Ab nächstem Schuljahr soll es einen regulären Islamunterricht für muslimische Schülerinnen und Schüler in Bayern geben. Er soll als Wahlpflichtfach vor allem für muslimische Kinder und Jugendliche als Alternative zur Religionslehre neben Ethikunterricht möglich sein, kündigte die bayerische Staatsregierung am Dienstag nach ihrer Kabinettssitzung an.

Der "Islamische Unterricht" löst damit nun einen mehr als zehn Jahre währenden Modellversuch ab. Er wird vorerst aber nicht flächendeckend angeboten. Die bayerische Landeskirche begrüßte die Einführung des neuen Fachs.

Islamunterricht an bayerischen Schulen

Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sagte nach der Kabinettssitzung, der Modellversuch sei 2015 und 2019 bei zwei Evaluationen von den Familien sehr positiv bewertet worden. In dem neuen Wahlpflichtfach sollen den muslimischen Schülerinnen und Schülern Wissen über die islamische Religion an sich, aber auch Werte wie etwa Religionsfreiheit vermittelt werden. Piazolo sagte, alle rund 100 bislang ausgebildeten Lehrkräfte seien beim Freistaat angestellt. Bislang gibt es den Modellversuch an gut 350 Schulen, das Angebot werde nun bedarfsgerecht ausgebaut.

Seit dem Jahr 2009 gab es den Modellversuch "Islamischer Unterricht" - in dessen Rahmen etwa 16.000 Schüler an 350 Schulen unterrichtet wurden, vor allem an den Grund- und Mittelschulen. Die Wurzeln reichen aber noch weiter zurück.

In der Einführungsphase ab dem Schuljahr 2021/2022 soll der neue Islamunterricht weiter an den bisherigen 350 Modell-Standorten sowie an einigen weiteren möglich sein. Bayernweit gibt es nach Angaben des Kultusministeriums mehr als 163.000 muslimische Schüler, das sind ungefähr zehn Prozent aller Schüler.

Oberkirchenrat Blumtritt äußert sich ebenfalls

Der in der evangelischen Landeskirche für den Bereich Schulen zuständige Oberkirchenrat Stefan Blumtritt sagte dazu, der staatlich verantwortete Islamische Unterricht biete aus seiner Sicht die Chance, "dass sich die muslimischen Schüler gut über ihre Religion informieren können". Dies könne dazu beitragen, sie "vor den Versuchungen des Fundamentalismus" zu schützen. Er mahnte allerdings auch, längerfristig sollte "ein konfessioneller islamischer Religionsunterricht" nach Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes "Zielpunkt staatlichen Handelns bleiben". Auch der Leiter des Katholischen Büros Bayern, Prälat Lorenz Wolf, sieht die Einführung des Islamunterrichts positiv. Denn jedem Kind solle religiösen Bildung in seiner Religion ermöglicht werden.

Bei dem neuen Islamunterricht handelt es sich nämlich nicht um einen Islamischen Religionsunterricht, der vergleichbar mit dem evangelischen, katholischen oder jüdischen Religionsunterricht wäre. Dies sei "mangels einer islamischen Religionsgemeinschaft" als nötiger Ansprechpartner nicht möglich. Die Muslime in Bayern und in Deutschland sind nicht einheitlich organisiert. Nur in einem solchen konfessionellen Religionsunterricht entschieden jedoch die Religionsgemeinschaften über die Lerninhalte und nicht der Staat, sagte Blumtritt dem Sonntagsblatt.

Simone Fleischmann zu Einführung des Islamunterrichts

Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), bezeichnete die Einführung als überfällig. Dass der IU nun - ähnlich wie im Modellversuch - erst mal nur an 350 Standorten angeboten werden soll, kritisiert sie. Es sei stets von einem flächendeckenden bedarfsorientierten Fach die Rede gewesen. Nun müssten viele mit Bedarf weiter warten. Der Antisemitismus-Beauftragte der Staatsregierung, Ludwig Spaenle, nannte den Unterricht einen "Meilenstein für Integration, Erziehung zu Toleranz und Bekämpfung von Antisemitismus".

Nach Angaben der Staatsregierung handelt es sich bei dem neuen Islamunterricht um ein "ganz neuartiges", auf muslimische Schülerinnen und Schüler zugeschnittenes "islamkundliches und wertebildendes" Wahlpflichtfach als Alternative zu Ethik. Um die hohe Akzeptanz dieses Wahlpflichtfachs zu bewahren, soll bei der Gestaltung und Entwicklung des Lehrplans mit seinen Inhalten auf die Kompetenz des Wissenschaftlichen Beirats des Departments Islamisch-Religiöse Studien der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zurückgegriffen werden, hieß es weiter.

Der am Dienstag vom Kabinett gebilligte Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) geht jetzt in die Verbandsanhörung, ehe der Landtag darüber abstimmt. 

Islamunterricht an bayerischen Schulen

Islamunterricht an ausgewählten Schulen in Bayern gibt es im Rahmen eines Modellversuchs seit dem Schuljahr 2009/2010 - die „Wurzeln“ reichen sogar noch weiter zurück. Nachdem der Modellversuch mehrmals verlängert wurde, soll Islamunterricht zum kommenden Schuljahr 2021/22 Regelfach werden. Zuletzt hatten laut Kultusministerium rund 16.000 Schülerinnen und Schüler an 350 Schulen den Islamunterricht besucht - vorrangig an Grund- und Mittelschulen. Insgesamt haben mehr als 163.000 Schüler im Freistaat eine islamische Religionszugehörigkeit - das entspreche rund zehn Prozent der Schülerschaft.

Der Islamunterricht ist laut Kultusministerium kein konfessioneller Religionsunterricht im Sinne des Grundgesetzes, sondern eine weltanschaulich-religiös neutrale Islamkunde kombiniert mit Werteerziehung. Die bayerische evangelische Landeskirche befürwortet seit langem den Islamunterricht mit der Begründung, dass so die Integration von Muslimen gefördert werden könne. Voraussetzung müsse aber - so wie bisher auch geschehen - ein ordentlicher Lehrplan, Deutsch als Unterrichtssprache und eine universitäre Ausbildung der Lehrkräfte sein.

Mit angestoßen hatte den Islamunterricht unter staatlicher Aufsicht der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV). Denn ein solcher Unterricht nehme die religiöse Identität der jungen Muslime ernst und biete ihnen die Möglichkeit, sich mit der eigenen Religion auseinanderzusetzen, betont BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann immer wieder.