versuch, ein bisschen kirchliche Autorität zu demonstrieren. Es kann auch ganz einfach ein persönliches Wort oder auch eine Predigt sein, die einen ärgert oder verletzt. Ich habe das selbst einmal erlebt, dass ich aus einem Gottesdienst gegangen bin und mir gedacht habe: "Da gehe ich nicht mehr hin. Ist das meine Kirche, meine Religion, wo so gepredigt wird? Nein. Nicht mehr mit mir."

Das Nein zur Kirche ist verbreitet. Neben äußeren Ärgernissen über Kirchenvertreter oder Steuern hat jeder Austritt auch eine innere Seite, eine persönliche. Man wurde ja mal getauft, konfirmiert, war im Religionsunterricht, gehörte zu einer Gemeinde, wurde gelegentlich angeschrieben. Die Oma wurde vom Pfarrer besucht. Irgendwie gehörte es dazu. Und da stellt sich dann beim Austritt auch eine innere Frage: Was bedeutet mir persönlich das Christentum eigentlich? Und was bedeutet mir das kirchliche Christentum?
Die Nein-Sagerinnen und Nein-Sager zu Religion und Kirche haben darüber nachgedacht. Nicht immer, aber oft haben sie gute Gründe für ihr Nein. Manchmal besser als die Ja-Sager.

Von dem Sohn, der zuerst Nein sagt, erzählt ein ganz wichtiger kleiner Satz: "Danach, später reute es ihn." Es gibt also ein Später, ein Früher und ein Heute. Der Sohn sagt heute Nein. Später – Stunden, Tage, vielleicht Jahre, Jahrzehnte später – später reut es ihn. Später denkt er neu nach.

Die beiden Brüder unterscheiden sich nicht einfach durch Tun oder Nicht-Tun. Es ist etwas anderes, Tieferes, was der eine Sohn dem anderen voraushat. Es ist die Reue. Das In sich gehen. Das Nachdenken. Nachdenken über das eigene Leben im Licht des Ewigen, im Licht Gottes und dann bereit sein für Veränderung. Das griechische Wort für bereuen heißt: Meta-melein. Da steckt die Meta-Ebene drin. Und melos, der Schmerz. Das ist die Reue. Auf einer Metaebene das eigene Leben zu bedenken, das kann weh tun. Es ist die Reue, die den Sohn später in den Weinberg gehen lässt, obwohl er früher Nein gesagt hat. Und das ist es, was der andere Sohn, der Ja gesagt hat, noch vor sich hat: Dieses vertiefte, auch schmerzliche Nachdenken über das eigene Leben.

Nachdenken und neu anfangen

Nachdenken über das eigene Leben, wie es war, wie es ist, wie sein könnte – das gehört zum Besonderen und Wichtigen, was unser Menschsein ausmacht. Was uns unterscheidet von Tieren, Maschinen und Robotern. Nachdenken über das eigene Leben im Licht des Ewigen.

Und wann tut ein Mensch das? Neben Gottesdiensten oder Morgenfeiern wie jetzt sind es Umbrüche im Leben, die ins Nachdenken bringen: Ein neuer Job und der Abschied vom alten. Der Umzug in eine neue Wohnung und das Zurücklassen des früheren Stadtviertels. Der Abschied von einem Menschen und die Leere, die zurückbleibt.

Oder auch Jahrtage. Ich finde Jahrtage sehr wichtig. Ich habe manche im Kopf und vorsichtshalber auch im Handy gespeichert: Mein Konfirmationstag. Die Geburtstage und Tauftage meiner Patenkinder. Den Kennenlerntag meiner Partnerschaft. Außerdem erinnert mich Facebook regelmäßig an Jahrtage von Freundschaften.

Neben Jahrtagen und großen äußeren Umbrüchen erleben Menschen auch innere Übergänge. Sie heißen Midlife Crisis, Lebensmitte, Wechseljahre. Da muss äußerlich gar nichts Großes passieren. Da passiert innerlich etwas. Und es beginnt oft mit der ganz schlichten Einsicht: Es ist später geworden. Die Zeit läuft. Ich bin älter geworden, habe schon ein Stück Leben gelebt. Einiges ist schon vorbei. So mit Ende 30, in den 40ern oder 50ern kann sie sich einstellen, die Nachdenklichkeit der Lebensmitte. Man kann versuchen, sie zu verdrängen, noch mehr, noch exzessiver, noch jugendlicher zu leben.

Aber früher oder später hat sie einen, die Lebensmitte. Wir erkennen sie nicht an einer Jahreszahl. Wir erkennen sie an Fragen, die aus der Tiefe unseres Daseins aufsteigen. Es sind intime Fragen, die in jedem Lebensalter einen guten Sinn machen.

Wo stehe ich mit meinem Leben zwischen schon verbrachtem und noch verbleibendem Leben?
Was habe ich geschafft und was macht mir zu schaffen?
Was habe ich erreicht und was wird aller Wahrscheinlichkeit nach unerreichbar bleiben?
Welche Lebensknoten, die sich einfach nicht lösen lassen wollen, hat mein Leben?
Was sind die Wunder und was sind die Wunden meiner ersten Lebenshälfte?
Welches sind die Farben meiner Lebenserinnerungen? Wie bunt, wie dunkel, wie hell sind sie?
(Bernhard Sill / Peter Bubmann, Schritte durch die Lebensmitte, 15; Gütersloher Verlagshaus.)

Solche Fragen helfen bei einer Art Zwischenbilanz im Leben. Zu solcher Zwischenbilanz gehört viel Mut. Denn beim Nachdenken über mein Leben stoße ich nicht nur auf Erfolge. Ich stoße auch auf Ungelebtes. So viele Möglichkeiten hat es gegeben. Oder hätte es gegeben. Und was habe ich gewählt? Und was nicht? Und war das gut und richtig, wie ich gewählt, wie ich mich entschieden habe?

Es ist dieses "später reute es ihn", dieses Innehalten, Nachdenken und Umdenken, woraufhin der erste Sohn doch in den Weinberg geht. Der zweite Sohn sagt brav Ja, geht nicht in den Weinberg, kommt nicht ins Nachdenken. Der eine merkt mit der Zeit, was ungelebt blieb und ändert sein Leben. Der andere merkt gar nicht, dass etwas fehlt.

Ich höre Jesu Gleichnis als Einladung zur Nachdenklichkeit. Zu einem Gang in die Tiefe des eigenen Lebens. In das Verborgene, auch: In das Ungelebte. "Die verborgene und verbotene Zone des Heiligen", so nennt der Theologe Manfred Josuttis den Weinberg, die Sache mit Gott. Verborgen, sogar verboten, hochintim ist es, das ehrliche Nachdenken über das eigene Leben im Licht des Ewigen.

So manche Lebenseinstellung kommt so selbstverständlich daher, dass es fast schon verboten erscheint, ein Fragezeichen zu setzen oder unter die Oberfläche, ins Verborgene zu schauen. Arbeitest du im Weinberg? Ist sie dir in deinem Leben wichtig, die verborgene und verbotene Zone des Heiligen?

Und Jesus sprach weiter: Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr.
Denn Johannes kam zu euch und wies euch den Weg der Gerechtigkeit, und ihr glaubtet ihm nicht; aber die Zöllner und Huren glaubten ihm. Und obwohl ihr's saht, reute es euch nicht, sodass ihr ihm danach geglaubt hättet.

Jesus hat Mut und Humor. Denn es klingt wirklich wie ein Witz: Zöllner und Huren, also Leute, denen das Nein zur Religion, zu einem anständigen Leben nahezu auf die Stirn geschrieben scheint – ausgerechnet sie werden den Frommen als Beispiel vorgehalten; denn: sie haben sich bewegen lassen, sind ins Nachdenken gekommen. Die sind in die Tiefe gegangen. Und, sagt Jesus: Obwohl ihr frommen Ja-Sager das gesehen habt, hat es euch nicht gereut, seid ihr nicht ins Nachdenken gekommen.

Positiv gesagt, auch zu Ihnen und auch zu mir gesagt, heißt das doch: Liebe Ja-Sagerinnen und Ja-Sager, überdenkt mal euer Leben. Wenn ihr euch eure Religion zu Herzen gehen lassen wollt, nehmt euch mal ein Beispiel an den Zöllnern und Huren.
Schaut mal, wie die ins Nachdenken kommen.

Sexarbeiter und Seelsorger: Wie Cem ins Nachdenken kommt

Einen von ihnen habe ich über einen Bekannten kennen gelernt. Er ist Jahrgang 1978 und schreibt mit 30 seine Lebenserinnerungen unter dem Namen Cem Yildiz. Der Name ist ein Pseudonym. Dieses Buch ging mir beim Lesen sehr nah. Cem erzählt von seinen Eltern, seiner Kinder- und Schulzeit. Cems Mutter ist Türkin, sein Vater Deutscher. Cem macht eine Ausbildung zum Konditor, bis er schließlich mit 16 beginnt, in dem Beruf zu arbeiten, den er gut 14 Jahre ausübt. Cem ist Escort. Das männliche Pendant zu den "Huren", ein abwertendes, moralisierendes Wort – ich mag es nicht. Cems Beruf heißt heute Sexarbeiter. Sein Buch hat den Titel "Fucking Germany". Verstörend und berührend ist es, wie Cem aus seinem Leben als Escort erzählt. Cem lässt sich für Sex bezahlen. Ab hundert Euro kostet es pro Stunde, sich von Cem befriedigen zu lassen.

Seine Kunden sind ein paar wenige Frauen und viele, viele Männer: Ein Ehepaar will einen Dreier; der alte Bauer auf dem Dorf, der allein lebt und Cem nur zu Mitternacht empfängt, der verheiratete Ehemann, dessen Frau verreist ist und deren Schminke noch im Bad liegt; das männliche Model, das eigentlich jeden Kerl haben könnte aber keine Lust hat auf langes Chatten bei den Dating-Portalen.

Immer wieder kommt Cem ins Nachdenken, über sich und sein Leben. Einmal sitzt er in einer alten, runtergekommenen Schwulen-Bar in Berlin. "Ich setze mich ganz allein in ein Eck am hinteren Ende der Bar. "Bist du Türke?", sagt einer, der sich mit einem Glas Hefeweizen an mich heranwanzt.  Ganz entgegen meiner Art ignoriere ich ihn einfach, ich möchte jetzt mit mir allein sein. Ich möchte nachdenken, und dieser Laden in all seiner Trashigkeit scheint mir ein guter Ort zu sein. Ein guter Ort, um sich die Frage zu stellen: Was mache ich eigentlich in meinem Leben? Und wie solls eigentlich weitergehen? Ich seh‘ mir die alten Herren an, die an der Bar sitzen und sich ein Bier nach dem anderen auf die Hüften trinken. Reifer werden, erwachsener werden, ist vielleicht gar nicht so schlimm. Aber älter werden?

Ich bin nun dreißig Jahre, und es ist bestimmt so, dass ich in meinem Leben schon sehr viel gesehen und erlebt habe. Aber eine Frage stellt sich mir nun immer häufiger: Was fange ich mit den Erfahrungen an? Was mache ich damit? Und wie geht es weiter in meinem Leben?"
(Bernhard Sill / Peter Bubmann, Schritte durch die Lebensmitte, 15; Gütersloher Verlagshaus.)
 
Cem denkt nach über sein Leben und lässt mich teilhaben an seinen Gedanken, seiner Sehnsucht, seinen Fragen und Zweifeln, auch an seinen ganz zarten und zerbrechlichen Seiten unter dem Macho-Panzer seines Jobs. Sehr ehrlich, tiefgründig. Und auch sehr berührend.

"Es gibt Momente, in denen ich nur noch der festen Überzeugung bin, dass die Menschheit ausschließlich aus egoistischen Arschlöchern besteht. Nur auf ihren Vorteil bedacht, nicht in der Lage sich auf ihr Gegenüber einzustellen. Noch trauriger ist nur die Erkenntnis, dass man sich auch nicht darüber wundern muss, wenn einen Menschen nicht aufrichtig und vertrauensvoll behandeln, wenn man sie für ihre aufrichtigsten, innersten Bedürfnisse zur Kasse bittet. Wenn man sie für ihre Sehnsucht nach Intimität und Nähe bezahlen lässt."   (Ebda. Fucking Germany, 209f, gekürzt )

Schonungslos und auch schmerzlich ist dieses Nachdenken. Und schließlich lässt Cem seinen Lebensabschnitt als Escort hinter sich. Er wird Heilpraktiker. Ein Beruf, der auch psychotherapeutisch arbeitet. Und so macht damit Ähnliches wie vorher als Escort: Sich einfühlen und den verborgenen und verbotenen Sehnsüchten von Menschen nachspüren. Cem – ein Seelsorger, ein Begleiter durch die verborgenen und verbotenen Zonen der Sehnsucht. Ist das nicht eigentlich das Hauptamt der Religionsexperten? Seelsorge?
 
Cem beendet sein Buch mit den Worten: "Hoffnung und Zuversicht zählen zu den Grundgefühlen des Lebens."

Aus dem Mund von Cem bewegt mich das mindestens so sehr wie von einer Kirchenkanzel. Cem, ein junger Sexarbeiter, der durch Betten und Clubs, Höhen und Tiefen gegangen ist, erzählt mir, dem Theologen und Kirchenbeamten, von Hoffnung und Zuversicht. Auch wenn das Nachdenken über das eigene Leben schmerzt, auch wenn der Gang in die Tiefe und so manche Reue über Ungelebtes weh tut: Der Weinberg, der Raum des Heiligen steht noch offen. Steht immer offen.

"Pilgrim, how you journey?," singt die Sängerin Enya in einem wunderschönen Lied. Mensch wie reist du auf der Lebensstraße, die du gewählt hast? Du kannst nicht ändern, was vorbei ist, sondern nur, wohin du gehst. Wirst du die Antwort finden?

Evangelische Morgenfeier vom 3.2.2019 mit Pfarrer Dr. Florian Ihsen, München, Thema: Verborgen und verboten, (Matthäus 21, 28-32)

Das PDF mit dem vollständigen Text kann beim BR heruntergeladen werden unter diesem Link.