Der Rußfleck auf der schlichten Kanzel ist nicht aus einer Nachlässigkeit heraus geblieben: Er ist eine Brandspur des verheerenden Bombenangriffs auf die erste Kirche in Nürnberg-Laufamholz. Die Kanzel besteht aus alten Sandsteinblöcken, die für den Bau der Kirche Heilig-Geist wieder verwendet wurden.
Pfarrerin Daniela Küster verweist gerne auf diese Spuren, ebenso auf den geschmiedeten Andachtsleuchter mit der Weltkugel, die Messing-Taufschüssel oder den Altar. Überall hier haben sich Künstlerinnen und Künstler aus Nürnberg und insbesondere aus der eigenen Gemeinden verewigt.
"Ein Zeichen dafür, wie eng die Menschen hier schon früher mit ihrer Kirche verbunden waren", meint Küster.
Michael Wörner hat den kleinen Kirchenführer für das Gotteshaus gestaltet. Darin ist die Geschichte des Orts, seiner ersten Kirche und natürlich der verheerenden Bombennächte des Zweiten Weltkriegs ebenso nachgezeichnet wie der Wiederaufbau. "Schon am 1. Juli 1945, also kurz nach Kriegsende, war die Errichtung beschlossene Sache", erklärt er.
Die amerikanische Militärregierung hatte eine Baracke auf der "Russenwiese" am Valznerweiher zum Abriss freigegeben, eine weitere Flakbaracke wurde im Anschluss erworben und ebenfalls "ausgeschlachtet". Für Gips oder Zement tauschte man in diesen Monaten Berechtigungsscheine für Bohnen, Kaffee oder Haferflocken.
Kirche steht unter Denkmalschutz
Was man im Gebäude nicht sieht: Die Seitenwände bestehen im Wesentlichen aus Holzkonstruktionen, die ausgemauert wurden. Bernard Pasche, Mitglied des Gemeindevereins, klopft an die Wand - das Echo klingt hohl. Doch die Kirche hält der Witterung gut stand - auch, weil in den Jahren 2010/11 das Dach saniert wurde. Viel an der Bausubstanz verändern lasse sich ohnehin nicht, meint Pasche: "Die Kirche steht unter Denkmalschutz, solche Notkirchen gibt es ja nur noch ganz wenige."
"Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren" steht über einem Rundbogen. Dieser Satz aus dem Lukasevangelium strahlt ebenso Optimismus aus wie das Altarbild.
"Ich freue mich immer wieder über den strahlenden Christus. Oft ist er leidend am Kreuz abgebildet, hier lädt er ein", meint Peter Heß.
Er selbst lädt mit einem Team aus der Gemeinde in den Monaten November bis März jeweils am zweiten Sonntag zu den "Laufamholzer Gesprächen über Gott und eine gerechtere Welt" in den Gemeindesaal ein. Im Mittelpunkt steht dann immer ein themenbezogenes Interview, in dem Gäste aus Kirche, Politik und Gesellschaft aus ihrem Leben erzählen und Impulse für eine friedlichere Welt geben.
Lebendiges Miteinander rund um Notkirche
Seit über 100 Jahren, und damit länger, als es hier eine Kirche gibt, besteht in Laufamholz ein evangelischer Gemeindeverein, der vom Jugend-Café bis zum wöchentlichen Seniorentreff ein breites Angebot für die Menschen im Stadtteil anbietet. Rund um die Notkirche hat sich in den vergangenen Jahren ein lebendiges Miteinander entwickelt. Auch ein Grund, weshalb auf den Postkarten, die für die Jubiläumsfeierlichkeiten im Mai mit Konzerten, Erzählrunden und verschiedenen Gottesdienstformaten werben, der Satz "Kirche lebt!" prangt - nebst einer lachenden Heilig-Geist-Kirche im Comic-Stil.
Das Jubiläumsprogramm mit Gottesdiensten, Konzerten oder Umzug findet noch bis 29. Mai statt. Mehr Infos findet ihr hier.
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