Große Unterschiede gibt es zwischen den Anhängern der einzelnen Parteien. Während 77 Prozent der AfD-Wähler, 71 Prozent der CSU-Wähler und 56 Prozent der Freien-Wähler-Anhänger eine Kreuz-Pflicht in staatlichen Gebäuden begrüßen, sind noch 52 Prozent der SPD-Wähler dafür, aber 67 Prozent der FDP-Wähler sowie 74 Prozent der Grünen-Wähler dagegen.
Die öffentliche Debatte um die vom bayerischen Kabinett erlassene Kruzifix-Pflicht nimmt derweilen kein Ende. Während ihm seine rheinland-pfälzische Amtskollegin Malu Dreyer (SPD) "Wahlkampffolklore" unterstellte, befürworteten die Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler und der katholische Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer das Aufhängen von Kreuzen im öffentlichen Raum - mit unterschiedlichen Begründungen.
SPD-Ministerpräsidentin Dreyer (SPD) sagte den "Badischen Neusten Nachrichten" (Mittwoch), die Kreuz-Pflicht sei ein inakzeptabler Versuch Söders, ein religiöses Symbol politisch zu instrumentalisieren. Sie selbst würde kein Kreuz an die Wand ihrer Staatskanzlei in Mainz hängen, sagte die Katholikin, die auch Theologie studiert hat: "Natürlich bekennen wir uns in Deutschland zu unserem christlichen Glauben, aber es ist auch sehr wichtig, dass wir hier die Religionsfreiheit leben."
Breit-Keßler: "Kreuz gehört hinaus in die Welt"
Die Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler sagte im Gottesdienst zur Eröffnung der bayerischen Landesausstellung "Mythos Bayern" in der Ettaler Basilika, Kreuze sollten auch in "öffentlichen Räumen" hängen. Das Kreuz habe seinen Platz nämlich nicht nur im privaten Kämmerlein oder in Kirchenraum, sondern "gehöre hinaus in die Welt". Jenseits der aktuellen Diskussion über das Kreuz in staatlichen Behörden freue sie sich darüber, "wenn politische Verantwortliche sich bewusst unter das Kreuz stellen", sagte die Ständige Vertreterin des bayerischen Landesbischofs.
Der Regensburger katholische Bischof Rudolf Voderholzer begrüßte Söders Erlass: "Vom Kreuz geht Segen aus und niemand muss vor ihm Angst haben." Mit Blick auf die aktuelle Debatte um die Kreuzpflicht in bayerischen Behörden hob der Bischof laut Mitteilung vom Mittwoch bereits am 1. Mai (Dienstag) in einem Gottesdienst auf dem oberpfälzischen Habsberg hervor, dass es nicht darum gehe, "das Kreuz zu instrumentalisieren, sondern ihm in Ehrfurcht zu begegnen". Voderholzer berief sich auf den Staatsrechtler und ehemaligen Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde, demzufolge das Kreuz für das "vor-staatliche Fundament" stehe, auf dem die freiheitlich-demokratische Rechtsordnung gründe.
Bunderverfassungsrichter sieht kein rechtliches Problem
Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio sieht rechtlich kein Problem in der Anordnung der Staatsregierung. Von einer "klaren Verfassungswidrigkeit" des Erlasses könne "keine Rede sein", schreibt er in einem Beitrag für die Wochenzeitung "Die Zeit". Er erinnerte an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 18. März 2011 - darin sei eine staatlich auferlegte Pflicht zur Anbringung von Schulkreuzen mit dem Prinzip des säkularen Staates für vereinbar gehalten worden. Der Gerichtshof sehe im Kreuz vor allem anderen ein religiöses Symbol, dennoch sei es "keinem Staat versagt, das religiöse Zeichen für sich als Symbol eigener Herkunft" zu nutzen.
CSU ohne absolute Mehrheit - SPD hinter Grünen
Wären am kommenden Sonntag in Bayern bereits Landtagswahlen, wäre Markus Söders CSU der BR-Umfrage zufolge weiter ohne absolute Mehrheit. Die Partei kommt demnach auf 41 Prozent der Stimmen, ein Plus von einem Punkt gegenüber der Januar-Umfrage. Zweitstärkste Partei mit 14 Prozent würden die Grünen, SPD und AfD wären mit zwölf Prozent gleich stark, die Freien Wähler kämen auf sieben, die FDP auf sechs Prozent.
Wäre die Umfrage das tatsächliche Wahlergebnis, wären zum ersten Mal seit 1946 sechs Parteien im Maximilianeum vertreten. Die CSU müsste sich demnach einen Koalitionspartner suchen.
Für die Umfrage im Auftrag des BR-Politikmagazins "Kontrovers" wurden vom Meinungsforschungsinstitut infratest dimap zwischen dem 22. und 27. April 1.002 Wahlberechtigte in Bayern befragt. Die Frage zum Kreuz-Erlass wurde erst nach dem Kabinettsbeschluss in die laufende Umfrage mit aufgenommen und 612 Wahlberechtigten gestellt.
Geschichtliche und kulturelle Prägung Bayerns
Die bayerische Staatsregierung hatte in ihrer Kabinettssitzung am 24. April die allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats geändert. Demnach muss ab 1. Juni im Eingangsbereich aller staatlichen Dienstgebäude als Ausdruck der "geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns" deutlich wahrnehmbar ein Kreuz als sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung angebracht werden. Diese Anordnung sorgt seither für teils scharfe Kritik von verschiedenen Seiten - es gab aber auch Zustimmung für den Beschluss.