Die Fastenaktion wurde mit einem Festgottesdienst in Selb eröffnet. Rund 50 tschechische Gäste waren zum Begegnungswochenende zu Besuch in Selb. Auf dem Programm standen auch eine Rundfahrt zu Kirchen im benachbarten Tschechien, ein Partnerschaftskonzert und ein Freundschaftsabend im Lutherheim.

Mitglieder der Kirche der Böhmischen Brüder in Tschechien stellten Projekte zur Unterstützung von Flüchtlingen aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine vor. Aus anfänglich finanzieller Unterstützung wurden konkrete Ideen. Sprachkurse, Bastelaktionen, Grillabende und Sommercamps für Kinder und Jugendliche wurden angeboten. Menschen aus der Ukraine fanden Unterkunft und Anschluss an die aktive Kirchengemeinde.

Julia Slipich, Leiterin einer Kunstschule in der Stadt Cherson, schilderte sichtlich betroffen den Verlust der Schule. Die Technik im Haus wurde von der russischen Armee geplündert. Die Schülerinnen und Schüler mussten fliehen. Unterrichtet wird digital. Gemeinsam entwickelten Schulleitung, Lehrer und Schüler das Projekt "I draw Peace!". Innerhalb der ersten beiden Wochen seien 1200 Bilder gemalt worden. An 28 Orten konnte die Ausstellung bisher gezeigt werden. Die Predigt im Festgottesdienst am Sonntag hielt Synodalsenior Pavel Pokorný aus Prag.

Gemeinschaft gegen Hass

Oberkirchenrat Michael Martin eröffnet die Fastenaktion unter dem Motto "Füreinander einstehen in Europa – Bildung gegen Hass". Geplant sind eine Jugendkonferenz der Böhmischen Brüder zur Solidarität mit Minderheiten und eine Veranstaltungsreihe zur 70-jährigen Geschichte der Frauenordination sowie ein zweijähriges Bildungsprogramm zur gewaltfreien Kommunikation und Konfliktlösung für Kinder, Jugendliche und Mitarbeitende der Kirche der Böhmischen Brüder. Sandra Schuhmann, Vorsitzende für Gesundheit und Teilhabe beim Diakonischen Werk Bayern, ließ den Wunsch nach Frieden laut werden.

Häufig seien Standpunkte im öffentlichen Diskurs verfestigt. "Dagegen müssen wir etwas tun, und dagegen können wir etwas tun", betonte Schuhmann. Eine offene Haltung und in Gemeinschaft aufeinander hören sei ein Mittel, um Hass zu begegnen. Der Martin-Luther-Verein und das Gustav-Adolf-Werk vertrat Pfarrerin Andrea Kühn. Bildung sei der Schlüssel für ein offenes Miteinander und Meinungsbildung, sagte die Pfarrerin. Und: Auch der religiösen Entscheidung gehe Bildung voraus.

"Die Gesellschaft in Deutschland, Tschechien und Europa braucht Versöhnung", machte Pavel Matala, stellvertretender Bürgermeister der Stadt Asch, deutlich. Die Beziehungen mit den Gemeinden in Böhmen sollen am Kirchweihsonntag, 23. April, um 15 Uhr mit einem Kirchweihgottesdienst in Podhradi vertieft werden.

Am Sonntag, 4. Juni, ist um 15 Uhr eine musikalische Andacht auf der historischen Orgel in Hranice geplant. Am Samstag, 17. Juni, findet dann von 10 bis 17 Uhr ein deutsch-tschechischer Gemeindetag im Jochen-Klepper-Haus in Selb-Plößberg statt.

Busfahrt entlang der Grenze zu den Gotteshäusern

Im Rahmen der Fastenaktion wurde bei einer Bustour mit deutschen und tschechischen Gästen die Kirchen diesseits und jenseits der Grenze erkundet. Begleitet wurden die Gruppen von der Ökumenereferentin aus Prag, Daniela Hamrová, und Kirchenrat Raphael Quandt. Die deutschen Gäste waren während der Fahrt nach Tschechien beim Anblick der vielen verfallenen Häuser bewegt. Wer schon eine Weile die nordwestlichste Ecke Tschechiens kennt, bemerkte aber auch, dass sich in den vergangenen Jahren vieles positiv verändert hat. Dazu tragen auch die gepflegten alten Kirchen bei. Die Kirchengemeinde der Böhmischen Brüder in Aš hat hier, unterstützt von den Gemeinden im Dekanat Selb, viel geleistet.

An der ersten Station, in Hranice, zog die historische Orgel die Besucherinnen und Besucher in den Bann. Kirchenmusikdirektorin Constanze Schweizer-Elser aus Selb ließ das wertvolle Instrument erklingen. Carl Eduard Schubert hatte die Orgel im Stile von Gottfried Silbermann erbaut. "Die Orgel braucht eine grundlegende Sanierung", erklärte der Selber Dekan Volker Pröbstl und sagte gleichzeitig Unterstützung zu.

Bei der nächsten Station, der Kirche "Zum Guten Hirten" in Podhradí, begrüßte die Bürgermeisterin des Dorfs die Gruppen und machte deutlich, welchen Veränderungsprozess die Region hinter sich hat. In den 1940-Jahren hätten noch über 2000 Menschen im Ort gewohnt, heute seien es nur noch 250. Nach dem Mittagessen in Aš ging es für die Reisegruppe in die Gottesackerkirche in Selb. Mit Orgelmusik und vielstimmigen Gesang, verstärkt durch den Chor "Chrapot" aus Brno Židenice (Brünn), fand die Fahrt hier einen Abschluss.

Auch wenn die Gegend auf tschechischer Seite mancherorts arm wirken würde, beindruckte sie die Besucherinnen und Besucher sichtlich. Vor allem wurde die gegenseitige Unterstützung an vielen Orten deutlich. In den Gemeinden werde, über die Grenze hinweg, Freundschaften gepflegt. "Füreinander einstehen in Europa" geschehe hier ganz praktisch, betonte der Selber Dekan Volker Pröbstl zum Abschluss.

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