Gelebte Ökumene – im Dekanat Weiden hat das Miteinander von evangelischen und katholischen Christen eine lange Geschichte und gehört hier seit Jahrhunderten zum Alltag.

Etwa in Form von Simultankirchen, die Mitte des 17. Jahrhunderts eingeführt wurden. Dabei handelt es sich um Gotteshäuser, die sich Evangelische und Katholiken teilen und zu unterschiedlichen Zeiten für ihre Gottesdienste nutzen. Getrennt voneinander, aber in demselben Gebäude.

Simultankirchen im Dekanat Weiden

Das ist in zwei Kirchen im Dekanat Weiden in der nördlichen Oberpfalz bis heute so: St. Jakobus in Wildenreuth und St. Johannes Baptist Altenstadt bei Vohenstrauß.

Simultankirchen führte 1652 der damalige Landesfürst Pfalzgraf Christian August in der nördlichen Oberpfalz ein. Was äußerst fortschrittlich war: Zermürbt von den Gemetzel des 1648 beendeten Dreißigjährigen Krieges, von Hass und Gewalt zwischen den Konfessionen, überlegte der Herrscher, wie er in seinem Fürstentum Sulzbach eine Annäherung von Protestanten und Katholiken forcieren könnte.

 

Kirche St. Ulrich in Wilchenreuth
St. Ulrich in Wilchenreuth im Dekanat Weiden wurde bis 1912 als Simultankirche genutzt.

"Gottes Liebe gilt allen", glaubte der Herrscher und machte sich für religiöse Toleranz stark. Um weitere Auseinandersetzungen zwischen Protestanten und Katholiken zu verhindern, setzte er auf das Prinzip "Simultaneum". Das bedeutet: Die beiden Konfessionen nutzen Kirche, Pfarrhaus und Friedhof gemeinsam. Mehr noch: Die Kirche samt dazugehörigen Liegenschaften gehört ihnen je zur Hälfte.

Taufbecken mit Vorhängeschloss verriegelt

Ob nun ein evangelischer oder ein katholischer Pfarrer im Pfarrhaus wohnen durfte, das entschied häufig das Los. Wer wann Gottesdienst feiern oder die Glocken läuten durfte – darüber wurde mitunter heftig gestritten. Manchmal wurden Taufbecken gar mit Vorhängeschlössern verriegelt.

Und so verlief das Prinzip Simultaneum in der Praxis nicht ganz ohne Konflikte. Gelinde gesagt, denn mancherorts artete der Streit derart aus, dass die Regierung – wie 1730 in Floß – mit einem kuriosen Verbot einschritt: Dort durfte in Wirtshäusern nicht mehr über Religion gesprochen werden. Auf einer evangelischen Trauerfeier soll es gar mal zu einer Schlägerei gekommen sein.

"In den Orten mit einer simultanen Geschichte herrscht heute ein gutes ökumenisches Miteinander"

Nach 1900 wurden die meisten Simultankirchen aufgelöst. Doch die von oben verordnete Nähe hatte langfristig gesehen etwas Gutes: "In den Orten mit einer simultanen Geschichte herrscht heute ein gutes ökumenisches Miteinander. Es ist gewachsen aus einem langjährigen Wissen und Verständnis um die Verschiedenheit der Konfessionen" – so heißt es etwa auf der Webseite des "Simultankirchenradwegs", der 50 Kirchen verbindet.

Wörterbuch der Ökumene

Wie wichtig das Miteinander zwischen Evangelischen und Katholiken dem Dekanat Weiden ist, zeigt sich hier selbst an Kleinigkeiten: Kürzlich hat es in 3. Auflage "Das kleine Kirchen 1 x 1" herausgegeben – "Um etwaigen Verständigungsproblemen zwischen den beiden Konfessionen entgegenzuwirken".

Das liebevoll gestaltete Mini-Wörterbuch "Evangelisch-Katholisch" sowie  "Katholisch-Evangelisch" übersetzt ausgewählte Begriffe der einen in die Sprache der anderen Konfession.

Innenraum von St. Michael in Weiden
Der Innenraum von St. Michael in Weiden

24 Kirchengemeinden gehören zum Dekanat Weiden, das seit Dezember 2020 von Dekan Thomas Guba geleitet wird. Den Mittelpunkt des Dekanats bildet die Stadt Weiden mit der St. Michaelskirche.

Max Reger in St. Michael

St. Michael war einst ebenfalls eine Simultankirche. Doch dann benötigte die stark gewachsene katholische Gemeinde mehr Platz und zog in die neue Kirche St. Josef. Die letzte katholische Messe wurde im November 1900 gefeiert. Die Protestanten blieben, St. Michael wurde evangelisch.

Auch in St. Michael stößt man auf Spuren der Ökumene: Der berühmte Komponist und Organist Max Reger saß hier als Jugendlicher Ende des 19. Jahrhunderts an der Orgel. Der Katholik soll in St. Michael den evangelischen Choral kennengelernt haben. 1898 komponierte er in St. Michael eines seiner berühmtesten Orgelwerke: "Ein‘ feste Burg ist unser Gott" – nach der Hymne von Martin Luther.

Evangelisches Dekanat Weiden

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