Boxdorf war bis zu ihrer Selbstständigkeit im Jahr 1976 bereits jahrhundertelang nach Kraftshof eingemeindet. Wenn die beiden Gemeinden zum 1. Dezember 2024 wieder zusammenkommen, ist das also ein Comeback nach fast einem halben Jahrhundert Trennung.

Kooperationen kennt man in Boxdorf, auch dekanatsübergreifend: Mit den Nachbarn in Großgründlach teilt man sich beispielsweise den Diakonieverein und auch den Posaunenchor. Damit wäre der erprobte "Sparringspartner" eigentlich schon fest gestanden – wären da nicht die Dekanatsstrukturen. Noch heute sind viele Boxdorfer mit Kraftshofern verheiratet, auf dem alten Friedhof teilt man sich Gräber, wurde der Boxdorfer erst nach der Gemeindegebietsreform gebaut.

Der Neuzuwachs ist überschaubar: Die Gemeinde um die alte Wehrkirche in Kraftshof aus dem frühen 14. Jahrhundert hat heute noch rund 2000 Gemeindemitglieder, aus Boxdorf kommen etwa 1000 dazu. Auch wenn die emotionalen Hürden angesichts der engen Verzahnung beider Gemeinden keine allzu hohen sind, ist die Zusammenlegung eher pragmatischer Natur:

"Als im Frühjahr 2022 eine Jugendleiterin in der einen Gemeinde gekündigt hat, wenige Wochen später die in der anderen hatten wir plötzlich 30 Wochenstunden verloren, mit denen wir in die Landesstelleplanung des Jahres gingen. Ich wollte aber nicht warten, bis dann zwei Jahre später meine Stelle auch noch halbiert wird", erinnert sich die Boxdorfer Pfarrerin Franziska Pannewick.

Zurück zur Mutterkirche

Ein bisschen schwer würden sich einige Boxdorfer schon mit der Entscheidung tun, die beiden Gemeinden wieder zusammenzufassen: Schließlich erinnern sich vor allem die Älteren mit einigem Stolz an die Zeit, in der man sich von der Mutterkirche löste und eigenständig wurde.

"Es soll sich jetzt aber nicht so anfühlen, wie eine erwachsen gewordene Tochter, die wieder zurück nach Hause ins Kinderzimmer zieht", meint Pannewick.

Der Prozess wurde von der Gemeindeakademie Rummelsberg begleitet. Drei Gemeindeversammlungen fanden in den vergangenen anderthalb Jahren statt, in denen versucht wurde, Bedenken aus dem Weg zu räumen. Mancher habe zwar immer noch ein mulmiges Gefühl, beim Gros der Interessierten überwiege aber der Eindruck, der Schritt sei sinnvoll und notwendig.

"Wir werden künftig an einem Tisch als Gleichberechtigte sitzen, werden also nicht geschluckt." Um diesen Eindruck erst gar nicht aufkommen zu lassen, ist Pfarrer Matthias Wagner wichtig, bei dem ganzen Vorgang nicht von "Fusion" zu sprechen. Das klinge zu wirtschaftlich-nüchtern. Die neue, alte Gemeinde heißt dann "Gemeinde Nürnberg-St.Georg/Zum guten Hirten"

Die beiden Gemeinden sind nicht die ersten in Nürnberg, die sich auf einen solchen Weg machen. Schon vor längerer Zeit haben sich St. Leonhard und Schweinau vereinigt. "Viele Kirchengemeinden denken zurzeit sehr intensiv darüber nach, was die beste Form der Kooperation mit der Nachbargemeinde oder den Gemeinden einer Region für sie darstellt", erklärt Jonas Schiller, Dekan im Nürnberger Norden, ohne auf Namen einzugehen.

Allerdings sind diese eher städtisch geprägt, profitieren von noch kürzeren Wegen, ÖPNV und haben möglicherweise schon länger gemeinsame Aktionen am Laufen.

Von Xavier Naidoo Motto übernommen

Entscheidend sei, die Zusammenarbeit von Kirchengemeinden zu stärken. "Was wir alleine nicht schaffen, das schaffen wir zusammen", dieser von Xavier Naidoo bekannte Songtitel gelte ebenso für den Kirchenchor, dem die Tenöre fehlen wie für das Gemeindehaus, das nicht mehr saniert werden kann. Natürlich aber auch die Zuteilung der Pfarrstellen, wenn eine Gemeinde schlicht zu klein geworden ist.

"Doppelstrukturen im Bereich der Gemeindeverwaltung werden abgebaut. Das betrifft den ehrenamtlichen Bereich im Kirchenvorstand und in Ausschüssen, wie den hauptamtlichen Bereich, vor allem bei der pfarramtlichen Geschäftsführung. Alle haben so mehr Zeit und Energie für das "Eigentliche" des Gemeindelebens", beschreibt Schiller einige der Vorteile. Auch in der 1957 erbauten Almoshofer fänden weiterhin Gottesdienste statt.

Durch die neue Struktur der vereinigten Gemeinde könne man viele Aufgaben bündeln, meint auch Pfarrer Wagner. Auf ihn fallen künftig viele Verwaltungsaufgaben und das Regeln vieler Formalien auf dem Weg von "aus 2 mach 1", womit Pannewick mehr Zeit für die praktische Gemeindearbeit haben wird. Der Konfikurs ist jetzt schon zusammengelegt, eine neue Jugendreferentin wurde bereits im September angestellt und aus eigenen Mitteln bezahlt. Schon lange erstreckt sich das Gemeindegebiet auf fünf Ortsteile Almoshof, Buch, Kraftshof, Lohe und Neunhof, zu denen jetzt eben mit Boxdorf noch ein sechster dazu kommt.

Warum keine Pfarreigründung, sondern Zusammenschluss? "Weil wir lieber den zweiten Schritt vor dem ersten machen und selbst schon Fakten für uns schaffen", ergänzt Pannewick. Im Gegensatz zu vergleichbaren Kirchen ähnlichen Baujahrs, die heutzutage teilweise aus baulichen Mängeln Schrottwert haben, stehe die Boxdorfer Kirche sehr gut da. Erst im Frühjahr kam eine neue Heizungsanlage mit Wärmepumpe rein, die Dachsanierung wurde im Juli abgeschlossen. Eine Photovoltaikanlage ist auch geplant.

Das Schrumpfen der Kirche und die Kürzungen werden aber weiter gehen. "Wir wollen uns nicht länger mit uns selbst beschäftigen, sondern für die Menschen da sein."

Zum Guten Hirten
Die Kirche "Zum Guten Hirten" in Boxdorf wurde erst vor rund 50 Jahren gebaut.

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