120 Freiwilligenagenturen sind in Bayern unter dem Dach der Landesarbeitsgemeinschaft Freiwilligenagenturen (lagfa) zusammengeschlossen. 66.150 Engagierte sind derzeit bei ihnen registriert - ebenso wie knapp 18.000 Einsatzstellen.
Frau Hertle, wie motiviert man Menschen, die noch unentschlossen sind, zum Ehrenamt?
Hertle: Menschen motiviert man, indem sie im Ehrenamt das finden, was sie suchen und brauchen. Ein zentraler und oft unterschätzter Faktor ist Spaß: Die meisten Menschen wollen sich so engagieren, dass es ihnen Freude macht. Das Gefühl, etwas Gutes und Sinnstiftendes zu tun, die Gesellschaft mitzugestalten und Gemeinschaft auch über die Generationen hinweg zu erleben sind weitere Motive. Zentral ist, mit welcher Offenheit die Verantwortlichen - auch in den Kirchen und Sportvereinen - mit Ehrenamtlichen umgehen und welche Gestaltungsräume die Engagierten bekommen.
Gibt es in der Bevölkerung noch Potenzial für mehr Ehrenamt?
Hertle: Nach dem aktuellen Freiwilligensurvey 2019 engagieren sich in Deutschland 39,7 Prozent der Ab-14-Jährigen. Aber deutlich über die Hälfte der bislang Nicht-Engagierten kann sich ein zukünftiges Engagement vorstellen. Das ist ein sehr großes Potenzial! Das wichtigste - denn daran scheitert oft eine dauerhafte Bindung von Ehrenamtlichen - ist das Freiwilligenmanagement: Wie sind sie in der Organisation angebunden, wie werden sie betreut, gibt es einen festen Ansprechpartner, Möglichkeiten der Mitsprache, eine Anerkennungskultur? Bei diesen Fragen bieten die Freiwilligenagenturen Unterstützung.
Hat die Pandemie die Arbeit der Freiwilligenagenturen ausgebremst?
Hertle: Am Anfang war die Nachfrage nach Mitarbeit in der Nachbarschaftshilfe immens groß. Die Freiwilligenagenturen konnten die Initiativen so koordinieren, dass die Hilfe zielgerichtet dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Wo es möglich war, wurden Angebote auf digital umgestellt. Aber mit dem weiteren Verlauf der Pandemie traten hier, wie überall, Ermüdungserscheinungen auf. Denn beim Engagement ist der persönliche Kontakt eine sehr zentrale Antriebsfeder. Die Phantasie, sich trotz Corona zu engagieren, ist groß. Dennoch erlebt das Ehrenamt durch die Pandemie einen gewaltigen Einbruch, von dem man noch nicht absehen kann, wie er sich auswirken wird.