Dass die finanzielle Situation vieler Wohlfahrtsverbände angespannt ist, ist nicht neu – das gilt auch für die evangelische Diakonie. Die Schlagzahl der Schreckensmeldungen hat in den vergangenen Monaten jedoch zugenommen: Klinikverkäufe hier, Schließung ambulanter Pflegedienste dort, dazwischen drohende Insolvenzen.

Insgesamt stehen zumindest die meisten großen Diakonischen Werke in Bayern wirtschaftlich solide da, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den Sozialwerken ergeben hat. Doch auch bei denen zwickt und zwackt es – vor allem bei den sogenannten Beratungs- und Unterstützungsangeboten.

Diakonie München: "Höchste Priorität" für soziale Angebote

Die Vorstandssprecherin der Diakonie München und Oberbayern, Andrea Betz, teilte auf epd-Anfrage mit, es habe "höchste Priorität", alle sozialen Angebote für Menschen, "die dringend darauf angewiesen sind", zu erhalten. Leider verschlechterten sich jedoch die Rahmenbedingungen im Sozial- und Gesundheitsbereich weiter. Die Diakonie müsse daher ihre Kräfte "noch mehr bündeln".

Konkret sei beispielsweise die Finanzierung bei der Nachmittagsbetreuung in Ganztagsschulen oder auch der Beratung und Begleitung geflüchteter Menschen nicht kostendeckend. Die Politik sei gefragt. Sie müsse sicherstellen, "dass der soziale Sektor ausreichend und zukunftssicher finanziert wird".

Rummelsberger Diakonie: Positive Zahlen, aber Frust über Regelungen

Wirtschaftlich sehr solide steht die Rummelsberger Diakonie da. Nach eigenen Angaben habe man in den "letzten Jahren unter schwierigen Marktverhältnissen konstant positive Ergebnisse" erwirtschaftet, teilte ein Sprecher mit. Der Diakonie machten vor allem jene Tätigkeitsfelder wirtschaftliche Schwierigkeiten, in denen "sozialunternehmerisches Handeln durch regulativ zementierte Gesetzgebung" an seine Grenzen stoße.

Konkret bemängeln die Rummelsberger die Benachteiligung beruflicher Schulen in Trägerschaft von Wohlfahrtsverbänden - diese erhielten nicht die gleichen Mittel wie staatliche Schulen oder müssten etwa bei Baumaßnahmen Jahre auf die Erstattung warten.

Augsburg: Überschüsse – und Übernahmen kleiner Diakonievereine

Bei der Diakonie Augsburg wurden in den vergangenen zehn Jahren regelmäßig Überschüsse erwirtschaftet, die zur wirtschaftlichen Stabilität des Sozialunternehmens beitragen, teilte der kaufmännische Vorstand Markus Bottlang mit. Die Augsburger haben in den vergangenen Jahren mehrere kleine Diakonievereine übernommen, die selbst am Markt keinen Bestand mehr gehabt hätten.

"Die Gründe hierfür sind unterschiedlich", erläuterte Bottlang. Mit ein Grund seien aber auf jeden Fall die "wachsenden regulatorischen Anforderungen", sprich: die Bürokratie. Der gesamte Bereich der Beratungsangebote wie Ehe-, Erziehungs-, Schuldner- und Migrationsberatung sei "strukturell unterfinanziert".

Beratung am Rand der Wirtschaftlichkeit

Das heißt: Nur Diakonische Werke, die in anderen Bereichen Geld verdienen, können solche Dienste überhaupt noch mittel- und langfristig vorhalten. Das bestätigt auch die Diakonie Schweinfurt, die bereits seit Jahren als Dienstleister unter dem Titel "Schweinfurter Modell" die Geschäftsführung oder Geschäftsbesorgung für kleinere Diakoniewerke in der Region übernimmt.

Träger müssten für Beratungsangebote 10 bis 20 Prozent der Kosten selbst aufbringen - und das, obwohl sie diese Beratungsdienste im Auftrag der Kommunen oder des Staates anbieten. Allein durch Spenden sei dies nicht aufzufangen. Sollten kirchliche Zuschüsse wegfallen, sei dies "teilweise bestandsbedrohend".

Stadtmission Nürnberg: Pflichtaufgaben, aber keine Deckung

Die Stadtmission Nürnberg betont, die Nachfrage nach ihren Angeboten und Einrichtungen sei groß - gleichzeitig sei selbst bei Angeboten, "die eigentlich Pflichtaufgaben der Stadt wären" und die das Diakonische Werk im Auftrag der Kommune übernimmt, "die Finanzierung nicht auskömmlich". Deshalb stelle sich "für jeden sozialen Träger" immer wieder die Frage, welche Angebote er sich "zukünftig noch leisten" könne.

Bei der Stadtmission wurde Ende 2024 der Betreuungsverein "nach langer Abwägung" aufgegeben, also das Angebot für gesetzliche Betreuungen von Menschen, die sich nicht mehr allein um ihre Angelegenheiten kümmern können, erläuterte die Unternehmenssprecherin.

Traunstein: Stabile Hilfe für andere – mit wachsendem Druck

Beim Diakonischen Werk Traunstein gibt es den Angaben zufolge auch mehrere "chronisch defizitäre" Bereiche. Die Kirchliche Allgemeine Sozialarbeit und die Telefonseelsorge lebten nur von kirchlichen Zuschüssen - diese reichten jedoch nicht aus, also schieße die Diakonie aus ihren Mitteln zu, sagte ein Diakoniesprecher auf epd-Anfrage.

Ähnlich sei es bei der Migrationsberatung oder der Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe. Bislang habe man all dies durch eine gute Geschäftsführung stemmen und sogar andere Diakoniewerke wie etwa Passau, die ins Straucheln geraten sind, auffangen können. Doch der Finanzdruck werde "stetig stärker", es brauche eine bessere Refinanzierung.

Ende 2023 hatte die Diakonie Passau Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet, seit Anfang 2025 ist sie als neu gegründete gemeinnützige GmbH unter das Dach der Diakonie Traunstein geschlüpft. Auch die Diakonie München-Maxvorstadt rutschte in die roten Zahlen und musste im gleichen Zeitraum Insolvenz anmelden.

Bei Diakoneo in Neuendettelsau wurden nach massiven finanziellen Problemen der Gesundheitssparte erste Krankenhäuser geschlossen und verkauft, für weitere sucht das zwischenzeitlich größte Diakoniewerk Süddeutschlands weiter Käufer.

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