Die katholische Franziskaner-Schwester Juliana Seelmann ist vom Landgericht Würzburg wegen eines gewährten Kirchenasyls im Berufungsverfahren freigesprochen worden.

Zuvor hatten Vertreter der Staatsanwaltschaft die eingelegte Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts Würzburg in diesem Fall zurückgenommen. Denn davor wiederum hatte das Gericht auf eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes vom 25. Februar 2022 in einem vergleichbaren Fall verwiesen.

Kirchenasyl: Auf Glauben und Gewissen berufen

Seelmann hatte zwei Nigerianerinnen Kirchenasyl im Kloster gewährt, dafür hatte das Amtsgericht Würzburg eine "Verwarnung mit Strafvorbehalt" gegen sie ausgesprochen. Sowohl Seelmann als auch die Staatsanwaltschaft hatten nach der Entscheidung im Sommer 2021 Berufung eingelegt.

Die Ordensschwester hatte sich vor Gericht auf ihren christlichen Glauben und auf ihr Gewissen berufen. Sie sollte im Zusammenhang mit der Verwarnung 500 Euro an eine gemeinnützige Organisation bezahlen. Die Staatsanwaltschaft wollte eine Verurteilung erreichen und legte deshalb Berufung ein.

Dass die Berufung monatelang gar nicht terminiert worden war, lag auch an dem ebenfalls schwebenden Verfahren des Benediktiner-Mönchs Abraham Sauer. Doch Ende Februar 2022 hatte das Bayerische Oberste Landesgericht in Bamberg den Kirchenasyl-Freispruch für Sauer schließlich bestätigt. Sauer hatte sich – wie Seelmann – auf seinen christlichen Glauben und sein Gewissen berufen. Das Urteil des obersten ordentlichen Gerichts in Bayern gilt als Grundsatzentscheidung

Benediktinier-Bruder hatte Palästinenser Asyl gewährt

Der Benediktiner-Bruder Abraham Sauer von der Abtei Münsterschwarzach hatte einem im palästinensischen Gazastreifen geborenen Mann in der Abtei Kirchenasyl gewährt und war wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt angeklagt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte nach dem Freispruch im vergangenen Jahr Rechtsmittel eingelegt.

Der Begründung des Freispruchs wegen Glaubens- und Gewissensgründe folgte das Oberste Landesgericht jedoch seinerzeit ausdrücklich nicht. In der Urteilsverkündung hieß es, der Senat könne das Handeln aus Gewissensnot nicht als Entschuldigungsgrund, der zur Straffreiheit führt, anerkennen. Der Gesetzgeber müsse klären, in welchen Fällen dieses Handeln gerechtfertigt sei. Stattdessen sei für den Freispruch relevant, dass der Ordensbruder nicht durch aktives Handeln zum unerlaubten Aufenthalt des Asylsuchenden beigetragen habe, sondern lediglich durch Unterlassung.

Nicht verpflichtet, Straftat eines Asylsuchenden zu verhindern

Um nach dem negativen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Unterbringungssituation aufzulösen, hätte der Geistliche den Asylsuchenden aktiv der Abtei verweisen müssen, was er nicht tat. Zudem sei er nicht verpflichtet gewesen, die Straftat eines anderen - in diesem Fall der unerlaubte Aufenthalt des Asylsuchenden - zu verhindern.

Der Senat knüpfte die Straffreiheit allerdings daran, dass sich Geistliche an gewisse Abläufe halten müssten, die bereits 2015 in einer Vereinbarung zwischen dem BAMF und den Kirchen festgelegt wurden. Sollte vom BAMF nach der Einzelfallprüfung ein negativer Bescheid für die asylsuchende Person eintreffen, seien Geistliche nicht verpflichtet, gegen den Willen der Betroffenen das Kirchenasyl zu beenden. Die Geistlichen dürften Asylbewerber aber auch nicht dazu ermutigen, im Kirchenasyl zu bleiben.

(mit Material von epd)

 

Kirchenasyl

Kirchenasyl bedeutet die zeitlich befristete Aufnahme von Geflüchteten ohne legalen Aufenthaltsstatus – etwa dann, wenn Menschen bei einer Abschiebung Folter, Tod oder inhumane Härten drohen. Eine Kirchengemeinde oder ein Kloster kann dann einen sogenannten "Härtefallantrag" beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellen. Das BAMF muss daraufhin prüfen, ob ein erneutes Asylverfahren gestartet wird. Derzeit befinden sich laut der ökumenischen Arbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" knapp 600 Menschen bundesweit im Kirchenasyl.