Die Zahl angezeigter "Hate-Speech"-Fälle ist im Jahr 2021 in Bayern stark gestiegen. Wie der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) bekannt gab, ist ein Anstieg der Ermittlungsverfahren um 41 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu beobachten.

Justizminister Eisenreich warnt vor Hass und Hetze im Internet

Eisenreich betonte bei der Vorstellung der bayerischen Hate-Speech-Bilanz, dass der Freistaat auch weiterhin entschlossen den Kampf gegen Hasskriminalität führen werde. Hass und Hetze im Netz hätten sich inzwischen zu einer echten Gefahr für die Demokratie entwickelt und gefährdeten die Meinungsfreiheit.

Laut Angaben des Justizministeriums sind im vergangenen Jahr 2.317 Ermittlungsverfahren wegen "Hate-Speech" an bayerischen Gerichten eingeleitet worden. Im Jahr 2020 waren es noch 1.648 gewesen.

Wiederholungstätern kann eine Haftstrafe drohen

450 der Ermittlungsverfahren führten 2021 zu einer öffentlichen Klage, in 332 Verfahren erging ein Urteil oder Strafbefehl, 269 davon sind bereits rechtskräftig. Tätern drohen bei Hate-Speech Geldstrafen und ein Eintrag im Führungszeugnis, bei Wiederholungstätern ist auch eine Freiheitsstrafe möglich.

Die Großzahl der Täter sei männlich, sagte Eisenreich. Er beklagte, dass es immer noch zu Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Täter komme, weil große soziale Netzwerke nicht mit der Staatsanwaltschaft kooperierten. Er wünsche sich, dass die Bundesregierung die Betreiber von sozialen Netzwerken stärker in die Pflicht nimmt.

Corona als "Brandbeschleuniger"

Der bayerische Hate-Speech-Beauftrage, Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Hartleb, sieht als einen der Gründe für das rasante Wachstum von Hasskriminalität im Netz die Corona-Pandemie. Diese habe "wie ein Brandbeschleuniger" die Zahlen vervielfacht.

Angegangen würden vor allem Politiker, Virologen und Ärzte wegen ihrer Haltung zu Corona-Maßnahmen. Weitere Tatmotive für Hasskriminalität im Netz sind unter anderem Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Homophobie, Behindertenfeindlichkeit oder Frauenfeindlichkeit.

Stark betroffen von "Hate-Speech" bleiben weiterhin Kommunalpolitiker und andere Mandatsträger. Für diese wurde deshalb im September 2020 in Online-Meldeverfahren eingerichtet, damit sie Hassverbrechen unkompliziert anzeigen können. Ein ähnliches Verfahren existiert schon für Journalisten und judenfeindliche Straftaten. Aktuell arbeite das Justizministerium daran, ein solches Online-Meldeverfahren für alle bayerischen Bürgerinnen und Bürger einzurichten.

Kampagne: "Mach dein Handy nicht zur Waffe"

Große Sorge bereitet Eisenreich und Hartleb die zu beobachtende steigende Hasskriminalität von Jugendlichen im Netz. In Chatgruppen würden vermehrt antisemitische und pornografische Inhalte geteilt. Viele der Jugendlichen wüssten dabei nicht, dass sie sich potenziell strafbar machten. Deshalb habe das Justizministerium im Herbst 2021 die Kampagne "Mach dein Handy nicht zur Waffe" ins Leben gerufen. Das Projekt richtet sich an Jugendliche und will über Hasskriminalität im Netz aufklären.