Das auffälligste Merkmal der Diakoniekirche sind die Mauergitter: Als hätte ein akkurater Riese jedes zweite Steinchen aus seinem Jenga-Turm entfernt, hat die denkmalgeschützte Fassade der 1962 gebauten Evangeliumskirche jetzt eine mehrfach durchbrochene Fassade.

Sie fungiert als eine Art Lichtsieb für die Innenräume, die auf zwei Etagen im hinteren Drittel des Sakralbaus eingezogen wurden und künftig Platz bieten für Gemeindegruppen oder Veranstaltungen. Das ursprüngliche Gemeindehaus bespielt bereits die Diakonie Hasenbergl, die einen Großteil ihrer Verwaltung ins alte "Grüß Gott Haus" verlagert hat.

Hasenbergl: Kirche und Diakonisches vereinen

Die Mauergitter aus Backstein waren die rettende Idee: Echte Fenster hätte der Denkmalschutz nicht erlaubt - doch ganz ohne Tageslicht wäre das Konzept vom "Haus im Haus" nicht umsetzbar gewesen. Nun fällt, je nach Tages- und Jahreszeit, sanftes Licht in die beiden Gemeinderäume an der Südseite und in den großen Saal unterm Dach. Den Rest erledigt ein gutes Lichtkonzept, erklärt Pfarrerin Sophie Schuster, die seit November 2022 eine halbe Stelle für das "Projekt Diakoniekirche" innehat.

Es gibt viele evangelische Kirchen in Bayern, die beispielsweise mit "Vesperkirchen" ein starkes diakonisches Profil haben. Die Kooperation im Münchner Norden sei, so die Bauherren, dennoch bayernweit einzigartig: Hier beteiligt sich die örtliche Diakonie mit 1,8 Millionen Euro am Umbau des Gesamtensembles; auch eine inhaltliche Kooperation ist künftig fest geplant.

Die Rückseite einer Kirche, die sich noch im Bau befindet. Die Wände sowie das Dach sind bereits zu sehen
Mauergitter in der Fassade der denkmalgeschützten Evangeliumskirche ermöglichen einen Lichteinfall in die neuen Gemeinderäume, die sich auf zwei Etagen im hinteren Drittel der Kirche befinden.

Einen Raum für ein neues gesellschaftliches Miteinander schaffen

"Wir können uns Begegnungstreffs des sozialpsychiatrischen Diensts vorstellen, Veranstaltungen des Alten-Service-Zentrums (ASZ), eine Vesperkirche mit der Diakonie Hasenbergl oder inklusive Konzerte", zählt die Pfarrerin auf. Bei der Diakonie Hasenbergl sieht man in der Diakoniekirche "eine große Chance", gemeinsam mit den Gemeindemitgliedern, den Anwohnern und den Mitarbeitenden "einen Raum für ein neues gesellschaftliches Miteinander zu gestalten", teilte eine Sprecherin mit. Erste Vernetzungsworkshops haben laut Pfarrerin Schuster bereits stattgefunden. Inklusion sei ein wichtiges Stichwort - auch mit Blick auf den Großteil der Menschen im Hasenbergl, die keiner christlichen Kirche angehören.

Ein fertiges Konzept für die Diakoniekirche gebe es aber nicht, sagt Felix Reuter, Dekan im Münchner Norden: Man sei "auf dem Weg" zu einer Kirche als "Begegnungsort gelebter Nächstenliebe". Dafür müsse man erst mal alle Interessierten an der Idee der Diakoniekirche beteiligen, sagt Sophie Schuster:

"Die Kirche soll offen bleiben für immer wieder neue Ideen und Menschen."

Gesamtkosten viel höher als erwartet

Für den Umbau waren zunächst 5,8 Millionen Euro veranschlagt, von denen die Landeskirche 2,5 Millionen, die Diakonie Hasenbergl 1,8 Millionen, das Dekanat München eine Million und Prodekanat und Gemeinde den Rest übernehmen sollten. Wie bei Großprojekten häufig, konnte der Finanzplan nicht gehalten werden.

Eine unerwartete Asbestsanierung der Kirchendecke sowie die Baukostensteigerungen durch Corona-Pandemie und Ukrainekrieg lassen die Gesamtkosten auf rund 6,5 Millionen Euro steigen. Wer die Differenz von rund 700.000 Euro trägt, solle nach Abschluss aller Baumaßnahmen verhandelt werden, sagte Reuter.

Das dauert noch ein bisschen: Zwar ist der Kirchenraum zum Festgottesdienst mit Landesbischof Bedford-Strohm am 2. April fertig; die Arbeiten in den Gemeinderäumen und an den Außenflächen sollen jedoch noch bis in den Sommer gehen.

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