Passend zur allgemeinen Gewitterlage im Freistaat geht der Juni auch für die bayerische Landeskirche mit ein paar lauten Donnerschlägen zu Ende. Ein Regionalbischof wurde gewählt und sagte wieder ab, und neben allen offenen Fragen zu dieser Schlappe steht mal wieder die Frage im Raum, warum es in kirchlichen Spitzenjobs eigentlich so wenige Frauen gibt.
Dazu die Zahlen: Derzeit sind von 13 Posten im Landeskirchenrat (noch) drei mit Frauen besetzt. 28 Prozent der Dekanspersonen sind weiblich, bei den Pfarrpersonen sind es schon 43 Prozent (Stand: 2022). Hingegen sind 56 Prozent der Theologiestudierenden Frauen. So weit, so üblich: Dass ganz Deutschland beim Thema Frauen in Chefetagen nur so mittelgut ist, ist nicht neu.
Studien zeigen, dass freiwillige Selbstverpflichtung nicht funktioniert
Immer mehr Theologinnen (und auch Theologen) in Bayern wollen sich mit der Situation aber nicht mehr abfinden. Das zeigt die große Resonanz auf die Kritik der Landshuter Dekanin Nina Lubomierski zum Fall der Neubesetzung in Oberfranken. "Letztlich werden wir eine Quote brauchen, wenn wir wirklich Frauen in Leitungspositionen der Kirche sehen wollen", ist Lubomierski überzeugt.
Landesbischof Christian Kopp hat die Idee in einem Radio-Interview aufgegriffen und die Frauenquote als "interessanten Gedanken" bezeichnet, über den man reden müsse. Anderswo ist man da schon weiter: Im August 2021 hat der Bundestag das Zweite Führungspositionengesetz verabschiedet, das die Vorgaben des ersten "FüPoG" von 2015 fortschreibt. Und die Diakonie Deutschland hat 2022 beschlossen, dass auf Bundesebene Leitungsstellen so lange mit Frauen besetzt werden müssen, bis ein Anteil von 50 Prozent erreicht ist.
Dass die Politik längst mit Quoten operiert, hat Gründe: Studien zeigen, dass freiwillige Selbstverpflichtung nicht funktioniert, weil männlich besetzte Entscheidergremien eher Männer fördern. Zugleich weiß man, dass gemischte Teams besser arbeiten als nur Männer oder nur Frauen. Gilt auch für Kirche.
Ist die Quote also ein Allheilmittel?
Ist die Quote also ein Allheilmittel? Natürlich nicht. Wer mehr Frauen – von denen nicht alle, aber viele Mütter sind – an der Spitze will, muss Talente identifizieren und frühzeitig fördern sowie den Zuschnitt von Spitzenjobs mit Teilzeit- und Sharingmodellen verändern und solche Besetzungen auch gezielt suchen. Das heißt nicht, dass für jedes Bedürfnis alles möglich ist: Chefs müssen in Krisen präsent sein, da muss manchmal alles andere liegen bleiben. Schon "normal" berufstätige Eltern kommen ohne Notfallpläne nicht aus; ein Spitzenjob macht die Lage nicht besser.
Was eine Quote könnte: Der Frauenförderung der Kirche mehr Strategie verordnen. Und den Entscheidern bei Kandidaten gleicher Qualifikation den nötigen Schubs geben, das Ungewohnte zu wagen: eine Frau an der Spitze.
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