Seit 2008 stehen die bayerische evangelische Landeskirche und die schwedische Diözese Skara in intensivem Austausch. Dazu gehören Delegationen auf Kirchenleitungsebene, Gemeinde- und Jugendbegegnungen sowie gegenseitige mehrwöchige Besuche unterschiedlicher Berufsgruppen, mit dem Ziel, Einblick in das Denken und Arbeiten der Partner zu erhalten. Die Partnerschaft soll auf der Herbsttagung Landessynode (21. bis 25. November) verlängert werden. Urban Jorméus, Internationaler und ökumenischer Sekretär der Schwedischen Kirche in der Diözese Skara, erzählt im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst, wie die Partnerschaft so läuft.

Wie kam die Zusammenarbeit zwischen der Landeskirche und der Diözese Skara zustande?

Urban Jorméus: Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern wollte Beziehungen zur Schwedischen Kirche aufbauen. Die besteht aus 13 Diözesen, und die Gesamtkirche war damals der Meinung, das eine Partnerschaft mit einer davon am sinnvollsten wäre. Also haben sie die Diözese in Skara gefragt.

Wie muss man sich Skara vorstellen?

Jorméus: Wenn Sie auf die Karte von Schweden schauen, sehen Sie, dass Skara zwischen den großen schwedischen Seen liegt. Es ist eine ziemlich große Diözese, aber sehr ländlich, es gibt keine großen Städte.

Was sind die Ziele der Partnerschaft?

Jorméus: Ich denke, vor allem voneinander zu lernen. Normalerweise finden Beziehungen zwischen Kirchen auf der Ebene von Bischöfinnen und Bischöfen und anderen Größen statt. Aber bei dieser Kooperation tauschen wir uns auch auf der Ebene von Laien, Pfarrern, Musikern, Pädagogen und so weiter aus.

Wie läuft dieser Austausch konkret ab?

Jorméus: Die jeweiligen Personen, seien es Pfarrer oder Musiker, kommen für zehn Tage nach Schweden und lernen, wie es hier läuft. Sie schauen sich hier an, wie ihre Kollegen arbeiten, und dann laden sie sie umgekehrt zu sich nach Bayern ein. Dieses Austauschsystem hat sich als sehr fruchtbar erwiesen.

"Sie arbeiten mehr mit Ehrenamtlichen. Uns interessiert sehr, wie sie das machen."

Was interessiert Sie als Schweden denn besonders an der bayerischen Landeskirche?

Jorméus: Die Schwedische Kirchen und die Diözese in Skara sind besonders interessiert daran, zu verstehen, wie die Kollegen in Bayern mit Ehrenamtlichen arbeiten. Sie haben in Bayern zum Beispiel eher wenige Musiker in Kirchen, die fest angestellt sind - verglichen mit Schweden. Sie arbeiten mehr mit Ehrenamtlichen. Uns interessiert sehr, wie sie das machen.

Was können die Bayern von Ihnen lernen?

Jorméus: Ich weiß, dass die bayerische Landeskirche sehr interessiert an unserer Gemeindearbeit ist. Zum Beispiel: Wenn wir hier einen Gottesdienst vorbereiten, sitzt nicht nur der Pfarrer einsam an seinem Schreibtisch und plant alles. Sondern es ist immer eine Gruppe von mehreren Leuten involviert, die das als Team plant.

Sie sollen auch bei der Digitalisierung schon sehr weit sein in Schweden, stimmt das?

Jorméus: Oh, das mussten wir ja. Wir hatten schon länger einige Möglichkeiten zur Verfügung, aber bevor das Coronavirus kam, haben wir sie gar nicht genutzt. Aber seit dem Beginn der Pandemie verwenden wir sie sehr viel. Wir streamen unsere Gottesdienste über Youtube, Facebook und andere Kanäle. Das ist übrigens etwas, was wir auch nach der Pandemie beibehalten wollen, weil wir sehen, dass wir so nochmal ganz andere Leute erreichen, die sonst nicht in unsere Gottesdienste kommen.

Auch mehr jüngere Leute?

Jorméus: Das weiß ich nicht, dazu habe ich keine aktuellen Studien. Aber wir stellen fest, dass über alle Altersgruppen Leute, die sonst nicht am Sonntag in die Kirche gehen, unsere Gottesdienste zuhause am Smartphone oder am Computer anschauen. Gleichzeitig sehen wir aber auch, dass die regulären Kirchgänger nicht sehr glücklich mit den digitalen Lösungen sind. Die wollen lieber mit anderen zusammensitzen, Lieder singen, das Abendmahl feiern und solche Dinge. Aber ich denke, die ganze Entwicklung ist normal. Wann immer es Probleme in einer Gesellschaft gibt, wenden sich die Leute mehr den Kirchen zu. Nur, dass sie dieses Mal nicht kommen konnten, weil es nicht erlaubt war. Also haben sie gegoogelt und gesehen, ah, es gibt auch Angebote auf Youtube, die ich mir anschauen kann.

"Schweden ist viel säkularer als Bayern"

Sie wissen bestimmt, dass die bayerische Landeskirche in hauptsächlich katholisch geprägten Gegenden wirkt. In Schweden haben Sie diese Situation nicht, oder?

Jorméus: Nein, das stimmt. Aber auf der anderen Seite ist Schweden viel säkularer als Bayern. Deswegen ist unsere Konkurrenz weniger andere Kirchen, sondern eher die säkulare Gesellschaft. Ich glaube, es sind noch vier Prozent, die sonntags regelmäßig in die Kirche gehen.

In Deutschland werden die Landeskirchen über die Kirchensteuer finanziert. Wie ist das in Schweden?

Jorméus: Es heißt nicht mehr Steuer bei uns seit 2000, seitdem die Schwedische Kirche keine Staatskirche mehr ist, aber es funktioniert ähnlich. Es ist wie ein Mitgliedsbeitrag, der dann aber auch auf dem Steuerbescheid auftaucht.

Das heißt, Sie haben vermutlich dasselbe Problem wie die Landeskirche: weniger Mitglieder und damit weniger Geld.

Jorméus: Ja, wir verlieren auch jedes Jahr viele Mitglieder. Ich glaube, die Kurve flacht ein bisschen ab, aber wir wissen auch, dass die Wirtschaft wegen der Pandemie noch für einige Jahre unter Druck sein wird, das wirkt sich auch auf uns aus.

Waren Sie selbst schon mal in Bayern?

Jorméus: Ja, schon mehrere Male. Ich wollte eigentlich auch zur Landessynode kommen, aber das ist ja leider nicht möglich, weil sie dieses Jahr digital stattfindet. Deshalb wird es nur eine aufgenommene Videobotschaft von unserem Bischof geben.

Ihre Diözese hat auch Partnerschaften mit Kirchen in Südafrika und England. Wie wichtig sind diese interkirchlichen Beziehungen?

Jorméus: In gewisser Weise sind sie nichts, was das normale Leben in einer Gemeinde jeden Tag beeinflusst. Aber sie sind sehr wichtig, weil wir glauben, dass es sehr einfach ist, sich nur auf seine eigene, sehr enge Umgebung zu konzentrieren. Wenn man mit den Leuten spricht, die an den Austauschen teilnehmen, und sie fragt, was der Hauptvorteil daran ist, sagen sie: zu erkennen, wie sie selbst arbeiten und wie ihre eigene Kirche arbeitet.

"Manchmal muss man jemand anderen treffen, um seine eigene Situation zu erkennen und zu verstehen, wie man sich verhält."

Die Leute aus Bayern kommen hierher und sehen, wir machen das so. Und sie sehen, nicht alle machen es so wie sie. Sie können also erst durch die Begegnung mit anderen reflektieren, was sie wie und warum machen, wo ihre Prioritäten liegen. Und das ist sehr gut. Manchmal muss man jemand anderen treffen, um seine eigene Situation zu erkennen und zu verstehen, wie man sich verhält.

Newsticker Landessynode

Unser Newsticker zur Landessynode der bayerischen evangelischen Landeskirche im Herbst 2021 bietet aktuelle News und Infos zu den Beratungen und Beschlüssen des evangelischen Kirchenparlaments.

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