Lange Zeit stand er im Schatten der Alphatiere John Lennon und Paul McCartney: George Harrison (1943-2001) galt als der grüblerische und stille Gitarrist der Beatles. Nach dem Ende der Band 1970 veröffentlichte Harrison das viel beachtete Dreifach-Album "All Things Must Pass", organisierte mit dem "Konzert für Bangladesch" das erste große Benefiz-Rockkonzert und spielte mit Größen der Rockgeschichte zusammen. Zentrales Thema des Musikers blieb die spirituelle Suche. Vor 80 Jahren, am 25. Februar 1943, wurde er geboren.

In der Doku "The Beatles: Get Back" (2021) ist der Leadgitarrist Harrison zu sehen, wie er die gefilmten Aufnahmesessions zum Album "Let It Be" nach einem Streit wütend und frustriert verlässt. Das tatsächliche Ende der legendären Band wenig später war für ihn wie eine Neugeburt.

Es hätten sich bei Harrison eine Menge Ideen und viele Lieder aufgestaut, weil John Lennon und Paul McCartney über Jahre hinweg nur ganz wenig Material von Harrison auf den Beatles-Alben akzeptiert hätten, schreibt der Beatles-Experte Nicola Bardola in seiner Biografie über Lennons Frau Yoko Ono. Seit seiner ersten Eigenkomposition für die Beatles "Don't Bother Me" (1963) habe sich Harrison stetig gesteigert. Noch bei den Beatles steuerte er Hits wie "Here Comes the Sun" oder "While My Guitar Gently Weeps" bei.

George Harrison sei musikalisch ein Wegbereiter gewesen, würdigt ihn sein Freund und Kollege Eric Clapton in der Film-Dokumentation "Living in the Material World". Aus den Elementen des Rhythm'n'Blues, Rock und Rockabilly habe er etwas Einzigartiges geschaffen. Auf der Liste der "100 besten Gitarristen aller Zeiten" des Musikmagazins "Rolling Stone" kam Harrison auf Platz 11. Im Jahr 2004, drei Jahre nach seinem Tod, wurde er in die "Rock'n'Roll Hall of Fame" aufgenommen.

Der Kurator des Gronauer "Rock'n'Popmuseums", Thomas Mania, sieht Harrisons Verdienst vor allem "in der Verbindung ritueller indischer Musik mit weltlicher westlicher Popmusik im Sinne einer globalen Musik ohne ethnische oder religiöse Grenzen". So habe Harrison im Stück "Norwegian Wood" das indische Saiteninstrument Sitar eingeführt und damit eine Lawine losgetreten. Eine Gitarre Harrisons gehört auch zum Fundus des "Rock'n'Popmuseums".

George Harrison wurde in Liverpool als Sohn eines Busfahrers geboren und besuchte die gleiche Schule wie Paul McCartney. Mit seinem späteren Bandkollegen verband ihn eine Liebe zum Rock'n'Roll von Elvis und Buddy Holly.

Sie hätten für die Beatles noch einen Gitarristen gebraucht, weil John Lennon und er für Soli nicht gut genug auf der Gitarre gewesen seien, erzählte Paul McCartney einmal. Da habe er zu Lennon gesagt: "Ich kenne da einen Kerl - der ist zwar jung, aber recht gut." Anfang der 60er Jahre stand Harrison mit 17 Jahren als jüngstes Bandmitglied der Beatles in Hamburg auf der Bühne.

Trotz des riesigen Erfolges habe ihm etwas gefehlt, erklärt Harrison in der Film-Dokumentation - "etwas, was Religion den Menschen geben möchte". Seine spirituelle Suche führte ihn zum Hinduismus. Auf seine Initiative hin ließen sich die Beatles bei dem indischen Guru Maharishi in Meditation unterweisen. Harrison meditierte in indischen Tempeln und lernte das Sitar-Spiel.

Nach dem Ende der Beatles organisierte Harrison 1971 auf Anregung seines Freundes und indischen Sitar-Virtuosen Ravi Shankar das "Konzert für Bangladesch". Das Benefiz-Event im Madison Square Garden in New York mit Stars wie Eric Clapton, Ringo Starr und Bob Dylan wurde Wegbereiter für spätere Wohltätigkeitskonzerte wie "Live Aid".

In seinen späteren Jahren gelang Harrison, der mit seiner zweiten Frau Olivia und seinem Sohn Dhani auf dem Anwesen "Friar Park" in Oxfordshire lebte, noch einmal ein viel beachtetes Comeback. Nicht nur das Album "Cloud Nine" (1987) mit dem Stück "Got My Mind Set on You" wurde ein Hit. Erfolge feierte der Musiker auch mit der von ihm gegründeten Supergroup "Traveling Wilburys" an der Seite von Bob Dylan, Tom Petty, Jeff Lynne und Roy Orbison.

Im Jahr 1997 wurde bei ihm Krebs diagnostiziert: "Ich habe alles losgelassen - es interessiert mich nicht mehr: Platten, Filme, Fernsehauftritte und das ganze Zeug", sagte Harrison. Der Musiker starb am 29. November 2001 nach einer Behandlung in New York im Alter von 58 Jahren. Er habe die Welt verlassen, wie er in ihr gelebt habe, hieß es in dem von seiner Familie veröffentlichten Statement: "mit Vertrauen in Gott, keiner Angst vor dem Tod, mit sich selbst im Frieden und umgeben von seiner Familie und seinen Freunden". Er habe oft gesagt:

"Alles kann warten, nur eines nicht: die Suche nach Gott - und sich gegenseitig zu lieben."

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