Eine Konfirmandenstunde über Jesus vorbereiten – aber keine 08/15 Einheit, bei der alle gähnen. Wie kann das gehen?
Jesus, der Superheld
Wer damit das Internet konsultiert, stößt auf die Website Konfi-Lab 4.0, deren Suchmaschine einem "Jesus, der etwas andere Superheld" als Treffer ausspuckt. Eine digitale Einheit, bei der die Konfis spielerisch über Zoom der Frage nachgehen, was Jesus und Superhelden gemeinsam haben.
Fünf goldene Bewertungssterne stehen über dem Modul und deuten darauf hin, dass es sich wohl um eine wirklich gute Idee handeln muss. Ein in Windeln gewickelter Superheld sprengt wahrscheinlich nicht nur die üblichen Vorstellungen, die Jugendliche über einen Superhelden haben, sondern auch die, wie Konfirmandenunterricht aussehen kann.
"'Jesus, der etwas andere Superheld' ist das meistgeklickte Modul der Datenbank 'Konfi-Lab 4.0.'",
sagt Tobias Bernhard, Referent für Kopfarbeit im Amt für Jugendarbeit in Nürnberg. "Konfi-Lab 4.0" ist ein Communitysharing-Projekt, das heißt, eine Gemeinschaft an Gleichgesinnten teilt miteinander Ideen.
2020 von der Landeskirche gestartet
Bei Konfi-Lab sind es Menschen, die Spiele und Lerneinheiten für die Konfirmandenarbeit online sammeln und teilen. Zusammen mit seinen beiden Kollegen Michael Stein (Religionspädagogisches Zentrum) und Thomas Göttlicher (CVJM Bayern) arbeitet Bernhard bei der Fach- und Servicestelle für Konfi-Arbeit, die die Bayerische Landeskirche 2020 gestartet hat.
"Eine Fachstelle wie diese, die die Konfi-Arbeit vernetzt, ist deutschlandweit einzigartig in Bayern",
sagt Bernhard. An die Fachstelle angegliedert ist auch die Datenbank, die die Landeskirche wiederum im Sommer 2021 durch die Digitalstrategie gefördert hat. Die Datenbank richtet sich in erster Linie an Hauptberufliche, Diakone, Religionspädagogen und Gemeindereferentinnen genauso wie an Ehrenamtliche, die in der Konfirmadenarbeit tätig sind. Sie müssen Programme für unterschiedlichste Formate abliefern.
Material und Spiele
Mal 90 Minuten an einem Mittwochabend – mal Jugendliche einen ganzen Samstag lang unterhalten? Wer dafür Inspiration sucht oder mal was anderes ausprobieren will, dem schlägt die Datenbank mit ein paar Klicks verschiedene Materialien und Spiele vor.
Wer möchte, kann seine Suche mithilfe der Filterfunktion noch verfeinern und zum Beispiel ankreuzen, für wie viele Teilnehmer ein Spiel geeignet sein soll und ob es drinnen oder draußen umgesetzt werden kann. Man findet sowohl digitale als auch analoge Module, wobei es Tobias Bernhard vor allem darum geht, Module für den analogen Einsatz vor Ort anzubieten, denn "es gibt schon sehr viel digitale Angebote", sagt der Referent.
Weg von reiner Wissensvermittlung
Das, was im Konfirmandenunterricht vermittelt werden soll, stand lange Zeit in Fachbüchern – mit Einheiten zu Themen wie der Taufe, dem Abendmahl oder dem Psalm 23. Methoden, wie man die Inhalte jungen Menschen rüberbringt, gab es nicht. In diesen zehn bis zwanzig Jahre alten Büchern liege der Schwerpunkt auf der Wissensvermittlung
– "und davon wollen wir weg",
macht Tobias Bernhard klar.
Stattdessen wolle man die Themen andersherum angehen – aus der Perspektive der Jugendlichen: Wie können die Jugendlichen mit Gott sprechen? Mit welcher Musik können sie einen Zugang zu Kirche und Gott finden? Die Fragen der Konfirmanden selbst sollen im Fokus stehen.
In jüngster Zeit beschäftige sie besonders das Thema sexuelle Vielfalt, betont Bernhard. Genau darüber zu sprechen und wie die Kirche damit umgehe, sei das, "was ganz viele gerade brauchen".
Spielerisch Fragen herauskitzeln
Die Konfi-Arbeit soll sich an den Lebensrealitäten der Jugendlichen orientieren. Um sicherzustellen, dass die Perspektive der Jugendlichen berücksichtigt wird, prüft der Referent die eingereichten Module mithilfe eines Fragebogens. Wer eine Konfi-Einheit in der Datenbank teilen will, muss ein digitales Formular ausfüllen und beispielsweise beantworten, was an dem Baustein so relevant ist, dass ein Konfi davon seinen Eltern erzählt.
Wenn dort steht "Wir haben Comics gezeichnet – und da war alles anders, was du bisher von Kirche kennst" – dann kann das ein Indiz dafür sein, dass sich jemand in die Jugendlichen hineinversetzen kann und das bereitgestellte Modul dem Ansatz, Konfi-Arbeit an den einzelnen Jugendlichen auszurichten, entspricht.
In einem Zimmer mit Gott
Arne Schnütgen, Pfarrer aus Bad Wörishofen, hat bei der Datenbank mitgemacht und das Modul "In einem Zimmer mit Gott" online zur Verfügung gestellt. Klickt man auf sein Modul, bekommt man genauere Informationen zum Ablauf, den Lerninhalten und dem benötigten Material. Hinter dem Reiter "Relevanz" heißt es:
"Der Baustein hilft, den Fragen der Konfis auf die Spur zu kommen und so einen Fahrplan für das Jahr zu kriegen."
Im ersten Schritt sollen die Konfis in Gruppen ihr ideales Zimmer aus einem Umzugskarton bauen. Die einen haben einen großen Kleiderschrank und Spiegel drin, die anderen haben lieber ein Zimmer mit viel Technik – da darf kein Computer oder keine Musikanlage fehlen. In einem zweiten sollen sich die Konfis vorstellen, dass Gott sie in ihrem Zimmer besucht.
Wo soll er sitzen, was soll er möglichst bemerken? Gibt es was zu essen oder zu trinken? Und: Was wollt ihr ihn fragen? Durch das gemeinsame Basteln und den spielerischen Einstieg würden sich die Jugendlichen öffnen und seien eher bereit, Fragen zu stellen, sagt Pfarrer Schnütgen. Er hat in seiner Konfi-Praxis beobachtet: Wer mit der Tür ins Haus falle und die Konfis am Beginn der Stunde einfach nur frage, was sie Gott schon immer fragen wollten, der bekomme meist wenig Antworten
Luft nach oben
Aktuell enthält die Datenbank zehn Module, doch für Tobias Bernhard ist die Datenbank damit "noch viel zu klein". Sein Wunsch: In drei Jahren soll die Datenbank gut gefüllt sein, sodass man richtig stöbern kann und die Suchfunktion für ein Stichwort zehn Ergebnisse ausspuckt. So müssten diejenigen, die sich Jahr für Jahr Konfi-Programme ausdenken, nicht jedes Mal das Rad neu erfinden, sondern könnten auf bestehendes Material zurückgreifen.
Letztlich profitieren um die 18.000 Jugendliche (so viele Konfirmanden gab es 2021 in Bayern) davon, wenn erfolgreiche Konfi-Einheiten in der Datenbank geteilt werden. Doch bis sie sich mit Inhalten füllt und die Ideen die Teenager erreichen, muss die Datenbank noch bekannter werden. Dafür setzt Bernhard seine Hoffnung auf den Kirchentag im nächsten Jahr. Das sei eine Chance, die Website nochmals zu aktivieren und Netzwerke aufzubauen. Diese Arbeit – das Weiterbetreiben und Bewerben der Online-Datenbank – ist tatsächlich gar nicht mehr Teil der Förderung. Diese hat mit der Eröffnung der Website geendet.
Läuft noch schleppend
Das Befüllen der Datenbank gestaltet sich derzeit schleppend. Deshalb versucht Tobias Bernhard, die Leute zu motivieren, ihre Ideen zur Verfügung zu stellen. Dass es da draußen "viele gute Ideen in den Schubladen der Kolleginnen und Kollegen gibt", davon ist er überzeugt. Die Herausforderung bestehe nun darin, sie davon zu überzeugen, ihre Module mit anderen teilen zu wollen.
Einige hätten Bedenken, dass ihre Idee nicht innovativ, oder nicht außergewöhnlich sei. Diesen Perfektionismus gelte es zu überwinden. Den Befürchtungen hält Bernhard entgegen, dass sowieso fast niemand eins zu eins die gleiche Konfi-Arbeit mache. "Meistens wandelt man das Material ab und passt es auf die eigene Konfi-Gruppe an", sagt er. Also kein Grund, die Ideen nicht öffentlich zu machen.
Warum machen Sie das?
"Ich bin schon seit Jahren Dekanatsbeauftragter für die Konfirmandenarbeit in den Dekanaten Weißenburg, Regensburg und jetzt Memmingen. Deshalb habe ich schon von Konfi-Lab gehört. Ich finde die Idee sehr gut, Entwürfe von dem, was schon funktioniert, mit anderen zu teilen. Das wünschen sich tatsächlich viele. Seit April 2021 gibt es keinen Lehrplan mehr für den Konfi-Unterricht. Jetzt dreht sich der Unterricht um die Fragen der Konfis: Wie ist das mit anderen Religionen? Mit der Schöpfung – wie ist die Welt entstanden? Das sind nicht unbedingt klassische Themen, die in den Konfi-Büchern vorkamen. Daher finde ich die Idee der Konfi-Lab Datenbank, auf Schwarmintelligenz zu setzen, gut. Aber es braucht auch Mut, online etwas einzureichen. Da ist eine Schwelle – trau ich mich? Auch ich hatte damals Bedenken, weil ich meine Idee woanders herhatte."