Auch backen kann sie - selbstgemachte Hüte aus Blätterteig wird Gerhild Wächter am 22. April zur Vernissage kredenzen. "Das macht freilich mehr Arbeit. Aber schließlich ist das alles Arbeit, auch die Kunst. Und ich mach' das gerne", bekräftigt die Weißenburger Künstlerin. In den rund 30 Hutkreationen, die bald in St. Andreas ausgestellt werden, steckt viel Fleiß.
Raucherhut, kein Aluhut
Die ganze Familie Wächter musste mit ran: Aus großen Papprollen wurden die Stative für die fantasievollen Kopfbedeckungen gebastelt, weiß angestrichen und die teils feingliedrigen Kunstwerke aufgesetzt. Etwa der Schwanenhut, der von einem anmutigen Vogel aus Papier gekrönt ist und die Liebe zur Natur der Künstlerin symbolisieren soll. Daneben als starker Kontrast ein Raucherhut mit einer Menge alter Zigarettenkippen oder einer in Form des Coronavirus - inklusive Test. "Einen Aluhut habe ich nicht dabei", sagt sie und lacht.
Kurz vor Ausstellungsbeginn will Wächter noch einen Wunsch von Weißenburgs Dekanin Ingrid Gottwald-Weber fertigen: einen Segenshut. Ihn umringt ein Engel, der seine Hände über einer Schar Scherenschnitt-Menschen ausbreitet. Er ist, wie die meisten anderen Hüte, in der Regel in Weiß gehalten. Wächter liebt monochrome Bilder und Darstellungen.
Gesamtbild muss passen
Wie sie die Hüte im Kirchenraum wirken lässt, das entscheide sie, wenn die Werke aufgestellt werden. "Lieber lasse ich etwas weg, bevor das Gesamtbild nicht mehr passt", meint sie. Die Hüte und was sie darstellen, sollten selbsterklärend sein.
"Einen Sinn haben sie alle."
Gerhild Wächter gibt noch einen Tipp mit auf den Weg: Man solle sich einmal überlegen, wie viele Redewendungen sich mit Hüten befassen und dann ihre Werke genau anschauen.
Der Gotteshut
Das größte Exponat ist der Gotteshut. Er mutet wie ein Schiff an, in dessen Innerem eine Krone sitzt. Außen wird eine goldene Weltkugel dargestellt, die von Menschenfiguren angebetet wird.
"Gott braucht keine Krone, um der Herr zu sein. Wir sollten zu ihm auch ungekrönt beten", erklärt sie dazu.
Dieses tragende Werk symbolisiere auch ihren tiefen Glauben, der sie schon ihr ganzes Leben begleite.
Anfänge in Siebenbürgen
Ihre künstlerische Ader fand die junge siebenbürgische Deutsche einst in der Fotografie und absolvierte daher in den 1980er-Jahren in Bukarest eine Ausbildung. Aktfotografie sei lange ihr Steckenpferd gewesen, auch Porträts und viele künstlerische Experimente. Teils auch mit politischer Interpretationsmöglichkeit. Dafür wurde sie von der Securitate, dem rumänischen Geheimdienst, unter die Lupe genommen. "Wer mit einem Teleobjektiv unterwegs war, machte sich latent verdächtig", erinnert sie sich.
1990 kam sie nach Deutschland, durch Freunde der Familie nach Weißenburg und nahm ein Studium der Sozialpädagogik auf. Ein Jahr später lernte sie ihren Mann kennen. 1994 arbeitete sie in Berlin in einem Wohnprojekt der Stadtmission und wechselte 1996 nach Eichstätt in die Suchtberatung. Im Jahr 2000 erreichte sie ihr Diplom als Sozialtherapeutin am Fritz Perls Institut in Nordrhein-Westfalen und entwickelte das Modell der "Fototherapeutischen Intervention". Als die Kinder kamen, arbeitete Wächter noch einige Jahre lang, bis sie ihren Beruf niederlegte. Seitdem ist sie als freischaffende Künstlerin tätig.
Ihre Kunst sei ihr heute eine reine Herzensangelegenheit, ohne kommerzielle Erwägungen.
"Ich musste gerade in jungen Jahren auf so vieles verzichten und mich anpassen", bekennt Gerhild Wächter. "Jetzt fühle ich mich frei."
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